Metall und Elektro: Angleichung Arbeitszeit Ost
Arbeitgeber verweigern Angleichung der Arbeitsbedingungen im Osten

Bis Ende Juni sollte es eine tarifliche Lösung zur Angleichung der Arbeitszeit in der ostdeutschen Metallindustrie geben. Das hatten die Arbeitgeber zugesagt. Die IG Metall schlug die flexible Einführung der 35-Stunden-Woche über zehn Jahre vor. Doch auch das sechsten Gespräch brachte kein Ergebnis.

24. Juni 201924. 6. 2019


Seit März führt die IG Metall Gespräche mit den Arbeitgebern zur Angleichung der Arbeitszeit in der ostdeutschen Metallindustrie an den Westen. 30 Jahre nach dem Mauerfall arbeiten die ostdeutschen Metallerinnen und Metaller immer noch drei Stunden länger als ihre Kollegen im Westen: 38 statt 35 Stunden in der Woche. Die IG Metall hat in den Gesprächen den „Tarifvertrag Zukunft“ als Lösungsvorschlag vorgelegt: die schrittweise und flexible Einführung der 35-Stunden-Woche, nach Leistungsfähigkeit der Betriebe, über einen Zeitraum von zehn Jahren.

Doch auch das sechste Gespräch zur Angleichung der Arbeitszeit in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie endete ohne Ergebnis - nach 13 Stunden Verhandlung. Weitere Termine wurden nicht vereinbart.

„Wir stellen nach sechs Verhandlungen fest, dass die Arbeitgeber keine Angleichung der Arbeitsbedingungen wollen“, erklärt Olivier Höbel, Verhandlungsführer und Bezirksleiter der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen. „Wir werden weiter für eine soziale Angleichung der Arbeitsbedingungen in Ostdeutschland kämpfen.“


Arbeitgeber fordern Wunscharbeitszeit und Geld von den Beschäftigten

Eigentlich hatten die Arbeitgeber unter Führung des Arbeitgeber-Dachverbandes Gesamtmetall zugesagt, noch im ersten Halbjahr 2019 eine Lösung im Flächentarifvertrag mit der IG Metall zu finden. Doch statt einem verbindlichen Plan zur Angleichung der Arbeitszeit präsentierten die Arbeitgeber Forderungen. Danach wäre die Einführung der 35-Stunden-Woche nicht verbindlich, sondern nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich. Mehr noch: Die Arbeitszeit soll nun nicht mehr im Tarifvertrag sondern im Betrieb geregelt werden.

„Dies hebelt den Tarifvertrag vollkommen aus, anstatt ihn zu stärken“, warnt Höbel. „Das stellt das Tarifvertragssystem insgesamt in Frage: die Bezahlung von Schichtpausen, Zuschläge und Freistellungstage. All das wollen die Arbeitgeber im Osten abschaffen und zudem den Samstag als Regelarbeitstag einführen. Die Vorschläge der Arbeitgeber hätten zur Konsequenz, dass sich Beschäftigte noch weniger als bisher auf verlässliche Arbeitszeiten bauen könnten und damit würde auch das Entgelt schwanken.“

Zudem verlangten die Arbeitgeber „Kostenkompensationen“: Die Beschäftigten sollten jede Minute Arbeitszeitverkürzung selbst bezahlen.


IG Metall warnt Arbeitgeber vor „Deregulierungsfantasien“

Auf dieser Grundlage war für die IG Metall keine Einigung möglich.

Die IG Metall wird weiter eine Lösung suchen. In den letzten Wochen haben die Beschäftigten in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie mit zahlreichen Aktionen für die Einführung der 35-Stunden-Woche auch im Osten Druck gemacht, unter anderem mit einer Aktionswoche Anfang Mai und weiteren Aktionstagen in der letzten Woche.

„Das Blockadeverhalten der Arbeitgeber ist eine Provokation. 30 Jahre nach dem Mauerfall wollen sie die ‘soziale Grenze’ weiter bestehen lassen“, kritisiert Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall. „Wenn die Entscheidung über die Arbeitszeit - so wie es die Arbeitgeber fordern - auf die Betriebsebene verlagert wird, würde die ohnehin schwache Tarifbindung im Osten weiter ausgehöhlt. Gesamtmetall sollte sich angesichts des Zulaufs der Rechtspopulisten gut überlegen, ob sie Ostdeutschland zum Exerzierfeld ihrer Deregulierungsfantasien machen wollen. Die IG Metall steht weiterhin für die Stärkung des Flächentarifvertrages, gerade in Ostdeutschland.“

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