RECHT SO! Mindestlohn – Was den Beschäftigten zusteht
Der gesetzliche Mindestlohn ist da

Seit Januar 2015 ist das Mindestlohngesetz in Kraft. Danach sollen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer grundsätzlich mindestens 8,50 Euro brutto pro Stunde erhalten. Doch nicht alle Beschäftigten wissen, wie viel ihnen künftig zusteht. Tjark Menssen erläutert die neue Rechtslage.

9. Januar 20159. 1. 2015


Endlich ist es soweit: Seit 1. Januar gilt in Deutschland ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro brutto die Stunde. 2016 wird eine Kommission aus Gewerkschaftsvertretern und Arbeitgebern klären, um wie viel der Mindestlohn anzuheben ist. Ausnahmen, die einige Branchen durchgesetzt haben, betreffen nicht mehr die Frage ob der Mindestlohn gilt, sondern ab wann.


Branchen 

Tariflich ausgehandelte Branchenmindestlöhne liegen vielfach über 8,50 Euro und bleiben weiterhin gültig. So gilt für das Elektrohandwerk ab 1. Januar 2015 ein Mindestlohn von 9,35 Euro im Osten und 10,10 Euro im Westen. Für Leiharbeitnehmer gilt die Lohnuntergrenze nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Sie beträgt im Westen derzeit 8,50 Euro pro Stunde und im Osten (einschließlich Berlin) 7,86 Euro.


Ausnahmen

Für Auszubildende, junge Leute in Einstiegsqualifizierungen (ob öffentlich gefördert oder tariflich vereinbart) oder Pflichtpraktikanten im Rahmen einer Ausbildung oder eines Studiums gilt der Mindestlohn nicht. Hierbei handelt es sich um ein Bildungs- und kein Arbeitsverhältnis. Bei freiwilligen Praktika, die nicht länger als drei Monate dauern, besteht kein Anspruch auf Mindestlohn, wenn sie der Berufsorientierung dienen oder ausbildungs- oder studienbegleitend geleistet werden. Dauert ein ausbildungs- oder studienbegleitendes Praktikum länger als drei Monate und ist nicht in Ausbildungs- oder Studienordnung vorgesehen, ist der Mindestlohn ab dem ersten Tag der Beschäftigung zu zahlen.

Ausnahmen gelten auch für Zeitungsboten. Sie erhalten ab 2015 mindestens 75 Prozent des Mindestlohns (6,38 Euro), der ab 2016 auf 85 Prozent (7,23 Euro) steigt. 2017 gibt es dann mindestens 8,50 Euro pro Stunde. Die gesetzliche Ausnahme gilt aber nur für Zusteller, die ausschließlich Zeitungen oder Anzeigenblätter in Briefkästen werfen. Wer neben dem Hauptprodukt Zeitung auch Werbeprospekte oder Briefe austrägt, muss den vollen Mindestlohn erhalten.


Zulagen

Bei der rechtlichen Bewertung einiger Fragen im Zusammenhang mit dem Mindestlohn ist noch einiges unklar. Weil es im Gesetz nicht ausdrücklich so geregelt sei, stellen einige Arbeitgeber die Frage, ob sich der Mindestlohn aus unterschiedlichen Bestandteilen zusammensetzen kann. Und zwar, ob und in welchem Umfang Zulagen auf den Mindestlohn anrechenbar sind. Diejenigen, die dies vertreten, meinen, dass der Mindestlohn sich aus allen Zahlungen des Arbeitgebers an den Beschäftigten errechnet und so 8,50 Euro nur im Durchschnitt pro Stunde gezahlt werden müssten.

Aus der Rechtsprechung, die zu den tariflichen Mindestlöhnen ergangen ist, kann man aber schon folgern, dass Zulagen, die für eine besondere Arbeitsleistung zugesagt werden, auch nicht anzurechnen sind. Das gilt für Erschwerniszulagen, Nacht- und Feiertagszuschläge sowie Überstunden. Ein 13. Monatseinkommen soll nach bisheriger Rechtsprechung aber dann anrechenbar sein, wenn dieses für die erbrachte Arbeit des Jahres gezahlt wird und nicht als Belohnung für eine Betriebstreue oder als Sonderzahlung wegen höherer Ausgaben, etwa im Urlaub oder zu Weihnachten. Dies ist nur schwer nachvollziehbar, weil es sich dann bei dem 13. Monatseinkommen nicht mehr um eine Sonderzahlung handeln würde, sondern um vorenthaltenen Lohn. In der Praxis werden vermutlich die Arbeitsgerichte das letzte Wort haben.


Fristen

Der Mindestlohn kann bis zur gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren geltend gemacht werden. Demgegenüber unterliegen die meisten tarifvertraglichen Ansprüche Ausschlussfristen. Weil auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht verzichtet werden kann, ist er wie ein Sockelbetrag zu sehen, der jedem Beschäftigten künftig zusteht. Selbst dort, wo Tarifverträge gelten, dürften Ansprüche, die den Mindestlohn unterschreiten, künftig bis zur gesetzlichen Verjährung durchsetzbar sein.


DGB-Hotline beantwortet Fragen

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat eine Hotline bis 31. März 2015 geschaltet. Dort erhalten Ratsuchende Antworten rund um den Mindestlohn in den Sprachen Bulgarisch, Deutsch, Englisch, Kroatisch, Mazedonisch, Polnisch, Rumänisch, Serbisch, Türkisch und Ungarisch. Die Hotline ist montags bis freitags von 7 bis 20 Uhr und samstags von 9 bis 16 Uhr unter der Rufnummer 0391 4088003 erreichbar.

 

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