Menschenrechte und Umwelt schützen
Lieferkettengesetz nimmt Fahrt auf - auch in ganz Europa

Immer mehr Unternehmen müssen das Lieferkettengesetz in Deutschland beachten. Der Schwellenwert sinkt von 3000 auf 1000 Beschäftigte. Auch auf europäischer Ebene gibt es neue Entwicklungen.

20. Dezember 202220. 12. 2022 |
Aktualisiert am 16. Dezember 202316. 12. 2023


Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) gilt unabhängig von der Rechtsform für alle größeren Unternehmen mit Sitz in Deutschland. Es gibt zwei Stufen des Inkrafttretens. Ab dem 1. Januar 2023 für Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten in Deutschland. Ab dem 1. Januar 2024 für Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden. 

Zudem hat sich das Europäische Parlament mit den EU-Mitgliedsstaaten am 14. Dezember 2023 auf ein europäisches Lieferkettengesetz geeinigt. Damit sind einige wichtige Forderungen der IG Metall erfüllt worden, die zusammen mit misereor, Brot für die Welt und BUND in einer gemeinsamen Erklärung im Vorfeld der Verhandlungen gestellt wurden. Die Einigung wird im Binnenmarkt einheitliche Regeln für die unternehmerische Sorgfaltspflicht schaffen. Das bestehende deutsche Lieferkettengesetz wird in den nächsten Jahren an die schärferen europäischen Bestimmungen angepasst. 

Was erwartet Arbeitnehmervertreter im Jahr 2024? Durch die Absenkung der Beschäftigtenschwelle auf 1000 Beschäftigte werden im kommenden Jahr hunderte weitere Unternehmen im Organisationsbereich der IG Metall vom LkSG erfasst. Viele Betriebsräte in den Gesamt-, Konzern- oder Europäischen Betriebsräten sowie in den Aufsichtsräten werden dadurch mit den neuen gesetzlichen Anforderungen an die unternehmerische Sorgfaltspflicht konfrontiert. Die Unternehmen werden verpflichtet, ihre Lieferketten sowie den eigenen Geschäftsbereich in Deutschland, Europa und weltweit so zu organisieren, dass Menschen- und Umweltrechte eingehalten werden.

Warum braucht es eine gesetzliche Regelung? Millionen Menschen leben und arbeiten weltweit unter katastrophalen Bedingungen, weil soziale Mindeststandards wie das Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit nicht eingehalten werden. So leben etwa 160 Millionen Kinder unter ausbeuterischen Bedingungen in Textilfabriken, Steinbrüchen oder auf Kaffeeplantagen – auch für viele Produkte in Deutschland. Um dagegen anzugehen wurde der Gesetzgeber aktiv. Das Lieferkettengesetz ist ein wichtiger Ansatz, dass Unternehmen in Zukunft nachhaltiger wirtschaften. Produkte dürfen nicht durch Ausbeutung zustande gekommen sein. In einem Produkt darf keine Kinderarbeit stecken. Illegale Abholzung, Wasser- und Luftverschmutzung müssen vermieden werden.

  • Das Lieferkettengesetz umfasst nicht nur die Zulieferer in fernen Ländern, deren Arbeitsbedingungen oft nicht mit europäischen Verhältnissen vergleichbar sind. Unter das Lieferkettengesetz fallen auch die unternehmensinternen Lieferbeziehungen in Deutschland und Europa, d.h. der gesamte eigene Geschäftsbereich mit allen Niederlassungen und Standorten.
  • Lieferengpässe und Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten, Rohstoffen und Energieträgern, die beschäftigungsrelevant sind, rücken immer stärker in den Fokus der Arbeitnehmervertreter. Das LkSG kann dabei u.a. im Wirtschaftsausschuss genutzt werden, um Transparenz herzustellen und Alternativen zu diskutieren.
  • Viele Betriebsrats- und Gewerkschaftsthemen im Unternehmen betreffen die Menschenrechte und damit Fragen der Nachhaltigkeit und des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes. Die täglichen Herausforderungen für Betriebsräte, Vertrauensleute, gewerkschaftliche Betriebsbetreuer und Unternehmensbeauftragte im Betrieb und Unternehmen haben einen unmittelbaren Bezug zum LkSG. Das ist zum Beispiel der Fall beim Arbeits- und Gesundheitsschutz, bei der Durchsetzung existenzsichernder Löhne, dem Recht auf Tarifverträge, der Behandlung von Leiharbeitskräften und der Bekämpfung von Zwangs- und Kinderarbeit.
  • Der IG Metall Funktionsbereich Betriebspolitik unterstützt die Betriebsräte bei der Umsetzung und Anwendung der Bestimmungen. Materialien können im Aktivenportal bezogen werden, u.a. ein Leitfaden zur Gesamtumsetzung und Handlungshilfen zur gesetzlich notwendigen Formulierung von menschenrechtlichen Grundsatzerklärungen oder der mitbestimmten Einrichtung von Beschwerdeverfahren im Unternehmen.

  • Die nächste Kurzschulung ist am 18. Januar 2024 um 10.00 Uhr (Hier klicken, um an der Besprechung teilzunehmen).

  • Kontaktaufnahme zur Beratung: betriebspolitik@igmetall.de

Weiterführende Informationen

Kernarbeitsnormen der IAO

Hintergrund und Einführung zur Unternehmensverantwortung auf globaler Ebene

Multistakeholeder Branchendialoge der Bundesregierung

Überblick zum Lieferkettengesetz des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA)

Dokumente zum Lieferkettengesetz

Risiken ermitteln, gewichten und priorisieren - Handreichung zur Umsetzung einer Risikoanalyse nach den Vorgaben des Lieferkettensorgfaltspichtengesetzes

Das ist wichtig zu wissen:

  • Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz bezieht sich auf die gesamte Lieferkette. Es unterscheidet zwischen dem eigenen Geschäftsbereich, den unmittelbaren Zulieferern und den mittelbaren Zulieferern.
  • Kern der im Gesetz festgelegten Sorgfaltspflichten ist die Einrichtung eines Risikomanagements und die Risikoanalyse. Es müssen geeignete Maßnahmen in allen maßgeblichen Geschäftsbereichen des Unternehmens etabliert werden, "die es ermöglichen, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken zu erkennen und zu minimieren sowie Verletzungen menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten zu verhindern, zu beenden oder deren Ausmaß zu minimieren, wenn das Unternehmen diese Risiken oder Verletzungen innerhalb der Lieferkette verursacht oder dazu beigetragen hat.
  • Ferner wird es obligatorisch, ein unternehmensinternes Beschwerdeverfahren einzurichten, über das mögliche Risiken und Verletzungen von Menschenrechten in der Lieferkette unter Wahrung der Vertraulichkeit gemeldet werden können. 

Ab dem 1. Januar 2024 richtet sich das Gesetz an deutsche Unternehmen ab 1000 regelmäßig beschäftigte Arbeitnehmende. Betroffen sind solche Unternehmen, die ihren Sitz in Deutschland haben und regelmäßig mindestens 1.000 Arbeitnehmende im Inland beschäftigen. Auch ausländische Unternehmen mit einer Zweigniederlassung in Deutschland, die im Inland ebenfalls regelmäßig mindestens 1.000 Arbeitnehmende beschäftigen, werden erfasst.

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