Wo kann die IG Metall in wenigen Tagen 1000 Beschäftigte im Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik-(SHK-)Handwerk ansprechen? Auf regionalen Fachmessen. Die IG Metall Nordrhein-Westfalen war mit einem eigenen Stand fünf Tage auf der SHK-Messe in Essen. Den Stand betreuten Betriebsräte und Tarifkommissionsmitglieder aus SHK-Handwerksbetrieben, die sich dafür extra frei genommen haben, sowie hauptamtliche Handwerkssekretäre der IG Metall aus dem Bezirk NRW und vom IG Metall-Vorstand.
Und es hat sich gelohnt: Mehr als 1000 Leute waren am IG Metall-Stand. Sie haben 400 Kontakte eingesammelt, von Handwerkerinnen und Handwerkern, die gerne weitere Infos bekommen wollen. Und sie haben am Stand 20 neue Mitglieder in die IG Metall aufgenommen.
Wie Beschäftigte in Kleinstbetrieben erreichen?
Die meisten SHK-Beschäftigten, die zum Stand kamen, wussten vorher nichts über die IG Metall - und dass sie auch für ihren Betrieb und ihre Arbeitsbedingungen zuständig ist.
„Im Sanitär-, Heizung- und Klimahandwerk haben wir meist Kleinstbetriebe mit drei, vier Beschäftigten, die meist keine Betriebsräte oder andere Ansprechpartner haben“, erklärt Michael Neuhaus, Mitglied der Tarifkommission und Vizepräsident der Handwerkskammer Südwestfalen.
Wie erreichen wir also die Beschäftigten und Auszubildenden - und gewinnen Mitglieder? Das war seit Jahren Thema in Versammlungen und in der Tarifkommission. Sie haben vieles probiert - Radiosendungen, Telefonaktionen, Flugblätter vor Betrieben verteilen, Abendveranstaltungen – mir eher wenig Erfolg.
Jetzt haben die SHKler in NRW im Rahmen des Projekts „IG Metall vom Betrieb aus denken“ unter anderem die Idee des Stands auf der SHK-Messe in Essen entwickelt.
Viele Gesprächsanlässe am Stand
Am Stand gab es ein Glücksrad mit Fragen zur IG Metall, zu Tarif und Arbeitsrecht, zur SHK-Branche und Fragen zur Gesellschaftspolitik. So kamen sie mit den Beschäftigten ins Gespräch über ihre Arbeitsbedingungen, etwa warum sie 48 Stunden in der Woche arbeiten müssen, obwohl im Tarifvertrag 37 Stunden stehen. Top-Thema war jedoch die Bezahlung.
Die Fragen haben die Standbetreuer zuvor gemeinsam entwickelt – und dabei nach Fragen für Auszubildende und ausgelernte Monteure unterschieden.
Neben dem Glücksrad gab es ein Gewinnspiel am Stand. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten etwa schätzen, wie viele Teile in einem Behälter liegen – und konnten dabei hochwertiges Werkzeug und Arbeitsausrüstung gewinnen.
Am Stand hatten sie neben Flyern, Drinks, Energy Drinks mit IG Metall-Logo, Popcorn und Pixi-Büchern („Carlo, Fabio und Mama streiken“) auch eine Liste mit den Kontaktdaten der Handwerks- und Jugendsekretäre der IG Metall-Geschäftsstellen vor Ort.
Um noch mehr Gesprächssituation zu schaffen, verteilten sie Flugblätter in den Hallen: „Wir machen Tarifverträge für Euch“.
Die Reaktionen waren fast immer positiv, erzählen die Aktiven: „Ach Ihr seid die, die für uns verhandeln. Ihr seid die Guten!“
Vor allem konnte sich die IG Metall auf der Messe als kompetente Informationsquelle präsentieren – sogar für die Arbeitgeber, die oft nur spärlich Informationen bekommen, berichtet Thomas Schröder, Ausbilder im Bildungszentrum der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik in Herford. „Einer unserer Kollegen, der auch Betriebsinhaber ist, kam an den Stand und fragte mich nach der nächsten Tariferhöhung.“
Viele Auszubildende erreicht
„Ich hätte nicht gedacht, dass wir auf der Messe Kontakt zu so vielen Azubis bekommen“, meint Klaus Brasse, Kundenmonteur bei Kleinschmidt Sanitär+Heizungstechnik in Arnsberg, sowie Mitglied der Verhandlungskommission für das SHK-Handwerk NRW. Bei den Gesprächen kam auch erneut heraus, wie sehr es oft an den Ausbildungsbedingungen in den Betrieben hapert. Oft müssen Azubis vor allem Werkzeugkoffer und Zementsäcke schleppen.
Die meisten Auszubildenden hatten zuvor noch nie von der IG Metall gehört.
„Sie werden an der Berufsschule nicht aufgeklärt, obwohl das eigentlich zum Lernprogramm gehört. Viele denken, sie können erst Mitglied werden, wenn sie ausgelernt haben“, berichtet Violetta Balbino-Schulz. Sie ist Betriebsrätin bei Heinze & Rincke in Münster, Heizungs- und Sanitärinstallationsbetrieb mit 50 Beschäftigten und Mitglied der SHK-Tarifkommission. „Von daher war das mit der Messe eine super Idee. Wir konnten dort mit vielen Azubis sprechen, die niemand im Betrieb haben, und sie waren dankbar für die Beratung.“
Sogar Berufsschullehrer kamen an den Stand und fragten nach IG Metall-Ansprechpartnern bei sich vor Ort.
Handwerk wächst – Potenzial für die IG Metall
„Das Handwerk wächst. In den nächsten Jahren werden viele Arbeitsplätze aufgebaut“, macht Patrick Loos klar. „Wir müssen uns als IG Metall um die Wirtschaftsbereiche kümmern, die wachsen.“
Kollege Loos koordiniert die Handwerksarbeit beim IG Metall-Bezirk Nordrhein-Westfalen und ist Verhandlungsführer in Tarifverhandlungen.
Besonders wichtig war, dass Kolleginnen und Kollegen aus den Betrieben mit am Stand waren, erklärt Patrick Loos. „Sie haben die Kolleginnen und Kollegen aus der betrieblichen Realität beraten und erzählt, was die IG Metall macht – und wie sie Tarife verhandeln. Und die Arbeitgeber und Vertreter der Innungen waren waren genervt, dass wir auf ‚ihrer Messe‘ waren. Das gibt mir auch als Verhandlungsführer Rückenwind.“
Das Fazit: Der Messestand hat die zuvor gesetzten Ziele übertroffen. Aber eine Steigerung ist möglich. Die SHKler in NRW wollen das Konzept weiterentwickeln.
Weitere Infos und Hintergründe: shk.nrw.igmetall.de
