Beratungstelle der IG Metall für Geflüchtete
Fluchtpunkt Laden

Viele Geflüchtete kommen mit nichts außer ihren Hoffnungen zur Beratungsstelle der IG Metall in Frankfurt. Doch das Team um Bianka Huber schafft es immer wieder, den Menschen dabei zu helfen, in Deutschland Fuß zu fassen und sich im Behördendschungel zurecht zu finden.

27. Oktober 202127. 10. 2021


In den sechs Jahren, seit sie sich um Geflüchtete kümmert, hat Bianka Huber viel erlebt. Den Höhepunkt der Flüchtlingskrise.  Die Probleme durch Corona. Das Desaster in Afghanistan. Bianka Huber und ihr Team haben sich eingefuchst  in deutsche Rechtsvorschriften zu Arbeitserlaubnis und Aufenthaltstitel. Einige ihrer Schützlinge haben sie vor der Abschiebung retten können. „Es ist eine Sisyphosarbeit“, sagt Bianka. Aber trotz mancher Frustration steht die Tür zur Beratungsstelle Der Laden immer offen.


Warme Jacke für den Winter

Seit 2016 kommen Menschen hierher in diese Anlaufstelle der IG Metall. Sie haben die Not und Gewalt erlebt und mussten ihre Heimat verlassen. Bianka und ihr Helferteam hören ihnen zu. Versuchen, die Fäden zu entwirren. Denn viele der Entwurzelten verheddern sich in der deutschen Bürokratie. Sie brauchen Hilfe, um zu verstehen, was Ausländerbehörde, Agentur für Arbeit und Krankenkassen mit ihren komplizierten Formularen von ihnen wollen. Im Laden gibt es Rechtsberatung, Deutschkurse und berufliche Beratung. Menschen aus  54 Nationen haben sich schon hierher gewandt.

So wie Aron aus Syrien. 2016 war er aus Syrien geflohen, nachdem er dort fünf Jahre gefangen gehalten und gefoltert worden war. Nach einem Bombenangriff, der das Gefängnis zerstörte, konnte er fliehen und kam über Ungarn nach Deutschland. Zu Fuß. In kürzester Zeit legte er die geforderten Sprachprüfungen ab. »Ohne den Laden und die IG Metall hätte ich das nicht geschafft«, sagt Aron. „Am ersten Tag, als ich in den Laden kam, gab mir Bianka eine warme Jacke. Ich war unglaublich froh.“ Aron hat jetzt am Flughafen Frankfurt eine Ausbildung begonnen. Ein Neuanfang im Alter von 39 Jahren. In der Arbeit kommen ihm die sieben Sprachen zugute, die er beherrscht. Kurdisch, Hebräisch, Arabisch, Englisch, Deutsch, Türkisch und Französisch. 

Überhaupt die Sprachen. Sie sind der Schlüssel für den Erfolg der Beratungsstelle. Biankas Team deckt ein unglaublich breites Spektrum auch ausgefallenerer Sprachen ab: Dari, Farsi, Paschtu, Urdu, Tigrinya, Russisch, Georgisch. Wer hierher kommt, hat gute Chancen wirklich verstanden zu werden. 


Flug in die Freiheit

Tamana, eine junge Ärztin aus Afghanistan, floh im August aus Afghanistan nach Deutschland. Sie war eine der wenigen Glücklichen, die es bis auf das Flughafengelände schafften, bevor die ausländischen Truppen das Land den Taliban überließen. Tamana erlebte, wie sich verzweifelte Menschen an einer startenden US-Militärmaschine festklammerten und aus großer Höhe in den Tod stürzten. Auf dem Boden einer deutschen Transportmaschine sitzend flog sie mit Hunderten anderen Landsleuten in die Freiheit.
 

Geflüchtete Afghanin

Geflüchtetes Paar aus Afghanistan. Foto: Martina Helmerich
 

Die ersten Tage und Wochen in Deutschland erlebte sie wie in Schockstarre. Einerseits ist sie glücklich, bei ihrem Mann in Sicherheit zu sein. Andererseits ist sie in großer Sorge um Vater und Bruder, die sich weiterhin verstecken müssen und um ihr Leben fürchten. Tamana versucht jetzt, Deutsch zu lernen und sich irgendwie zurechtzufinden. Hilfe bekommt sie im Laden. Pouya, einer der Mitarbeiter der Beratungsstelle, kommt aus Afghanistan und spricht ihre Sprache. Das hilft, um mit den traumatischen Erlebnissen klar zu kommen.


Hilfe durch den Verein Helfen. Hilft. Punkt!

Es gibt viele Menschen, die im Laden konkrete Hilfe bekommen. Mithilfe des Vereins Helfen. Hilft. Punkt! werden Familien vor Obdachlosigkeit bewahrt. Geflüchtete, die nur den Status der Duldung haben, bekommen hier Deutschunterricht. In mehreren Fällen wurden die Kosten zur Anerkennung ausländischer Schul- und Ausbildungszeugnisse übernommen. Es gibt 1700 Einzelschicksale von Menschen, die im Laden um Hilfe baten. Bianka und ihre enge Mitarbeiterin Yordanos, eine Geflüchtete aus Eritrea, kennen sie alle.
 

Regina und Aron in der Beratungsstelle der IG Metall mit der Leiterin Bianka Huber und ihrer Kollegin Yordanos (v.l.n.r)

Regina (rechts) und Aron in der Beratungsstelle Der Laden mit Bianka Huber und ihrer Kollegin Yordanos (links). Foto Frank Rumpenhorst


Auch Regina, 42, aus Nigeria hat sich hilfesuchend hierher gewandt. Ihr Mann Peter erlitt vor wenigen Wochen einen Schlaganfall und fiel nach einer Hirnblutung ins Koma. Regina lebt mit den beiden Kindern in Alicante in Spanien. Sie schlägt sich durch mit einem Job auf einer Tomatenplantage. Wegen der Erkrankung konnte Peter der Familie kein Geld mehr überweisen. Regina überließ die Kinder der Obhut einer Freundin und flog nach Frankfurt, um ihrem Mann beizustehen, der mehrfach operiert werden musste und weiter im Krankenhaus ist. Es ist ungewiss, ob Peter jemals wieder arbeiten kann. Die Beratungsstelle unterstützt die Familie in dieser Notsituation, so gut sie kann. „Ohne Bianka und den Laden wäre ich verzweifelt“, sagt Regina.
 


Der Laden ist ein Projekt der IG Metall und des Vereins Helfen. Hilft. Punkt! Wer die Arbeit der Einrichtung unterstützen möchte, kann Mitglied werden und spenden an IBAN DE33 5019 0000 7900 0152 53.

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