Tarifrunde Eisen und Stahl 2025
Stahl: Beschäftigung, Reallöhne und Fachkräfte sichern

Die IG Metall hat ihre Forderungen für die Stahl-Tarifrunde beschlossen: Sie fordert eine Garantie für Arbeitsplätze und volle Kaufkraft. Die wirtschaftliche Lage ist äußerst schwierig. Die Tarifverhandlungen in der nordwestdeutschen und ostdeutschen Eisen- und Stahlindustrie starten am Dienstag.

12. September 202512. 9. 2025


Am Dienstag starten die Tarifverhandlungen in der Eisen- und Stahlindustrie. Die IG Metall fordert von den Arbeitgebern eine Garantie für Arbeitsplätze und volle Kaufkraft. Das haben die Tarifkommissionen der nordwestdeutschen und ostdeutschen Stahlindustrie am Donnerstag beschlossen. Der Vorstand der IG Metall hat die Tarifforderungen am Freitagmorgen bestätigt und verabschiedet.

Zudem ruft die IG Metall die Politik auf, endlich positive Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Stahlindustrie zu setzen. Die Bundesregierung muss durch einen verbilligten Industriestrompreis entlasten. Das Investitions-Sondervermögen muss schnell in greifbare Projekte umgesetzt werden. Von Brüssel erwartet die IG Metall eine europäische Local-Content-Politik als Antwort auf Zollkrise und Billigstahl-Importe.
 

Auch Arbeitgeber müssen Verantwortung in der Krise übernehmen

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Stahl-Tarifrunde sind äußerst schwierig. Die Rohstahlproduktion ist gegenüber dem Vorjahr um zwölf Prozent gesunken. Und die Unternehmen schreiben rote Zahlen und bauen Beschäftigung ab.

„Wir sind uns der Lage voll bewusst. Wir wollen und müssen Beschäftigung, Reallöhne und Fachkräfte sichern. Daran sollten auch die Unternehmen ein Interesse haben“, erklärt Nadine Boguslawski, Tarif-Vorständin der IG Metall. Arbeitgeber sowie Politik stünden jetzt in der Verantwortung, den Standort nicht zu gefährden. „Wir wollen ein Ausbluten der deutschen Schlüsselindustrie und ihrer Beschäftigten auf jeder Ebene verhindern“, macht Boguslawski klar. „Mit Tarifverträgen denken und handeln wir nach vorne.“

Daher verzichtet die IG Metall – wie bereits früher in wirtschaftlich instabilen Zeiten – auf eine konkrete bezifferte Entgeltforderung und fordert stattdessen ein Gesamtpaket, das Arbeitsplätze sichert – aber auch die Reallöhne, um die Kaufkraft der Beschäftigten zu erhalten und damit die Stahlindustrie im Wettbewerb mit anderen Branchen für Fachkräfte attraktiv bleibt. Die IG Metall fordert die Unternehmen auf, die tariflichen Möglichkeiten zum Erhalt von Arbeitsplätzen zu nutzen, etwa die Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung.
 

Nullrunde wird IG Metall nicht akzeptieren

Klar ist jedoch auch: Eine Nullrunde wird die IG Metall nicht akzeptieren, betont Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW und Verhandlungsführer in der Nordwestdeutschen Stahlindustrie. „Allein aus wirtschaftlicher Vernunft muss die Kaufkraft der Beschäftigten abgesichert werden. Es wäre absurd, bei konjunktureller Schwäche und wegbrechenden Exportmärkten auch noch die Binnennachfrage abzuwürgen. Der Erhalt der Kaufkraft der Beschäftigten zur Stabilisierung der Binnenkonjunktur gehört zu jeder erfolgversprechenden Antikrisen-Strategie. Zur Sicherung der Kaufkraft gehört beides: Erhalt von Arbeitsplätzen, ohne die die Beschäftigten überhaupt kein Einkommen hätten und Sicherung der Realeinkommen. Darum wollen wir Arbeitsplätze und Einkommen sichern.“

„Die IG Metall kennt die wirtschaftliche Lage der Stahlindustrie sehr genau und richtet ihre Tarifforderung danach aus“, bekräftigt Jan Otto, Bezirksleiter der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen und Verhandlungsführer für die ostdeutsche Stahlindustrie. „Aber um Missverständnisse zu vermeiden, stelle ich eines ganz klar: Dass wir auf eine bezifferte Forderung verzichten, heißt nicht, dass wir keine Forderungen an die Arbeitgeber haben. Ganz im Gegenteil nehmen wir sie in die Pflicht, gerade jetzt Verantwortung zu übernehmen.“

 

Produktion in der Stahlindustrie (bereinigt) in den Jahren 2019 bis 2025 in der Bundesrepublik Deutschland2021 = 100 Prozent. Quelle: Statistisches Bundesamt

Wirtschaftliche Lage: überall rote Zahlen

„Die Stahlindustrie steckt in einer Polykrise. Die Konjunkturkrise in den Abnehmerbranchen macht den Stahlherstellern zu schaffen“, erklärt Nordwest-Verhandlungsführer Knut Giesler. „Hinzu kommen die viel zu hohen Energiepreise und die massive Kostenbelastung durch die Transformation zu grünem Stahl. Zusätzlich führen globale Einflüsse, wie die Zollpolitik und der Druck durch steigende Stahlimporte zu großen Unsicherheiten und Verwerfungen auf dem Stahlmarkt. Dass die Politik in Deutschland und Europa bei vielen dieser Themen nur zuschaut, statt für Rahmenbedingung zu sorgen, die der Stahlindustrie Sicherheit für ihre Zukunft zu geben, macht die Situation für die Branche nicht einfacher.“

In fast allen Betrieben wurden zur Sicherung von Arbeitsplätzen die Arbeitszeiten heruntergefahren, wie es die Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung der IG Metall ermöglichen, um Entlassungen zu verhindern.

Beim größten deutschen Stahlhersteller ­Thyssenkrupp Steel etwa hat die IG Metall einen Sanierungstarifvertrag ausgehandelt, über den die IG Metall-Mitglieder im Unternehmen gerade abgestimmt haben: Die Arbeitszeit wird auf 32,5 Stunden in der Woche reduziert. Mehr als 4000 ältere Beschäftigte (von insgesamt 27 000) werden vorzeitig über eine Altersbrücke mit Ausgleichszahlungen in Rente geschickt. So wird der Personalabbau sozialverträglich gestaltet. Bis 2030 sind betriebsbedingte Kündigungen nur als letztes Mittel möglich.

In vielen weiteren Unternehmen kämpfen ­Beschäftigte und IG Metall aktuell gegen Arbeitsplatzabbau. Auch bei Saarstahl läuft ein Transfertarifvertrag. Bei Salzgitter droht eine Sanierung. Bei den Hüttenwerken Krupp Mannesmann GmbH (HKM) in Duisburg geht es um die Zukunft der Hütte. Daher ist die Sicherung von Arbeitsplätzen ein Ziel der IG Metall in der Stahltarifrunde 2025.

„Bei Verhandlungen für sichere Jobs in den Krisenbetrieben sind die Beschäftigten bereits mit Verzicht in Vorleistung gegangen“, macht IG Metall-Tarifvorständin Boguslawski klar. „Sie brauchen in einem neuen Tarifvertrag als Rahmen die Garantie: Ihr Lebensstandard darf sich nicht verschlechtern.“

In der deutschen Stahlindustrie arbeiten bundesweit 82 000 Beschäftigte mit Tarifvertrag. Die startenden Verhandlungen betreffen zunächst 68 000 Stahlwerkerinnen und Stahlwerker vor allem in Nordwest- und Ostdeutschland. Die Stahl-Tarifrunde für das Saarland startet Mitte November.


Zeitplan Tarifrunde Stahl

Nordwestdeutsche und ostdeutsche Stahlindustrie

  • 11. September: Die Tarifkommissionen beschließen ihre Forderungsempfehlungen. 
  • 12. September: Der IG Metall-Vorstand verabschiedet die endgültigen Forderungen für die Verhandlungen.
  • 16. September: Start der Tarifverhandlungen.
  • 30. September, 24 Uhr: Die Laufzeit der Entgelttarife endet. Ende der Friedenspflicht.
  • 1. Oktober: Ab jetzt sind Warnstreiks möglich.

Saarländische Stahlindustrie

  • 31. Dezember: Ende der Laufzeit des Entgel­t­tarifvertrags. Ende der Friedenspflicht.

Die genauen Termine geben wir dann noch bekannt. 

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