WSI-Report Arbeitszeit
Beschäftigte wollen nicht nach 18 Uhr arbeiten

Wann wollen Beschäftigte ihren Arbeitstag beenden? Darauf gibt eine aktuelle Studie Antworten. Die Ergebnisse zeigen: Die Flexibilisierungswünsche der Arbeitgeber ignorieren nicht nur arbeitsmedizinische Gewissheiten. Sie stellen sich auch gegen die Arbeitszeitwünsche der Beschäftigten.

7. März 20237. 3. 2023


Eindeutig wissenschaftlich belegt sind die Zusammenhänge schon lange: Gute Vereinbarkeit zwischen Arbeit und Leben wirkt sich positiv aus auf die Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten, auf ihr Wohlbefinden. Die Einhaltung der Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes ist die Basis für eine gesunde Arbeitszeitgestaltung.

Und dennoch: Immer wieder argumentieren Arbeitgeber, dass das deutsche Arbeitsgesetz gute Vereinbarkeit verhindere – etwa weil es Eltern daran hindere, sich abends, nachdem die Kinder im Bett sind, nochmals bis 22 oder 23 Uhr an den Rechner zu setzen; tun sie das, können sie nicht mehr die tägliche Ruhezeit von elf Stunden einhalten, die vom Ende eines Arbeitstages bis zum Beginn des folgenden Arbeitstages gilt.


Diese Argumentation ignoriert die arbeitsmedizinisch untersuchten negativen Folgen von Arbeit am Abend beziehungsweise von verkürzten Ruhezeiten für die Beschäftigten und ihre Gesundheit.

„Eine gesetzliche Mindestruhezeit von 11 Stunden ist arbeitswissenschaftlich gut begründet und nicht verhandelbar“

(Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall)

Spätestens mit dem jüngst verkündeten Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu Mindestruhezeiten von Arbeitnehmern verböten sich die immer wiederkehrenden Attacken gegen die Regelungen zu Ruhezeiten vollends.

 

Anspruch auf tägliche Ruhezeit

Der EuGH hatte Anfang März klargestellt, dass Ansprüche von Beschäftigten auf tägliche und wöchentliche Erholung von der Arbeit nicht vermischt werden dürfen. „Wer die tägliche Ruhezeit angreift, treibt ein gefährliches Spiel mit der Gesundheit von Beschäftigten“, so Hans-Jürgen Urban. „Ausreichende Erholungsphasen nach der Arbeit sind für die Gesundheit der Beschäftigten von herausragender Bedeutung. Wird die tägliche Ruhezeit nicht eingehalten, wird körperlicher Erschöpfung und steigendem Unfallrisiko Tür und Tor geöffnet. Wenn Arbeitgeber die Beschäftigten zusätzlichen Gesundheitsrisiken aussetzen wollen und gleichzeitig einen drohenden Fachkräftemangel beklagen, machen sie sich massiv unglaubwürdig.“

Die Ergebnisse der aktuellen WSI-Studie zeigen nun klipp und klar: Die Wünsche der Arbeitgeber nach zusätzlicher Flexibilisierung sind nicht nur arbeitsmedizinisch unhaltbar. Sie entsprechen auch in keiner Weise den Wünschen von Beschäftigten im Allgemeinen und von Eltern im Besonderen. Die von den Arbeitgebern immer wieder geforderten Flexibilisierungswünsche, das wird mit den WSI-Daten evident, laufen konträr zu den Arbeitszeitwünschen der Beschäftigten.


Feierabend zwischen 14 und 17 Uhr

Insgesamt, so das Ergebnis der Studie, wollen lediglich drei Prozent der Beschäftigten nach 18 Uhr Feierabend machen – und das gilt gleichermaßen für Frauen wie für Männer. Der größte Teil der Beschäftigten dagegen möchte, je nach individuellen Arbeitsbeginn, zwischen 14 und 17 Uhr die Arbeit beenden.

Es zeigt sich hier: Je früher die Beschäftigten in den Arbeitstag starten, desto früher möchten sie den Arbeitstag beenden. Beschäftigte, die sich zum Beispiel einen Arbeitsbeginn um sechs beziehungsweise sieben Uhr früh wünschen, wollen häufig um 14 Uhr beziehungsweise 15 Uhr Feierabend machen. Ist der gewünschte Arbeitsbeginn hingegen erst um zehn Uhr, wollen Beschäftigte zwischen 16 Uhr und 18 Uhr Feierabend machen.

Besonders aufschlussreich dabei: Die durch die Studie ermittelten Arbeitszeitwünsche zeigen sich sowohl bei Eltern wie auch bei kinderlose Beschäftigte. Der Wunsch nach einem Feierabend nach 18 Uhr ist bei beiden Gruppen wenig verbreitet. Das favorisierte Arbeitsende bewegt sich je nach Arbeitsbeginn zwischen 14 Uhr und 17 Uhr.

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