Tarifrunde Textil und Bekleidung West 2023
Arbeitgeberverband weist Forderung nach 8 Prozent zurück

Die Arbeitgeber zeichnen ein düsteres Zukunftsbild der Branche und weisen die Forderungen der IG Metall-Mitglieder vehement zurück. Die Beschäftigten halten mit deutlichen Worten dagegen. Die erste Tarifverhandlung in der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie endet ohne Ergebnis.

8. Februar 20238. 2. 2023


IG Metall und Arbeitgeber beenden die erste Tarifverhandlung der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie gestern ergebnislos. Ein Angebot der Arbeitgeber blieb aus. Die IG Metall fordert 8 Prozent mehr Geld, mindestens aber 200 Euro pro Monat, um die unteren Einkommen besonders zu stärken. Der Tarifvertrag zur Altersteilzeit soll erhalten bleiben und die Konditionen verbessert werden.

Die Verhandlungsführerin der IG Metall, Miriam Bürger, kritisierte die Ablehnungshaltung der Arbeitgeber im Anschluss an die Verhandlung. „Die Textilbranche muss attraktiv bleiben, sie darf von anderen Industriebranchen nicht abgehängt werden. Die Einkommen der Beschäftigten müssen deshalb unverzüglich und deutlich steigen. In der Branche werden nach wie vor wichtige Teile und Zulieferprodukte gefertigt, die an vielen Stellen auch für die Transformation der gesamten Industrie von Relevanz sind.“


Massiver Arbeitskräftemangel durch niedriges Einkommen

Die Forderung der IG Metall nach 8 Prozent, mindestens jedoch 200 Euro im Monat mehr, ist der ökonomischen Situation der Branche völlig angemessen und berücksichtigt auch die allgemeine Preisentwicklung, die zu einem deutlichen Reallohnverlust in den Belegschaften führt. Genauso wichtig: „Sowohl in der Textil- als auch in der Bekleidungsbranche klagen etwa ein Drittel der Betriebe über Arbeitskräftemangel. Einfache Rechnung: Wer Fach- und Arbeitskräfte will, muss diese angemessen bezahlen. Die Branchenlöhne müssen steigen“, sagt Miriam Bürger. Knapp 38 Prozent der Unternehmen in der Bekleidungsindustrie und 28 Prozent in der Textilindustrie klagen über Arbeitskräftemangel (Stand: Januar 2023).

Das nehmen auch die Beschäftigten in den Unternehmen so wahr. „Der Fachkräftemangel ist selbst verschuldet. Die Arbeitgeber wehren sich seit Jahren gegen eine tarifliche Übernahmepflicht für Auszubildende und die Einkommen reichen für viele nicht mehr, um gut davon zu leben“, sagt Heike Lange, Verhandlungskommissionsmitglied der IG Metall, im Anschluss an die Verhandlung. „Es ist erschreckend, wie wenig den Arbeitgebern ihre Beschäftigten wert zu sein scheinen, wenn sie uns trotz der prekären Lage nicht mehr Geld bieten. Die Textil- und Bekleidungsindustrie muss attraktiver werden.“

 

Arbeitgeber wehren sich gegen Altersteilzeit

Besonders betroffen von den massiven Preissteigerungen sind auch in diesen Branchen die unteren Entgeltgruppen. Für Beschäftigte mit niedrigen Einkommen schlägt die Inflation noch deutlicher zu Buche, als für einkommensstarke Beschäftigtengruppen. Ihre haushaltsspezifische Teuerungsrate lag 2022 mit 8,8 Prozent sogar noch über der allgemeinen Inflation. Ein monatliches Plus von 200 Euro bedeutet eine überproportionale Einkommenserhöhung für alle Beschäftigten, deren Einkommen weniger als 2.500 Euro im Monat beträgt. Auch gegen die Forderung nach der Fortsetzung der Altersteilzeit sperrt sich die Arbeitgeberseite vehement.

Die Arbeitgeber malten nicht nur ein düsteres Zukunftsbild für ihre eigenen Branchen, sie wiesen auch die Forderung nach Verlängerung der Altersteilzeit als „aus der Zeit gefallen“ zurück. Christian Schnellbach, Verhandlungskommissionsmitglied der IG Metall, führt dazu an: „Wir brauchen in der Branche die Altersteilzeit. Die Belastung der Beschäftigten ist enorm. Die Arbeitgeber sind in der Bringschuld. Um dem Arbeitskräftemangel zu begegnen, sollten sie Auszubildende unbefristet übernehmen, statt den Älteren den Übergang in die Rente zu erschweren.“

Die Arbeitgeber sprachen bei der Verhandlung von einem „Schicksalsjahr 2023“. „Ja, es wird ein Schicksalsjahr, wenn sich die Arbeitgeber weiter stur stellen. Unsere Forderung muss erfüllt werden, ansonsten werden wir den Druck in den Betrieben deutlich erhöhen. Unserer Kolleginnen und Kollegen sind kampfbereit“, sagt Christian Schnellbach weiter. Die nächste Verhandlung findet am 28. Februar in Ingolstadt statt, in der Nacht endet auch die Friedenspflicht. In den Betrieben laufen bereits Planungen zu Aktionen und Warnstreiks.

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