Corona und Klimaschutz
Covid-19 bedroht auch das Klima

Selbst der Klimaschutz leidet unter dem Corona Virus. Denn durch die wirtschaftlichen Einbußen wird Unternehmen das Geld für Investitionen fehlen, die eine klimaschonende Produktion ermöglichen würden.

24. März 202024. 3. 2020


Es ist ein Trugschluss, der sich gerade verbreitet: Corona sei gut fürs Klima. Doch der Versuch an der Krise etwas Positives zu finden scheitert an diesem Punkt und selbst Klimaschützer stellen sich gegen diese Lesart. Sicher – aktuell wird weniger CO2 emittiert, da viele Unternehmen ihre Produktion angehalten haben und der Reiseverkehr zum Erliegen gekommen ist. Doch das ist nur eine sehr kurze Betrachtungsweise. Langfristig gesehen wird Corona auch den Klimawandel beschleunigen, wenn die Politik nicht gegensteuert.


Automobil

Alle großen deutschen Hersteller haben die Bänder angehalten: VW, Daimler, BMW, Audi, Porsche, Ford, Opel. Die Ausbreitung des Corona Virus soll minimiert werden, zudem fehlen Zulieferprodukte aus China, Italien oder Osteuropa. Für die Firmen bedeutet der Produktionsstopp teils massive Umsatzeinbußen. Dazu kommt: In Krisenzeiten überlegen sich die Menschen zweimal, ob sie sich ein neues Auto kaufen sollen.

Die Nachfrage schwächt sich also ebenfalls ab. Und es ist fraglich, ob sie am Ende der Krise auch so schnell und in dem Maße wieder anziehen wird, damit der Knick rasch ausgeglichen werden kann. Das Geld, das den Unternehmen so flöten geht, fehlt anschließend für Investitionen.

Dabei wären dieses bitter nötig. Die Branche steckt mitten im tiefgreifendsten Wandel seit ihrem Bestehen und steht zeitgleich vor der Aufgabe klimaneutrale Autos auf den Markt zu bringen. Das kostet viel Geld. Es nicht zu tun, kostet am Ende aber wahrscheinlich sogar noch mehr.

BMW verkündete gerade, dass der Konzern diese Aufgabe dennoch weiterverfolgen wird: „Es gibt eine Zeit während Corona. Und es wird eine Zeit nach Corona geben", sagte Vorstandschef Oliver Zipse vergangenen Mittwoch auf der Jahrespressekonferenz, die dieses Mal virtuell ablief. Der Manager will an den geplanten hohen Investitionen in die Elektromobilität seines Konzerns festhalten.

Doch Automobilbauern wie BMW bleibt auch nichts Anderes übrig. Denn die EU schreibt genau vor, wie viel CO2 die im Jahr verkaufte Flotte im Schnitt verbrauchen darf. Liegt der Autobauer drüber, drohen ihm empfindliche Strafen.

Doch: Entwicklung und Umbau der Produktion kosten viel Geld. Bei BMW ist das Management zuversichtlich, dass trotz Krise der Münchner Konzern finanziell gut genug aufgestellt ist. Aber ein so dickes Polster hat nicht jeder Hersteller. Insbesondere die Zulieferbetriebe könnten überfordert werden, denn auch ihnen brechen durch die Corona-Krise massiv die Aufträge weg.

Berlin muss Hilfestellung geben. Bisher übersieht die Bundesregierung einen wichtigen Punkt. Denn: Zwar hat die Politik angekündigt Unternehmen zu stützen, die in Schieflage geraten. Doch liegt ihr Fokus nur darauf, das Überleben zu sichern. Damit die Unternehmen aber fit für die Zukunft und eine klimaschonende Produktion und Produkte aus der Krise kommen, muss der Bund den Säckel deutlich weiter aufmachen.


Stahlindustrie

Auch die Stahlhütten trifft die Corona-Krise zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Finanzielle Einbußen durch den Stillstand der europäischen Wirtschaft können sie gerade gar nicht brauchen. Denn sie haben eine Mammutaufgabe vor sich. Um künftig klimaneutral zu produzieren, müssen sie ihre Produktion umstellen.

Der Hochofen muss dafür gegen eine Direktreduktionsanlage getauscht werden. Statt mit Kokskohle, wird dann mit Wasserstoff Stahl produziert. Doch der Umbau kostet jede Menge Geld: Mindestens 30 Milliarden Euro stehen auf dem Zettel.

Das ist eine Summe, die deutsche Stahlproduzenten nicht allein aus eigenen Mittel bezahlen werden können, besonders nicht nach der Krise. Die Bundesregierung wird auch hier mehr tun müssen, als nur mit Krediten das kurzfristige Überleben zu sichern. Denn das langfristige Überleben sichern nur Investitionen in eine klimaneutrale Produktion.


Maschinenbau

Im Maschinen- und Anlagenbau können Aufträge ebenfalls nicht ausgeliefert werden. Das kostet Umsatz und wird auch das Klima empfindlich treffen. Lieferketten sind gestört, Service- und Montagemitarbeiter hängen im Ausland fest, Kurzarbeit wird massiv gefahren. Gerade der deutsche Maschinen- und Anlagenbau ist dafür bekannt, immer effizientere Maschinen zu produzieren. Von Maschinengeneration zu Maschinengeneration verbrauchen sie weniger Energie.

Für die Betreiber heißt das geringere Produktionskosten und fürs Klima ist der geringere Energieverbrauch natürlich auch positiv. Doch um effizientere Maschinen zu entwickeln, braucht es Investitionen. Schon vor der Corona-Krise haben die Unternehmen im Maschinenbau zu wenig investiert, nun werden sie es sich nicht mehr leisten können, wenn die Politik nicht auch hier in die Bresche springt.


Energie- und Wärmebranche

Auch den Ausbau der erneuerbaren Energien hemmt der Corona-Virus. Schon seit einiger Zeit werden kaum mehr Windräder aufgestellt und auch der Solarausbau droht einzubrechen. Verantwortlich sind unter andrem lange und komplizierte Genehmigungsverfahren, eine Besteuerung, die erneuerbare Energien für den Verbraucher künstlich verteuert, sowie das drohende Ende der finanziellen Förderung von Solaranlagen.

Ebenfalls schlechte Nachrichten für das Klima: Im Energieanlagen- und Kraftwerksbau fehlt es an Förderungen neuer Energietechniken. Dazu müsste die Politik die Modernisierungsrate bei Gebäuden stark erhöhen und die Technologieoptionen im Wärmemarkt ­– von Wärmepumpen über erneuerbare Wärmeerzeuger bis zu synthetischen Brennstoffen – nutzbar machen.

Doch was hat Covid-19 mit den nachteiligen Rahmenbedingungen zu tun? Der Virus zementiert sie. Denn die Politik konzentriert sich aktuell natürlich auf den Umgang mit dem Virus und bespricht die möglichen Maßnahmen. Für andere Themen bleibt kein Platz. So sollten beim Ministerpräsidententreffen Mitte März eigentlich über nötige Anpassungen bei der Energiewende gesprochen werden, doch die massive Verbreitung des Corona-Erregers machte eine neue Tagesordnung nötig. Das heißt: Je länger Covid-19 die Bundesregierung in Beschlag nimmt, desto länger wird es dauern, bis die Energie- und Wärmewende wieder in die Spur gebracht werden kann.

Corona-Krise
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