Die Superkraft der Gewerkschaften
Was ist eigentlich „Solidarität“?

Ohne diese Idee gäbe es keine IG Metall: Solidarität ist der Kern jeder Gewerkschaft. Doch was bedeutet es, solidarisch zu sein? Über ein Wort, das Geschichte gemacht hat und über unsere Zukunft entscheidet.

2. Dezember 20252. 12. 2025


Jede Veränderung beginnt mit einer Idee. Und kaum eine Idee hat in der Arbeitswelt so viel verändert wie die Solidarität. Aber was genau bedeutet Solidarität? Und warum ist sie für Gewerkschaften so wichtig?

Solidarität beschreibt in einem Wort, worum es bei einer Gewerkschaft geht. Nämlich um gegenseitige Unterstützung und gemeinsames Handeln.

Die zentralen Aspekte von Solidarität sind:

  • Gemeinschaftssinn: Solidarität entsteht oft aus einem Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder einer Organisation.
  • Hilfe und Unterstützung: Solidarität zeigt sich darin, dass man anderen hilft – sei es durch Zeit, Geld, Worte oder Taten.
  • Gegenseitigkeit: Solidarität ist keine Einbahnstraße. Wer heute hilft, kann morgen selbst Hilfe brauchen.
  • Moralische Haltung: Solidarität basiert auf Werten wie Gerechtigkeit, Mitgefühl und Verantwortung.


Was bedeutet Solidarität in der Praxis?

Ein klassisches Beispiel für Solidarität ist die Solidarität in der Arbeitswelt. Kolleginnen und Kollegen schließen sich zusammen und kämpfen für faire Löhne oder bessere Arbeitsbedingungen – auch wenn sie selbst nicht direkt betroffen sind.

Indem sich Beschäftigten zusammenschließen und eine Gewerkschaft bilden, erhöhen sie ihre Schlagkraft. Ein Arbeitnehmer allein kann wenig ausrichten. Im Zweifel wird er ausgetauscht. Eine ganze Belegschaft lässt sich nicht einfach austauschen.

Im Gegenteil: Sie kann Forderungen stellen. Das zeigt sich in jeder Tarifrunde, in der Gewerkschaften höhere Löhne oder bessere Arbeitsbedingungen fordern und durchsetzen.


Wie wirkt Solidarität in der Gesellschaft?

Die Solidarität der Gewerkschaften geht über einzelne Betriebe hinaus. Die IG Metall kümmert sich zum Beispiel um ganze Branchen: Metallindustrie, Maschinenbau, Kfz-Handwerk, Möbelindustrie und viele weitere.

Unser Ziel: Die Arbeitsbedingungen sollen vergleichbar sein, abgesichert über einen Tarifvertrag, der für eine ganze Branche in einer ganze Region gilt. Dann gibt es fairen Wettbewerb – und keine unfaire Konkurrenz durch Lohn-Dumping.

Auch gegenüber den Regierenden fordert die IG Metall Solidarität ein. Etwa, wenn es um Erhalt und Ausbau unseres Sozialstaats geht: Um auskömmliche Renten für alle Generationen, um gute Gesundheitsversorgung unabhängig vom Geldbeutel, um Unterstützung im Pflegefall.

Die Sozialversicherungen sind ein zentraler Hebel für gesellschaftliche Solidarität: Die großen Lebensrisiken – Krankheit, Arbeitslosigkeit, Unfälle – werden so von einer großen Gemeinschaft abgesichert.

Auch bei anderen IG Metall-Forderungen wie dem Schutz der europäischen Industrie vor unfairem Wettbewerb oder bei Forderung nach guten Rahmanbedingungen für Unternehmen geht es letztlich um Solidarität: Nämlich darum, gemeinsam für eine bessere Zukunft zu kämpfen. Oder ganz konkret: Für den Erhalt von Arbeitsplätzen – auch wenn man selbst vielleicht gar nicht direkt betroffen ist.


Lange Geschichte – große Zukunft?

Ihren Ursprung hat die Solidarität in der Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert. Egal ob in Textilfabriken, Bergwerken oder Stahlhütten: Die Arbeiterinnen und Arbeiter konnten sich nur deshalb aus der schlimmsten Ausbeutung befreien, weil sie zusammenhielten: Sie gründeten Gewerkschaften. So konnten sie Macht gewinnen. Und bildeten ein Gegengewicht zu den Besitzenden.

In der Geschichte der IG Metall gab und gibt es immer wieder Beispiele für praktische Solidarität. Legendär ist der Kampf für die 35-Stunden-Woche im Jahr 1984. Damals fanden wochenlang zahlreiche Streiks statt. Streiktage wurden zu Streikfesten. Regelmäßig unterstützten Kolleginnen und Kollegen aus anderen Betrieben. Gewerkschaftsmitglieder aus ganz Europa standen hinter den kämpfenden Metallerinnen und Metallern. Am Ende wurde die 35-Stunden-Woche Realität.

Auch heute ist Solidarität wieder stark gefragt: Die deutsche Industrie baut seit Jahren Arbeitsplätze ab und verlagert Produktion an Billigstandorte. Die IG Metall stemmt sich gegen diesen Trend – und Beschäftigte aus dem ganzen Land versammeln sich hinter einer gemeinsamen Forderung: Investitionen in die Zukunft, Arbeitsplätze und soziale Sicherheit für alle!


Solidarität: Ein menschliches Grundbedürfnis

Am Ende geht es beim Thema Solidarität auch um die Frage, wie man auf sich selbst und auf andere Menschen schaut. Anders ausgedrückt: Es geht darum, welches Menschenbild man hat. Ein positives? Oder ein negatives? Hält man den Menschen für ein großzügiges, hilfsbereites Wesen? Oder für gierig und rücksichtslos?

Der Sozialforscher Heinz Bude sagte dazu im Interview mit der IG Metall: „Auch wenn es romantisch klingt: Im Zweifel ist der Mensch ein solidarisches Wesen.“ Wer glaube, alles selbst richten zu können und niemanden zu brauchen, der falle auf ein Märchen herein.

Bude sagt: „Es gibt im Leben dauernd Situationen, in denen man auf andere angewiesen ist, ohne dass die nach einer direkten Gegenleistung fragen. Das ist eine fundamentale menschliche Erfahrung.“

Die Antwort auf diese Erfahrung heißt: Solidarität.

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