Arbeits- und Gesundheitsschutz
Wie lange Arbeitszeiten der Gesundheit schaden

Überlange Arbeitszeiten sind mit einer Vielzahl von gesundheitlichen Beeinträchtigungen verbunden. Erschöpfung, Müdigkeit und Schlafstörungen treten ebenso vermehrt auf wie stressbedingte Erkrankungen. Der Acht-Stunden-Tag ist keine beliebige Größe. Er ist ein Fixpunkt zum Schutz der Gesundheit.

4. Juli 20254. 7. 2025


Es ist eine schräge Diskussion: Obwohl sich das Arbeitszeitvolumen auf einem Allzeithoch befindet, obwohl noch nie so viele Arbeitsstunden pro Jahr geleistet wurden, gibt es derzeit die Forderung nach längeren Arbeitszeiten: Bundeskanzler Friedrich Merz hat eine Debatte über die Arbeitszeit in Deutschland angestoßen. Die Menschen müssten „wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten".

Im Koalitionsvertrag kündigt die neue Bundesregierung an, die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit zu schaffen. Das Vorhaben der Bundesregierung würde tägliche Höchstarbeitszeiten von über 12 Stunden erlauben, zeigt eine aktuelle Kurzstudie des Hugo Sinzheimer Instituts für Arbeitsrecht (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Für die Beschäftigten ist das in mehrfacher Hinsicht problematisch.
 

Lange Arbeitszeiten können krank machen

Arbeitsmedizinisch ist längst erwiesen, dass lange und zu lange Arbeitszeiten die Gesundheit gefährden. Überlange Arbeitszeiten sind mit einer Vielzahl von gesundheitlichen Beeinträchtigungen verbunden. Erschöpfung und Schlafstörungen treten ebenso vermehrt auf wie stressbedingte Erkrankungen, Herz-Kreislauf- und Stoffwechselkrankheiten.

Überlangen Arbeitszeiten gibt es in Deutschland schon jetzt zuhauf: Eine Studie des DGB-Index Gute Arbeit, die Ausmaß und Anzahl geleisteter Überstunden in den Blick nahm, kam erst im Frühjahr zu dem Ergebnis, dass bereits heute rund 10 Prozent der Vollzeitbeschäftigten mehr als 48 Stunden pro Woche arbeitet. Dies bedeutet nicht weniger, als dass etwa jeder beziehungsweise jede zehnte Vollzeitbeschäftigte aufgrund von Überstunden massiv gesundheitsgefährdende Arbeitszeiten aufweist.

Mehr zum Thema Arbeitszeit

Auch der aktuelle Arbeitszeitreport, den die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) im Jahr 2023 veröffentlichte, zeigt eindeutige Befunde: Lange Arbeitszeiten, Überstunden und verkürzte Ruhezeiten gehen häufig mit Termin- oder Leistungsdruck einher und mit einer Überforderung durch die Arbeitsmenge. Solcherart Belastungen wiederum, wie sie durch Termin- und Leistungsdruck, durch zu viel oder zu lange Arbeit entstehen, führen zu konkreten, messbaren gesundheitlichen Risiken: Sie können krank machen – und zwar Körper und Seele.
 

Das Unfallrisiko steigt an

Langfristig kommt es häufiger zu stressbedingten Erkrankungen, sowohl zu psychischen Leiden wie vermehrtes Auftreten von Burnout-Symptomatik, physischen und psychischen Erschöpfungszuständen, als auch zu körperlichen Erkrankungen, etwa Schlaganfälle, Diabetes und erhöhtes Krebsrisiko. Und: Psychische Erkrankungen sind immer häufiger der Grund für Fehlzeiten und vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsleben. Die Krankheitsdauer bei psychischen Erkrankungen lag nach Daten der DAK 2023 bei durchschnittlich 33 Tagen.

Zusätzlich zu den höheren Krankheitsrisiken zeigen arbeitsmedizinische Erkenntnisse auch negative Zusammenhänge zwischen langen werktäglichen Arbeitszeiten und dem Unfallgeschehen am Arbeitsplatz. Das Unfallrisiko steigt ab der 8. Arbeitsstunde exponentiell an. Nach einer Arbeitszeit von 12 Stunden ist die Unfallrate bei der Arbeit oder bei der anschließenden Fahrt nach Hause im Vergleich zu 8 Stunden um das Zweifache erhöht. 

„Der Acht-Stunden-Tag ist keine beliebige Größe, sondern ein Fixpunkt zum Schutz der Gesundheit“, betont deshalb Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Werden Arbeitstage zu lang, steige Unfallrisiko und Burn-out-Gefahr. Die tägliche Höchstarbeitszeit markiere folglich eine Belastungsgrenze – auf Basis arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse. „Dennoch kann schon heute von der täglichen Höchstarbeitszeit abgewichen werden, sofern die zur Erholung nötigen Ausgleichszeiten gewährt werden“, so Urban. „Eine lediglich wöchentliche Höchstarbeitszeit ist unnötig und für die Gesundheit der Beschäftigten riskant.“

Neu auf igmetall.de

Newsletter bestellen