DGB-Index Gute Arbeit 2025
Arbeitszeitwünsche in Deutschland: Was wollen die Beschäftigten?

Eine aktuelle Umfrage des DGB zeigt: Mehr als die Hälfte der Befragten würde die eigene Arbeitszeit gerne verkürzen. Gleichzeitig scheitern Wünsche nach längeren Arbeitszeiten häufig an betrieblichen Strukturen und der Ablehnung durch Arbeitgeber.

10. September 202510. 9. 2025


Beschäftigte in Deutschland arbeiten unterschiedlich lange: Es gibt eine ausgeprägte Vielfalt von Arbeitszeitmodellen, eine große Spannbreite von Wochenarbeitszeiten. Vollzeitbeschäftigte arbeiten im Durchschnitt 41,4 Stunden in der Woche, Teilzeitbeschäftigte 25,2 Stunden. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit beträgt 36,3 Stunden.

Eine neue, repräsentative Umfrage des DGB-Index Gute Arbeit 2025 macht nun eine deutliche Diskrepanz zwischen Arbeitszeitwünschen und Wirklichkeit sichtbar: Die Mehrheit der Befragten (60 Prozent) würde ihre Arbeitszeiten verändern, wenn sie diese selbst bestimmen könnten. 53 Prozent der Befragten würde gerne kürzer arbeiten. Sieben Prozent würden längere Arbeitszeiten wählen.
 

Grafik: Diskrepanz zwischen tatsächlicher und gewünschter Arbeitszeit (DGB-Index Gute Arbeit)


Mehr als die Hälfte der Beschäftigten will weniger arbeiten

„Die meisten Beschäftigten wünschen sich wöchentliche Arbeitszeiten, die zu ihrer aktuellen Lebenssituation passen“, sagt Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. „Dass es ihnen häufig nicht gelingt, die individuell angestrebte Arbeitszeit zu erreichen, führt zu Frust und Belastungen. Starre betriebliche Strukturen etwa bei Arbeitsabläufen oder die Ablehnung durch Vorgesetzte, aber auch finanzielle Gründe stehen zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Hier sind besonders die Arbeitgeber gefordert, durch bessere Rahmenbedingungen mehr Arbeitszeitsouveränität für die Beschäftigten zu ermöglichen. So würde die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert – und nicht durch Debatten um die Abschaffung des 8-Stunden-Tags auf Kosten der Gesundheit.“

Die Umfrage unter mehr als 4.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zeigt dabei: Je länger die tatsächliche Arbeitszeit, desto ausgeprägter der Wunsch nach Verkürzung. Besonders deutlich wird dies bei Beschäftigten mit überlangen Arbeitszeiten: 80 Prozent derjenigen, die mehr als 40 Wochenstunden arbeiten, wollen ihre Arbeitszeit reduzieren – im Durchschnitt um 7,2 Stunden. Bei Arbeitszeiten von mehr als 48 Stunden wünschen sich die Beschäftigten sogar eine Verkürzung um durchschnittlich 14,8 Stunden pro Woche.


Deutliche Diskrepanz zwischen Männern und Frauen

Zwischen Männern und Frauen, darauf weisen die Daten der Studie hin, zeigt sich ein deutlicher Unterschied – und zwar sowohl, was die tatsächlich geleistete Wochenarbeitszeit betrifft als auch die gewünschte. Während Männer durchschnittlich 39,9 Stunden pro Woche arbeiten, sind es bei Frauen 32,3 Stunden. Ein wichtiger Grund für diese Kluft: Erwerbstätige Frauen tragen signifikant häufiger die Hauptverantwortung für Sorgearbeiten wie Kinderbetreuung, die Pflege von Angehörigen oder Hausarbeit.

Eine deutliche Diskrepanz zwischen den Geschlechtern zeigt sich auch bei den gewünschten Arbeitszeiten: Männer würden gerne durchschnittlich 35 Stunden pro Woche arbeiten, Frauen präferieren eine Wochenarbeitszeit von durchschnittlich 28,7 Stunden.
 

Arbeitgeber sind Hindernis für flexible Arbeit

Das größte Hindernis bei der Umsetzung flexibler Arbeitszeiten, das zeigt die DGB-Studie klar, ist nicht das Arbeitszeitgesetz. Der Wunsch nach anderen Arbeitszeiten der Beschäftigten scheitert meist an starren betrieblichen Strukturen, an der hohen Arbeitsbelastung oder der fehlenden Kinderbetreuung.

Bei den Beschäftigten, die gerne kürzer arbeiten würden, sind die häufigsten Gründe die konkrete betriebliche Arbeitsgestaltung, die große Arbeitsmenge sowie die mit einer Verkürzung verbundenen finanziellen Einbußen. Jeweils rund 60 Prozent der Befragten geben an, dass die Arbeitsabläufe bzw. die zu bewältigende Arbeitsmenge einer Reduzierung im Wege stehen. Ähnlich hoch (nämlich 59 Prozent) ist der Anteil derjenigen, die sich aufgrund des geringeren Einkommens eine Verkürzung nicht leisten können.

Das am häufigsten genannte Hindernis für eine Verlängerung der Arbeitszeit hingegen besteht in den Arbeitsabläufen. Die Hälfte der Befragte (51 Prozent) führt solche betrieblichen Strukturen als Grund für den nicht realisierten Wunsch nach längeren Arbeitszeiten an.
 

Tarifverträge ermöglichen flexible Arbeitszeiten für Beschäftigte

Arbeitszeiten nicht nur immer so, wie die Firma will – sondern auch mal nach den Bedürfnissen der Beschäftigten? Doch das, geht: In den letzten Jahren hat die IG Metall in immer mehr Branchen und Betrieben Tarifverträge durchgesetzt, die Beschäftigten mehr Mitbestimmung bei ihren Arbeitszeiten ermöglichen.

In der Metall- und Elektroindustrie etwa haben Beschäftigte seit 2019 den Anspruch, ihre individuelle Arbeitszeit befristet auf „kurze Vollzeit“ auf bis zu 28 Stunden in der Woche reduzieren. Beschäftigte mit Kindern, zu pflegenden Angehörigen und in Schichtarbeit können zudem bei der sogenannten T-ZUG-Wahloption bis zu 8 zusätzliche freie Tage im Jahr beantragen. 

Tarifliche Wahlmöglichkeiten zwischen Geld und Zeit gibt es mittlerweile auch in der Stahlindustrie und in immer mehr Handwerksbranchen. Eine Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, das sich rund 59 Prozent der Beschäftigten mit tariflichen Wahlmöglichkeiten für mehr Zeit entscheiden.
 

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