Kompetenzen stärken – Zukunft gestalten
Projekt für innovative Betriebspolitik gestartet

Die Digitalisierung wird die Arbeitswelt verändern. Unverzichtbar ist, dass Betriebsräte und Vertrauensleute den Wandel im Sinne der Beschäftigten gestalten. Die nötigen Kompetenzen dazu vermittelt ein Projekt der IG Metall – mit einem einzigartigen Mix aus Theorie, Praxis und Rollenspielen.

22. September 201622. 9. 2016


Nicht immer ist der digitale Wandel so offensichtlich wie im Audi-Werk in Neckarsulm: neue Transportsysteme in der Logistik, robotergestützte Arbeiten sowie digitale Helfer in der Montage. Und dennoch: Auch dort stehen die Betriebsräte vor der Herausforderung, Themen wie „Industrie 4.0“ überhaupt greifen zu können. Schließlich ist die Digitalisierung der Arbeitswelt eine Dimension, die in Gänze erst noch erforscht werden muss. Die Zeit drängt, denn die neuen Technologien wirken sich stark auf die verschiedenen Arbeitsplätze aus. Bisherige Tätigkeiten könnten gar verschwinden und neue entstehen. Sind die Betriebsräte in der Lage, die Folgen frühzeitig abzuschätzen, können sie die Unternehmen beispielsweise dabei unterstützen, innovative Personalkonzepte zu erarbeiten.

„Gute Arbeit 4.0“ verwirklichen

Der Wandel bei Audi in Neckarsulm ist da nur eines von vielen Beispielen. Überall stellt die Digitalisierung Betriebsräte vor nie dagewesene Herausforderungen. Fast immer geht es um die Frage: Wie lässt sich in den Unternehmen „gute Arbeit 4.0“ verwirklichen? Antworten soll jetzt das auf rund drei Jahre angelegte IG Metall-Projekt „Arbeit & Innovation: Kompetenzen stärken – Zukunft gestalten“ liefern: An insgesamt 21 Ausbildungsgängen nehmen bundesweit über 300 Betriebsräte, Vertrauensleute, Ingenieure und weitere Experten aus 155 Betrieben teil. Die Schwerpunkte des vom Europäischen Sozialfonds und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales geförderten und bis Januar 2019 laufenden Projekts liegen auf Qualifizierung, Arbeitszeit – und natürlich Digitalisierung:

  • Digitalisierung – neue Chancen: Die neuen Technologien bieten die Möglichkeit, selbstbestimmter und gesünder zu arbeiten. Dass es so kommt, ist aber nicht ausgemacht. Die Digitalisierung gestalten bedeutet deswegen auch, Risiken abzuwehren, um „gute Arbeit 4.0“ zu verwirklichen. Denn der Mensch sollte immer im Mittelpunkt der Entwicklung stehen.
  • Qualifizierung – Schlüssel zum Erfolg: Ziehen neue Technologien in die Unternehmen ein, müssen für diese auch die Beschäftigten fit gemacht werden. Beispielsweise die sogenannte Industrie 4.0 kann nur ein Erfolg werden, wenn genügend qualifizierte Beschäftigte vorhanden sind. Kurz: Die „Smart Factory“ braucht Experten.
  • Arbeitszeit – zentrale Herausforderung: Mit den neuen Technologien steigen die Anforderungen der Unternehmen an die Flexibilität der Mitarbeiter. Durch etwa Laptops und Tablets sind Arbeitnehmer nicht mehr an einen Ort und feste Arbeitszeiten gebunden. Ziel muss sein, dass Beschäftigte Arbeit und Leben trotzdem in einen gesunden Einklang bringen können.


Das Projekt hat also nicht zum Ziel, Betriebsräte und Vertrauensleute zu Technik-Experten auszubilden. Vielmehr geht es um methodisches Vorgehen – und darum herauszufinden, was sich für die Beschäftigten ändert. In Workshops, aber auch vor Ort in den Betrieben, entwickeln die Teilnehmer dann Lösungen. Die Ausbildung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den IG Metall-Bildungszentren, aber etwa auch die Ruhr-Universität Bochum beziehungsweise der dortige „Lehrstuhl für Produktionssysteme“ ist beteiligt. Die Hochschule und die IG Metall arbeiten bereits mehr als 40 Jahre zusammen. Der Ansatz: Wissen aus der Praxis mit Erkenntnissen der Wissenschaft verknüpfen. So bilden die einzelnen Module des Innovationsprojekts einen einzigartigen Mix aus Theorie, Simulation und Rollenspielen.

Eine Besonderheit des Projekts ist, dass die Teilnehmer im Vorfeld analysiert haben, wo in ihrem Unternehmen ganz konkret Gestaltungsbedarf besteht beziehungsweise in Zukunft bestehen wird. Beispielsweise die Beschäftigten, die bei Audi in Neckarsulm die verschiedenen Fahrzeugteile montieren, werden dies künftig voraussichtlich mit immer mehr digitalen Assistenzsystemen machen. Die Betriebsräte möchten sich die nötigen Kompetenzen aneignen, um die Arbeitsbedingungen gestalten zu können. Ihrem Projekt haben sie den Namen „Montagen 2030“ gegeben.


Sozialpartnerschaftliches Vorgehen

Gemeinsam mit Vertretern des Unternehmens wollen sie zudem klären, welche Qualifizierungen für die Beschäftigten notwendig sind, welche Folgen die neuen Techniken und Systeme für die Personalbemessung und die Lohnniveaus haben. Und: Wie kann die Zusammenarbeit von Beschäftigten und Maschinen so organisiert werden, dass die Handlungshoheit bei den Mitarbeitern bleibt? Großen Wert legen die Metaller darauf, derlei Fragen sozialpartnerschaftlich in Angriff zu nehmen.

Projektteilnehmer aus anderen Unternehmen beschäftigen sich etwa mit Datenbrillen in der Logistik, wie papierlose Montagehallen sinnvollerweise zu organisieren sind, wie Menschen und Roboter künftig zusammenarbeiten oder wie sich die Digitalisierung auf Gruppenarbeit auswirkt. Themen sind aber auch der Strukturwandel in der Automobilindustrie, getrieben durch die Elektromobilität und Cloud-gestützte Echtzeitdiagnostik zur Wartung von Maschinen. Auch die Umstrukturierung einer gesamten Produktion – von der Fertigung über die Logistik bis hin zur Montage – möchten Betriebsräte eines Unternehmens im Sinne der Beschäftigten gestalten.


Nur mit Beteiligung der Beschäftigten

All diese Vorhaben können nur mit Beteiligung der Beschäftigte umgesetzt werden. Ihre Erfahrungen und ihr Wissen sollen im Projekt das Fundament bilden, auf dem die neuen Lösungen fußen. Zum einen kann es nur so gelingen, nachhaltige Veränderungen anzustoßen. Zum anderen ist die Mitbestimmung wichtig, um den Beschäftigten zu mehr Selbstbestimmung zu verhelfen. Selbstbestimmtes Arbeiten wird in der Arbeitswelt der Zukunft eine besondere Bedeutung zukommen, etwa mit Blick auf mehr Zeitsouveränität. Sicher, gerecht und selbstbestimmt lautet hier die Orientierung der IG Metall, um den Folgen der Digitalisierung, der Vielfalt der Lebenssituationen der Menschen oder den zunehmenden Flexibilisierungsanforderungen der Unternehmen Rechnung zu tragen.

Über die Digitalisierung der Arbeitswelt gibt es zwar zahlreiche Studien. Doch bei der Frage, ob der Wandel Arbeitsplätze kosten wird, kommen alle zu unterschiedlichen Ergebnissen. Fest steht aber, dass sich Arbeit in Zukunft massiv verändern wird. Die IG Metall will, dass die Digitalisierung für möglichst viel Beschäftigte nicht zum Risiko, sondern zur Chance wird. Dazu ist es wichtig, die Entwicklungen in den Betrieben frühzeitig zu erkennen, Probleme benennen und Beteiligung einfordern zu können. Hierzu soll das Projekt „Arbeit & Innovation: Kompetenzen stärken – Zukunft gestalten“ einen Grundstein legen. Mit dem Ziel, dass Betriebsräte, Vertrauensleute und Beschäftigte die künftigen Herausforderungen besser meistern können. Nach dem Motto: Gemeinsam für „gute Arbeit 4.0“.

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