Stress gemeinsam reduzieren
Experten für den eigenen Arbeitsplatz

Bei Bosch Thermotechnik in Wernau erarbeiten die Beschäftigten selbstständig Lösungen, um Stress zu reduzieren. Möglich macht es eine Betriebsvereinbarung – die Beschäftigte, Betriebsrat und IG Metall hart erkämpfen mussten.

11. April 201711. 4. 2017


Es war ein langer Gang, eine 13 Jahre dauernde Odyssee, bei der es immer wieder zu Verzögerungen kam und der Weg durch juristische Instanzen führte. Aber am Ende, sagt Karl-Heinz Greth, Betriebsrat bei Bosch Thermotechnik in Wernau, am Ende haben sich alle Mühen ausgezahlt: „Wir haben eine Betriebsvereinbarung zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen. Die Beschäftigten analysieren ihre Arbeitsplätze selbst. Auf diese Weise können wir die Belastungen der Kolleginnen und Kollegen deutlich senken.“

Das ist dringend nötig. In Wernau arbeiten derzeit rund 1 200 Menschen, 300 von ihnen in der Produktion. Sie fertigen hier Gasheizgeräte, die Taktzeiten haben sich über die Jahre immer weiter verkürzt, die Belastungen haben zugenommen. Die Mehrzahl der Beschäftigten in Wernau aber ist im indirekten Bereich eingesetzt: in der Entwicklung, im Einkauf, im Vertrieb. „Hier ist der Stress in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen“, sagt Karl-Heinz Greth, „die Kolleginnen und Kollegen klagen über Termindruck und Arbeitsverdichtung.“


Beschäftigte stehen als Experten im Mittelpunkt

Mit der Betriebsvereinbarung, die an allen 15 Standorten der Bosch Thermotechnik gilt, erkennt das Unternehmen an, dass psychische Belastungen und Erkrankungen häufig etwas mit den Arbeitsplätzen zu tun haben. „Jahrelang hatte der Arbeitgeber das bestritten.“ Im Mittelpunkt der Vereinbarung, die der Betriebsrat mit Unterstützung der IG Metall verhandelt hat, steht der einzelne Beschäftigte als Experte bei der Bewertung seines Arbeitsplatzes und als von Stress Betroffener: Seine Belastungen und sein Erfahrungswissen sind Ausgangspunkt der Gefährdungsbeurteilung, auf diese bauen sich alle weiteren Schritte auf. Im Zentrum stehen je dreistündige Workshops, in denen fünf bis 15 Kolleginnen und Kollegen, die auf vergleichbaren Stellen arbeiten, Belastungs-, aber auch Kraftquellen finden und gewichten – und auch überlegen, wie Stress reduziert werden kann.

Anschließend werden die Vorschläge mit der eigenen Führungskraft diskutiert. Kommt es zu keiner einvernehmlichen Lösung, wird das dokumentiert und zur weiteren Klärung an ein eingesetztes Analyseteam weitergeleitet. Das ist zwar nicht paritätisch besetzt, jedoch ist es Greth und seinem Team gelungen, ein verbindliches Problemlösungsverfahren festzuschreiben, bei dem am Ende notfalls die Einigungsstelle steht. „Die Vereinbarung gibt uns viele Instrumente für eine gute Gesundheitspolitik in die Hand“, sagt Karl-Heinz Greth. „Jetzt kommt es darauf an, diese Instrumente engagiert einzusetzen.“ 

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