Industriestandort Deutschland
Wir kämpfen um unsere Industrie

VW, Ford, ThyssenKrupp, ZF – und jetzt auch noch Bosch: Unsere Industrie baut Arbeitsplätze ab, verlagert, schließt – oft nur für ein, zwei Prozent mehr Gewinn, ohne Plan für die Zukunft. Beschäftigte wehren sich gemeinsam mit der IG Metall. Wir kämpfen um unsere Industrie.

26. September 202526. 9. 2025


Unsere Werkshallen und Hütten brennen. Überall bauen Industriebetriebe Arbeitsplätze ab, verlagern, schließen. Besonders betroffen: Die Auto- und Zuliefererindustrie. Über 50 000 Arbeitsplätze gingen hier allein in den letzten 12 Monaten verloren.

Beschäftigte und IG Metall halten dagegen und kämpfen gegen den Kahlschlag, für die Zukunft von Standorten und Arbeitsplätzen.
 

Bosch: Abbau von 13 000 Stellen angekündigt

Aktuellstes Beispiel: Bosch. 13 000 Stellen will die Geschäftsleitung bis 2030 an den seinen deutschen Mobility-Standorten erneut abbauen, obwohl in den letzten Jahren bereits 7500 Arbeitsplätze gestrichen worden waren. Damit will die Geschäftsführung eine drohende jährliche Kostenlücke von 2,5 Milliarden Euro schließen. Konzepte für die Zukunft? Fehlanzeige. Dabei hatte die Bosch mit Betriebsrat und IG Metall Regelungen zur gemeinsamen Gestaltung der Transformation abgeschlossen, unter Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 2027 – gegen Zugeständnisse der Beschäftigten.

„Statt wie vereinbart an den Standorten über Zukunftsbilder zu verhandeln, sollen nun erneut Tausende Menschen das Unternehmen verlassen“, kritisiert der Gesamtbetriebsratsvorsitzende des Bosch-Geschäftssektors Mobility, Frank Sell. „Es steht außer Frage, dass die Situation in der deutschen und europäischen Automobil- und Zulieferindustrie sehr angespannt ist. Einen Personalabbau dieser historischen Größenordnung - ohne gleichzeitige Zusagen zur Sicherung unserer Standorte in Deutschland - lehnen wir jedoch entschieden ab!“
 

Knallharte Verlagerungen in „Best Cost Countries“

Als Robert Bosch vor über hundert Jahren sein Unternehmen gegründet hat, sollte es nicht nur wirtschaftlich erfolgreich sein, sondern auch soziale Verantwortung übernehmen und dem Gemeinwohl dienen. „Ich zahle lieber mehr Lohn als mehr Dividende“, sagte Bosch damals. Doch heute scheinen dem Bosch-Management 3,17 Milliarden Euro Ebit-Rendite im abgelaufenen Geschäftsjahr 2024 nicht mehr zu genügen.

„Hinter den ‚Transformationsplänen‘ des Unternehmens verstecken sich oftmals auch knallharte Verlagerungspläne, um in „Best Cost Countries“ kostengünstiger zu entwickeln und zu produzieren“, kritisiert Adrian Hermes, Konzernbeauftragter der IG Metall und Aufsichtsratsmitglied bei Bosch. Mit der neuen Ankündigung werden über 20 000 Arbeitsplätze abgebaut sein – über ein Viertel der Arbeitsplätze von Bosch Mobility in Deutschland.

Beschäftigte von Bosch demonstrieren auf der Schillerhöhe

Bosch-Aktionstag gegen Stellenabbau vor der Konzernzentrale in Gerlingen bei Stuttgart 2024

„Robert Bosch würde im Grabe rotieren. Wir werden uns als IG Metall wehren“, macht die Erste Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner klar. „Es geht um viele tausend Beschäftigte von Bosch, die ihren Arbeitsplatz verlieren, es geht um deren Familien und es geht um Regionen, die Perspektive, Kaufkraft und Steuereinnahmen verlieren. Aber es geht auch um den Industriestandort als Ganzes, um Zuliefernetzwerke, die reißen. Um industrielle Strukturen, die brechen."

Die IG Metall fordert nun Verhandlungen, bei denen alle Kostenpositionen und Optionen auf den Tisch kommen – und Zusagen für deutsche Standorte insbesondere bei Zukunftstechnologien unter Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen.

„Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie Bosch sich aus der Verantwortung stiehlt und den Standort im Stich lässt“, betont Barbara Resch, Bezirksleiterin der IG Metall Baden-Württemberg. „Jetzt heißt es zusammenstehen – wir werden gemeinsam mit den Beschäftigten den Widerstand organisieren und für den Erhalt der Arbeitsplätze und eine starke Zukunft in der Region kämpfen.“

 

Beschäftigte wehren sich gemeinsam mit der IG Metall

So wie bei Bosch wollen gerade viele Industrieunternehmen die Beschäftigten allein für die aktuelle Krise bezahlen lassen – obwohl es die Manager waren, die jahrelang verpennt haben in die Zukunft zu investieren. Jetzt fällt ihnen nichts Besseres ein als Personalabbau, Verlagerungen und Schließungen.

Schuld sei die Politik – und der teure Standort Deutschland, heißt es. Dabei liegt der Anteil der Lohnkosten in der Metall- und Elektroindustrie bei gerade mal 16,5 Prozent vom Umsatz. Und die Dividenden steigen und steigen: Für das Geschäftsjahr 2024 schütteten die 160 Unternehmen aus DAX, MDAX und SDAX die Rekordsumme von 62,5 Milliarden Euro an ihre Aktionäre aus – der dritte Rekord in Folge.

So nicht! Beschäftigte wehren sich gemeinsam mit der IG Metall.
 

Jungheinrich: Rekordgewinne – aber Rekordabbau

Wir leisten Widerstand. Etwa beim Gabelstapler- und Logistiktechnikhersteller Jungheinrich. 400 Beschäftigte haben am Donnerstag vor der Firmenzentrale in Hamburg demonstriert (großes Foto oben). 1000 Stellen will Jungheinrich abbauen, dabei hat das Unternehmen 2024 ein Rekordergebnis eingefahren, bei einer Ebit-Rendite von 8,1 Prozent. 

Doch das Management will mehr: Sie wollen den operativen Gewinn bis 2030 verdoppeln – auf dem Rücken der Beschäftigten. Die Werte des Firmengründers Friedrich Jungheinrich (Vertrauen, Respekt, Beschäftigte sollen ihre Ideen einbringen) scheinen nicht mehr zu zählen.

„Der Vorstand spricht von respektvollem Umgang. Aber wo bleibt der Respekt vor der Lebensleistung der Beschäftigten?“, fragt Yusuf Cengiz (Foto oben, im Vordergrund), Leiter der IG Metall-Vertrauensleute am Standort Lüneburg, der besonders von den Abbauplänen betroffen ist.

„Jungheinrich hat jetzt Manager, die gierig sind nach immer mehr Rendite“, kritisiert Thomas Burow, Betriebsratsvorsitzender aus Norderstedt. „Aber wir stehen für die Werte, die das Unternehmen groß gemacht haben.“

Sie fordern einen langfristigen Entwicklungsplan um alle Standorte, die Arbeitsplätze und das gemeinsame Lebenswerk zu sichern – und fordern das Management zu Verhandlungen auf. Ihre Ansage: „Wer uns keine Zukunft bietet, wird unseren Widerstand ernten.“

„Die Beschäftigten sind bereit für ergebnisoffene Verhandlungen ohne Denkblockaden“, erklärt Lennard Alldag, Geschäftsführer der IG Metall Celle-Lüneburg. „Doch bislang hat sich niemand von Arbeitgeberseite gemeldet. Stattdessen fordert der Vorstand Beiträge – lehnt aber jede echte Zukunftsdiskussion ab.“
 

Musashi: Kampf gegen Werksschließungen

„Zukunft oder Widerstand“- das war bereits vor drei Jahren das Motto der Beschäftigten beim Autozulieferer Musashi, wo Lennard Alldag nun einen weiteren Kampf zu führen hat. Damals, 2022, kämpften sie mit Warnstreiks gegen das Sparprogramm des Managements, das sich nicht um die Elektromobilität gekümmert hatte. Doch ihren damals erkämpften Zukunfts- und Sozialtarifvertrag, der die Beteiligung der Beschäftigten bei der Gestaltung neuer Produkte und Geschäftsprozesse beinhaltet, will das Management nun brechen: Zwei der fünf Standorte sollen ganz plattgemacht – und der Standort Lüchow, den Alldag betreut, zur Hälfte abgebaut werden.

 

Die Warnstreik-Mitgliederversammlung bei Musashi im Video

Das lassen sich die kampferfahrenen Metallerinnen und Metaller bei Musashi nicht bieten. Aus allen Standorten kamen die Beschäftigten Mitte September zur Deutschlandzentrale im rheinland-pfälzischen Bad Sobernheim. Versuche des Arbeitgeberanwalts, den Warnstreik zu verhindern, liefen ins Leere: Die IG Metall holte die Polizei, um sich den zuvor verwehrten Zutritt in den Betrieb zu verschaffen. Und auch der Versuch, die Aktion verbieten zu lassen, scheiterte vor dem Arbeitsgericht.

Stattdessen muss Musashi nun mit der IG Metall über eine tarifliche Absicherung verhandeln. „Wir erwarten vom Arbeitgeber eine verbindliche Zusage zur finanziellen und sozialen Absicherung“, erklärt Ingo Petzold, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Bad Kreuznach und Unternehmensbeauftragter für Musashi.

Für den Fall dass bis Ende November keine Lösung gefunden wird, bereitet die IG Metall eine Urabstimmung für einen Streik vor.
 

IG Metall fordert bessere Bedingungen von der Politik

Überall in Deutschland kämpfen Beschäftigte gemeinsam mit der IG Metall für ihre Arbeitsplätze – und für die Zukunft unserer Industrie. Und es gelingt uns auch immer wieder, Abbau und Schließungen zu verhindern – etwa bei beim Autozulieferer Boge im rheinland-pfälzischen Simmern: Dort erkämpften Beschäftigte und IG Metall, dass die chinesische Konzernleitung die Fertigung von Eisenbahnteilen aus China nach Deutschland verlagert – und das Werk damit gesichert ist.

Doch die IG Metall sieht auch die Politik gefordert, endlich bessere Bedingungen für die Industrie zu schaffen – und so die Deindustrialisierung zu stoppen. Dazu gehören etwa günstigere Energiepreise, unter anderem die Einführung eines Industriestrompreises von 5 Cent pro Kilowattstunde (aktuell im Schnitt 18 ct/KWh), der schnellere Ausbau günstiger erneuerbarer Energien, von Stromnetzen, Speichern und Wasserstoff-Elektrolyse.

Zudem muss die Politik auf die veränderten Realitäten im Welthandel reagieren. Die IG Metall fordert daher Local-Content-Regelungen mit verbindlichen Quoten, um wieder mehr Wertschöpfung in Deutschland und Europa zu verwirklichen.

„Die USA und China haben sich vom fairen Wettbewerb verabschiedet“, erklärt die Erste Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, auf einer Industriekonferenz der IG Metall Ende September in Berlin. „Wir müssen dieser neuen Realität etwas entgegensetzen. Wir brauchen eine aktive Industriepolitik mit Gestaltungsanspruch. Der Markt allein wird es nicht richten.“
 

Arbeitgeber müssen Verantwortung übernehmen

Dabei setzt sich die IG Metall auch Seite an Seite mit den Arbeitgebern in Berlin und Brüssel ein. Mit dem Verband der Automobilindustrie (VDA) etwa hat die IG Metall gerade eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht: „Jetzt Arbeitsplätze in der Automobilindustrie sichern“. Dort fordern sie bessere Rahmenbedingungen für die Elektromobilität und eine Flexibilisierung der CO2-Regulierungen. Das Ziel ist, dass „Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie und die gute Beschäftigung am Standort Deutschland dabei gewahrt bleiben.“

In der Stahlindustrie etwa demonstrierten Metallerinnen und Metaller bei mehreren Stahlaktionstagen für bessere Rahmenbedingungen und staatliche Förderung zum Umstieg auf klimaneutrale Technologien wie grünen Wasserstoff.

Umso enttäuschender ist es, dass die Arbeitgeber dann dieses Bündnis für unsere deutsche Industrie aufkündigen – und auf Abbau und Verlagerung setzten.

„Viele Arbeitgeber haben die gemeinsame Gestaltung des Wandels hin zu klimaneutralen Industrien aufgekündigt. Immer mehr stellen sich nicht mehr den gestalterischen Herausforderungen“, kritisiert Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall. „Statt auf Innovation und damit auf Wachstum zu setzen, versuchen sie Gewinne zu optimieren – das heißt: Arbeitsplätze abbauen und verlagern.“

So nicht! Die Arbeitgeber müssen Verantwortung übernehmen und sich zum Standort Deutschland bekennen – ansonsten müssen sie mit kampfbereiten Metallerinnen und Metallern rechnen. Zukunft oder Widerstand.

Beschäftigte stehen zu einem großen Herz zusammen
Mitglied werden
Werde Teil einer starken Gemeinschaft

Von Rechtsschutz in arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten bis zu gerechten Löhnen und Gehältern – wir kümmern uns persönlich und zuverlässig um unsere Mitglieder.

Online beitreten
Neu auf igmetall.de

Newsletter bestellen