Jahrestag 8. Mai 1945
Endlich frei! Die Gewerkschaften und das Kriegsende

Auch für Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter bedeutete der 8. Mai 1945 das Ende eines Terrors, der bis in die letzten Kriegstage wütete. Der 75. Jahrestag des Kriegsendes bleibt ein Tag der Erinnerung und der Mahnung.

7. Mai 20207. 5. 2020


Am 13. April 1945, nur drei Tage bevor die Rote Armee ihre Schlussoffensive auf Berlin beginnt, stirbt im Gefängnis Berlin-Plötzensee der Maschinenschlosser Richard Weller. Er wird enthauptet, zusammen mit sechs weiteren Arbeitern.

Die Männer hatten in ihrer Fabrik eine der zahlreichen Widerstandsgruppen aufgebaut, sie verteilten Flugblätter und knüpften Kontakt zu Zwangsarbeitern. Für die NS-Justiz ist das „Vorbereitung zum Hochverrat“.

Am 8. Mai 2025 jährt sich das Ende der Nazi-Diktatur zum 80. Mal, und damit auch das Ende des zweiten Weltkriegs in Europa. Die Bilanz des von Deutschland angezettelten Krieges in einer kaum greifbaren Zahl: über 60 Millionen Todesopfer.

Der 8. Mai 1945 markierte das Ende einer zwölfjährigen Gewaltherrschaft und das Ende des historisch einmaligen, systematischen Massenmordes an den europäischen Juden. Ebenso endete mit diesem Tag die Verfolgung und Ermordung von Sinti und Roma, von Homosexuellen und politisch Andersdenkenden.

Für Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter hat dieser Jahrestag eine besondere Bedeutung. Sie gehörten mit zu den ersten Opfern des nationalsozialistischen Terrors. Zu Tausenden wurden sie verfolgt, verhaftet, gefoltert, ermordet.

Für die Überlebenden war der 8. Mai ein Tag der Befreiung.


Gemeinsam stark

Nach der bedingungslosen Kapitulation Nazi-Deutschlands stürzen sich Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter wie Hans Böckler in den Wiederaufbau der organisierten Arbeitnehmervertretung. Dabei vollziehen sie eine radikale Kehrtwende: Sie etablieren das Prinzip der Einheitsgewerkschaft. Sie steht allen Beschäftigten offen, unabhängig von politischer Einstellung oder Konfession. So finden Arbeiterinnen, Angestellte und Beamte in den neuen deutschen Gewerkschaften eine gemeinsame Heimat.

In der Weimarer Republik war die Gewerkschaftsbewegung zersplittert. Es gab Gewerkschaften für Angestellte, Arbeiter und Christen, für Liberale, Sozialisten, Kommunisten und für verschiedene Einzelberufe. Diese Zersplitterung war eine der Ursachen für den Erfolg der Nazis. Eine starke politische und gesellschaftliche Gegenmacht fehlte. Nach 1945 half der antifaschistische Grundkonsens, alte Trennlinien zu überwinden.

In Zukunft sollte gelten: Ein Betrieb, eine Gewerkschaft, ein Tarifvertrag. Dieses Prinzip leitet uns bis heute. Es begründete eine rasante Phase des Wiederaufbaus, der gesellschaftlichen Demokratisierung und der Mitbestimmung der Beschäftigten. Die Gewerkschaften wurden zum Stabilitätsanker der Demokratie nach 1945.


Und heute?

Der 8. Mai ist für die IG Metall nicht nur ein Tag der Befreiung. Er ist auch ein Tag der Erinnerung und der Mahnung. Aus der Erinnerung an den nationalsozialistischen Terror ergibt sich eine dauernde Verantwortung für unser Land: Die Verantwortung, überall und jederzeit für die Würde jedes einzelnen Menschen einzutreten.

Die IG Metall kämpft heute wie jeher für die Gleichstellung der Menschen und die Freiheit von Diskriminierung – zum Beispiel mit der Initiative Respekt.

Genauso kämpfen wir für die Demokratie. Nur in der Demokratie können Beschäftigte ihre Interessen wirkungsvoll vertreten. Tarifverträge, Betriebsräte, Arbeits- und Gesundheitsschutz: Für all das können wir nur in einer freien Gesellschaft aktiv werden.

Demokratiefeinde, die nach autoritärer Führung rufen, lehnen diese Freiheit ab. In einer Diktatur gibt es keine freien Gewerkschaften.

Eine unsolidarische Gesellschaft bringt Menschen gegeneinander auf. Genau das spüren wir heute in Europa: Der gesellschaftliche Zusammenhalt und auch das Miteinander unserer Kolleginnen und Kollegen werden durch Hass und Hetze bedroht. Feindseligkeiten gegen bestimmte Gruppen, gegen vermeintlich Fremde oder als ungewohnt wahrgenommene Lebensformen nehmen zu.

Dagegen stehen wir zusammen.


Leseempfehlung:

Namen und Schicksale verfolgter Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter haben DGB und Friedrich-Ebert-Stiftung recherchiert und in einer Broschüre dokumentiert. Die Broschüre ist hier abrufbar.

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