Textil und Bekleidung: Neue tarifliche Regelungen Nachtzuschläge
Höhere Nachtzuschläge vereinbart

In der Textil- und Bekleidungsindustrie vergüten die Arbeitgeber den Nachtzuschlag oft unterschiedlich. Nach den Erfolgen in Hessen, Rheinland-Pfalz, im Saarland, in Niedersachsen, Bremen und an der Küste gibt es nun auch höhere Nachtzuschläge für die Beschäftigten im Osten.

11. Dezember 202011. 12. 2020 |
Aktualisiert am 10. März 202110. 3. 2021


Im Tarifstreit um höhere Nachtzuschläge für Wechselschichtarbeiterinnen und -arbeiter in der Textil- und Bekleidungsindustrie hat die IG Metall nun auch mit den Arbeitgebern im Osten neue Regelungen vereinbart. Zuvor hatten wir bereits an der Küste, in Hessen, Rheinland-Pfalz, im Saarland sowie in Niedersachsen und Bremen für einen Großteil der Beschäftigten höhere Nachtzuschläge erreicht.

Die Nachtschichtbeschäftigten in der ostdeutschen Textil-und Bekleidungsindustrie bekommen von 0.00 bis 4.00 Uhr rückwirkend zum 1. Januar 2021 künftig einen Nachtschichtzuschlag von 27 Prozent ausgezahlt. Dieser Aufschlag erhöht sich 2022 auf 28 Prozent und 2023 nochmals auf 30 Prozent. Außerdem wird künftig auch die Frühschicht von 4.00 bis 6.00 Uhr mit einem Aufschlag von 25 Prozent vergütet. Nicht nur wurde somit eine Erhöhung der Nachtschichtzuschläge erreicht, die Verhandlungsführer der IG Metall konnten auch durchsetzen, dass die Zuschläge für Mehrarbeit auch weiterhin zu den Zuschlägen der Nachtarbeit erhalten bleiben.


„Freiwillige betriebliche Zulagen“ sind jetzt gesicherte Tarifbestandteile

Im Bezirk Küste lagen die bisher real gezahlten tariflichen Zuschläge in der Zweischicht in der Zeit von 20 bis 22 Uhr bei zehn Prozent. In einem Dreischichtmodell gab es für die Zeit von 22 bis 6 Uhr 20 Prozent Nachtarbeitszuschläge. In gut organisierten Betrieben haben die Beschäftigten in der Vergangenheit durchgesetzt, dass die Unternehmen zusätzlich eine freiwillige betriebliche Zulage bezahlt haben.

Die neue Regelung ab Januar 2021 sichert für Nachtzuschläge bisher gezahlte „freiwillige betriebliche Zulagen“ als Tarifbestandteile. Bei freiwilligen betrieblichen Zulagen, die höher ausfallen als die neuen tariflichen Nachtarbeitszulagen, bleibt der höhere Betrag als betriebliche Zulage bestehen.

Für Beschäftigte in Betrieben ohne freiwillige betriebliche Zulage und mit Anerkennungstarifverträgen bewirkt die neue Regelung einen Einkommenszuwachs. Künftig werden in der Zeit von 22 bis 24 Uhr 25 Prozent, in der Zeit von 00 bis 4 Uhr 35 Prozent und von 4 bis 6 Uhr 25 Prozent an die Beschäftigten gezahlt.


Mehr Zuschlag in Niedersachsen und Bremen

In Niedersachsen und in Bremen erhalten künftig Beschäftigte in Nachtschicht im Schnitt 3,75 Prozent mehr Zuschlag. „Hat ein Beschäftigter in seiner Wechselnachtschicht vorher einen Zuschlag von 22,5 Prozent auf seinen Stundenlohn bekommen, wird er ab 2021 zwischen 25 und bis zu 27,5 Prozent je nach Uhrzeit gestaffelt erhalten. Das bedeutet im Mittel ein Plus von 3,75 Prozent pro Stunde“, rechnet der IG Metall-Verhandlungsführer Markus Wente vor.

Die neuen Nachtzuschläge für die Textil-Beschäftigten in Niedersachsen und Bremen gelten ab Januar 2021 – mehr Infos dazu auf der Internetseite der IG Metall Niedersachsen-Sachsen-Anhalt.


Großer Erfolg in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland

Zuvor hatten sich IG Metall und Arbeitgeber in der Textil- und Bekleidungsindustrie in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland über höhere Nachtzuschläge geeinigt.

„Mit den neuen tarifvertraglichen Regelungen, die ab dem 1. Januar 2021 gelten, haben wir eine Ungleichheit in der Branche Textil und Bekleidung in unserem Tarifgebiet beendet und eine höhere Vergütung der regelmäßigen Nachtarbeit erreicht“, sagt Frank Steininger, Verhandlungsführer für die IG Metall und Tarifsekretär für den Bezirk Mitte.

Die Ungleichbehandlung hat in der Vergangenheit darin bestanden, dass Beschäftigte, die regelmäßig nachts gearbeitet haben, tarifvertraglich schlechter als jene gestellt wurden, die unregelmäßig nachts gearbeitet haben.


Nachtzuschläge steigen auf bis zu 35 Prozent

„Wir sind auch sehr froh über diesen Tarifabschluss“, sagt Gisela Tiefensee-Naaber, Betriebsratsvorsitzende von der Motus Headliner GmbH. „Über viele Jahre haben die Wechselschichtler eine sehr niedrige Zulage für ihre regelmäßige Nachtarbeit erhalten. Dabei hat das Bundesarbeitsgericht bereits 2018 festgestellt, dass regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit gleichermaßen gesundheitlich belastend sind und deswegen auch in Tarifverträgen gleich vergütet werden müssen.“

Zum Hintergrund: Früher ging die Arbeitsmedizin davon aus, dass regelmäßige Nachtschicht weniger belastend sei als unregelmäßige. Das gilt längst als überholt. Dennoch haben sich Arbeitgeber geweigert, die Tarifverträge mit der IG Metall zu modernisieren.

Künftig soll die Höhe der Nachtzuschläge stufenweise über die nächsten drei Jahre in den Tarifgebieten auf bis zu 35 Prozent ansteigen. Die Höhe des Zuschlags unterscheidet sich je nach Gebiet und Uhrzeit. Die 35 Prozent werden in der „dunklen Nacht“ von 0 - 4 Uhr erreicht. Auch die erhöhten Zuschläge bleiben steuer- und sozialversicherungsfrei.


Zwei zusätzliche Urlaubstage auch im Saarland

„Der Arbeitsschutz für die Kolleginnen und Kollegen, die in der Nachtschicht tätig sind, wurde durch das Ergebnis gestärkt“, sagt Frank Steininger von der IG Metall. „Das liegt einerseits daran, dass die regelmäßige Nachtarbeit in der Wechselschicht durch die höheren Zuschläge teurer wird und andererseits daran, dass wir Zusatzurlaubstage erhalten beziehungsweise neu vereinbaren konnten.“

In Hessen und Rheinland-Pfalz sind durch bestehende Tarifverträge bereits zwei zusätzliche Urlaubstage für Mehrschichtarbeit in der Textil- und Bekleidungsindustrie vorgesehen – diese bleiben bestehen. Zusätzlich erhalten künftig auch die saarländischen Beschäftigten die zwei zusätzlichen Urlaubstage durch einen Tarifvertrag. Auch gibt es die neue tarifvertragliche Option, durch freiwillige Betriebsvereinbarung Nachtarbeitszuschläge in Zeit zu wandeln.

Zwar werden im Gegenzug Dauernachtzuschläge in Zukunft auf das Niveau der Wechselschichtzuschläge angepasst, durch eine tarifliche Besitzstandsregelung mussten die Arbeitgeber jedoch zusichern, dass Beschäftigte, die noch von den höheren Zuschlägen profitieren, auch in Zukunft weiter die höheren Dauernachtzuschläge erhalten. Gisela Tiefensee-Naaber findet ganz klar, dass die Vorteile überwiegen: „Wir haben mit unseren Forderungen nicht nur über eine prozentuale Erhöhung der Nachtschichtzuschläge den Ausgleich gefunden, sondern auch über freie Tage – was wahrscheinlich noch viel wichtiger ist für den Gesundheitsschutz als nur die prozentuale Erhöhung“, sagt die Betriebsrätin.

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