IT-Dienstleister: Mit Tarifvertrag läuft es erst richtig rund
Tarif wirkt: IT-ler bekommen erstmals einheitlich mehr Geld

Beim dem IT-Dienstleister Atos gilt seit 1. Juli ein Tarifvertrag. Zum ersten Mal hat die IG Metall für diese Branche einen Flächentarifvertrag abgeschlossen. Wie gut die Beschäftigten die Arbeit der IG Metall fanden, zeigten sie durch Hunderte Beitritte.

27. November 201327. 11. 2013


Über 1 500 neue Mitglieder in einem Jahr – und das bei einem IT-Dienstleister. Dieter Domabil glaubt nicht, dass es so etwas in dieser Branche schon einmal gab. Domabil ist Leiter der Vertrauensleute bei Atos AIS in Fürth. Ein Jahr lang verhandelten IG Metall und Atos-Beschäftigte über einen Tarifvertrag. Dabei konnten sie den Mitgliederzahlen beim Wachsen zuschauen.

2011 kaufte Atos die Siemens IT Solutions und Services (SIS). Es entstand der drittgrößte IT-Dienstleister Deutschlands, der viertgrößte Europas und ein Wirrwarr aus nachwirkenden Tarif- und Einzelverträgen. Die Siemensianer brachten einen Tarifvertrag der IG Metall in die neue Partnerschaft ein, die Beschäftigten von Atos AIT hatten keinen. Wilfried Hardt, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender bei Atos AIT in Hamburg, sah das als Chance. „Wir wollten schon lange davon weg, dass der Arbeitgeber allein über Entgelterhöhungen entscheidet. Aber die Firma war nicht bereit, über einen Tarifvertrag zu verhandeln.“ Nach einigen Verhandlungen gab der Arbeitgeber nach und trat in den Arbeitgeberverband ein. Seit 1. Juli gilt nun bei Atos ein Tarifvertrag.


Flächentarifvertrag

Die IG Metall schloss in Nordrhein-Westfalen mit dem Arbeitgeberverband Metall NRW einen Flächentarifvertrag IT-Dienstleistungen ab. Dieser ist angelehnt an den Flächentarifvertrag der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie. Der Vorteil gegenüber einem Haustarifvertrag: Die Beschäftigten bei Atos nehmen automatisch an den Tariferhöhungen teil. Die Einkommen der Atos-Beschäftigten stiegen zum 1. September um 3,4 Prozent. Im Juni 2014 bekommen sie 2,2 Prozent mehr. Ein weiterer Vorteil: Andere IT-Unternehmen können dem Tarifvertrag beitreten.


Einkommen

Bei Atos gibt es für jede Gehaltsgruppe sogenannte Entgeltbänder. Innerhalb der Grenzen eines Bands können Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Einkommen individuell vereinbaren. In jeder Tarifrunde erhöht sich das gesamte Gehalt. „Wir wollten das System auch gerechter machen“, sagt Hardt. „Deswegen haben wir vereinbart: Extreme Ausreißer nach oben und unten bekommen zwar mehr Geld. Sie nähern sich aber der Mitte an.“ Die Vorteile des Tarifvertrags gelten jetzt auch für einen Teil der Beschäftigten, die bisher außerhalb des Tarifs waren.


Arbeitszeit

Gerade ITler lassen ihre Zeitkonten oft überlaufen. „Wir wollten weg von der Selbstausbeutung“, sagt Hardt. Bei Atos führen die Beschäftigten nun zwei Konten. Eins, auf dem sie gleiten, und eins, auf dem ihnen ihre Mehrarbeit gutgeschrieben wird. Wenn Mitarbeiter etwa für ein Projekt länger arbeiten sollen, muss der Vorgesetzte dies beim Betriebsrat beantragen. Die Stunden gehen auf das Mehrarbeitskonto. Zweimal pro Jahr muss die Hälfte der Stunden ausgeglichen werden.

Von einer einheitlichen Arbeitszeit verabschiedete sich Atos. Es gilt eine Vertragsarbeitszeit zwischen 35 und 40 Stunden. Standard ist die 37,5-Stunden-Woche. Die Beschäftigten können nach der Probezeit ihre Vertragsarbeitszeit wählen. IG Metall und Arbeitgeber werden weitere Modelle entwickeln. Ziel: Arbeit und Leben besser zu vereinbaren.

Zwar musste die IG Metall auch Kompromisse eingehen. Das ist für Domabil angesichts des Erreichten aber in Ordnung. Dass die ITler den Tarifvertrag gut finden, zeigen die Beitritte.

Besser mit Tarif
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