Datenschutz
Der Medizinische Dienst und die Gesundheitsdaten

Die Verarbeitung von Gesundheitsdaten eines Beschäftigten zur Prüfung seiner Arbeitsfähigkeit darf nur dann erfolgen, wenn diese Daten von Fachpersonal oder unter dessen Verantwortung verarbeitet werden und dieses Personal dem Berufsgeheimnis unterliegt.

17. Juni 202517. 6. 2025


Bei Zweifeln an Krankschreibungen kann der Medizinische Dienst eingeschaltet werden.

Nach Artikel 9 Abs 1 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten wie unter anderem Gesundheitsdaten zwar grundsätzlich untersagt. Dieses Verbot gilt nach Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe h DSGVO aber nicht in Fällen, in denen die Verarbeitung für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit eines Beschäftigten vorbehaltlich der in Artikel 9 Absatz 3 DSGVO genannten Bedingungen und Garantien erforderlich ist.

Nach Paragraf 275 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b Sozialgesetzbuch V (SGB) sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen – oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist – verpflichtet, bei Arbeitsunfähigkeit zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung einzuholen.
 

Medizinischer Dienst soll Unsicherheiten und Zweifel ausräumen

Nach Paragraf 276 Absatz 2 Satz 1 SGB V darf der Medizinische Dienst Sozialdaten erheben und speichern sowie einem anderen Medizinischen Dienst übermitteln, soweit dies für die Prüfungen, Beratungen und gutachtlichen Stellungnahmen nach Paragraf 275 SGB V erforderlich ist. Der im deutschen Recht in Paragraf 67 Absatz 2 SGB X definierte Begriff der Sozialdaten schließt Gesundheitsdaten im Sinne von Artikel 4 Nummer 15 DSGVO ein.

Die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst ist geeignet, Unsicherheiten unter anderem über die Berechtigung des Bezugs von Krankengeld auszuräumen. Es liegt im Interesse der Versicherten, dass diese Begutachtung durch den Medizinischen Dienst als einer von der leistungsgewährenden Krankenkasse unabhängigen Stelle durchgeführt wird. Die Begutachtung zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit durch einen Medizinischen Dienst unter Nutzung von dessen Fachkunde liegt zudem im gesamtgesellschaftlichen Interesse, da sie die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Verfahren zur Abrechnung von Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen sicherstellt. Dies wiederum dient der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt.
 

Ärzte des Medizinischen Dienstes unterliegen Berufsgeheimnispflicht

Nach Artikel 9 Absatz 3 DSGVO darf eine Verarbeitung von Gesundheitsdaten eines Beschäftigten zur Prüfung seiner Arbeitsfähigkeit nur dann erfolgen, wenn diese Daten von Fachpersonal oder unter dessen Verantwortung verarbeitet werden und dieses Personal dem Berufsgeheimnis unterliegt. Die beim Medizinischen Dienst mit der Erstellung einer medizinischen Stellungnahme befassten Ärzte unterliegen nach Paragraf 203 Absatz 1 Nummer 1 Strafgesetzbuch (StGB) einer strafbewehrten Berufsgeheimnispflicht. Das übrige Verwaltungs- und IT-Personal muss aufgrund arbeits-/dienstrechtlicher Pflichten das Sozialgeheimnis wahren, dem der Medizinischer Dienst unterliegt und das als Berufsgeheimnis im Sinne des Artikel 9 Absatz 3 DSGVO zu werten ist. Das Sozialgeheimnis zielt darauf ab, Geheimnisse in vergleichbarem Maße institutionell zu schützen wie personale Berufsgeheimnisse. Zudem unterliegen die nichtärztlichen Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes soweit ihre berufliche Tätigkeit es mit sich bringt, dass ihnen Gesundheitsdaten Betroffener bekannt werden, als mitwirkende Personen jedenfalls einer nach Paragraf 203 Absatz 4 StGB strafbewehrten Geheimhaltungspflicht.

Die oben dargestellten Grundsätze gelten auch dann, wenn es sich um die Überprüfung von Krankschreibungen von eigenen Beschäftigten des mit der Überprüfung beauftragten Medizinischen Dienstes handelt.

BAG vom 20.Juni 2024 – 8 AZR 253/20

Mehr zu „Arbeitsrecht“
Eine Anwältin hält ein Gesetzbuch in der Hand

Allgemeines GleichbehandlungsgesetzBenachteiligung von Schwerbehinderten

Schwerbehinderte oder Gleichgestellte haben einen Anspruch auf Entschädigung, wenn sie wegen ihrer Schwerbehinderung benachteiligt worden sind.

GleichbehandlungsgesetzAltersgrenzen bei Beendigung und Begründung von Arbeitsverhältnissen

Diskriminierungen wegen des Alters sind nicht erlaubt. Nach Paragraf 10 Absatz 1 Satz 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist allerdings eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters dann zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist.

Frau macht an der Arbeit eine Raucherpause

RuhepausenArbeit und Pause

In den Betrieben besteht manchmal Unklarheit darüber, was als Arbeitszeit zu gelten hat und was Pausen sind. Ruhezeit und Arbeit schließen sich gegenseitig aus.

Familie im Freizeitpark

TarifvertragFreizeit statt Geld

Entscheidung zur Berechnung der Umwandlung vom tariflichen Zusatzgeld in bezahlte Freistellung.

Ein Mann späht offenbar heimlich mit einem Fernglas durch eine Jalousie

DatenschutzNur ausnahmsweise ist der Einsatz von Detektiven zur Überwachung zulässig

Lässt ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer wegen des Verdachts einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit durch Detektive überwachen und dokumentieren die dabei den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers, handelt es es sich um die Verarbeitung von Gesundheitsdaten im Sinne der Datenschutzgrundverordnung.

ArbeitsrechtRückzahlung von Ausbildungs- und Studienkosten

Werden Ausbildungskosten fremdfinanziert, werden oftmals Rückzahlungspflichten vereinbart, falls kein Arbeitsverhältnis zustande kommt oder vorzeitig beendet wird. Das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass solche Vereinbarungen unter bestimmten umständen zulässig sein können – aber nicht immer.

Ein Richterhammer liegt auf einem Tisch vor einem gelben Schutzhelm im Hintergrund als Symbolbild für Arbeitsrecht

ArbeitsrechtArbeitsverhältnis bei Betriebsübergang

Mit einem Betriebsübergang gehen auch die Arbeitsverhältnisse auf den Betriebserwerber über.

Icon zur Bundestagswahl 2021

 BetriebsverfassungsgesetzRechtsprechungsübersicht

Wir stellen für Euch regelmäßig wichtige und wissenswerte Entscheidungen zusammen.

Betriebsrat Ercan Kaya liest im Betriebsverfassungsgesetz bei Donges in Darmstadt

BetriebsverfassungVergütung freigestellter Betriebsratsmitglieder

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts steht dem Betriebsrat kein Mitbeurteilungsrecht nach Paragraf 99 BetrVG zu, wenn es um eine Anpassung der Vergütung eines freigestellten Betriebsratsmitglieds geht.

Richtergavel auf  einem Stapel Euro-Banknoten

BAG-UrteilÜberstunden von Teilzeitbeschäftigten

Das Bundesarbeitsgericht hat über die Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten durch Verweigerung von Überstundenzuschlägen geurteilt.

ein Würfel mit Paragraf darauf ist eingeklemmt zwischen den Köpfen zweier Spielfiguren

BAG-UrteilProbezeit und Befristung

Die Vereinbarung eines befristeten Arbeitsverhältnisses dient häufig dazu, neu eingestellte Arbeitnehmer zu erproben. Die Probezeit darf aber nicht die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses umfassen.

Richtergavel auf  einem Stapel Euro-Banknoten

ArbeitsrechtVerdienstanrechnung

Verdienstanrechnung bei gewonnener Kündigungsschutzklage eines Beschäftigten und Annahmeverzug des Arbeitgebers.

Schwerpunktthemen

Wöchentlich „Aktuelles für Aktive“