Tarifbindung
IT-Beschäftigte bei HCL setzen Tarifvertrag durch

Gehälter nach Nase, mal mehr, mal weniger, bei gleicher Arbeit? Damit ist Schluss beim IT-Dienstleister HCL in Gifhorn. Mit der IG Metall Wolfsburg haben sie erstmals einen Tarifvertrag durchgesetzt, mit Entgelterhöhungen von bis zu 19 Prozent in 27 Monaten. Zudem werden nun alle fair eingruppiert.

13. Oktober 202313. 10. 2023 |
Aktualisiert am 18. Dezember 202318. 12. 2023


Endlich Tarif: Gemeinsam mit der IG Metall haben die 500 Beschäftigten des IT-Dienstleisters HCL in Gifhorn und Wolfsburg erstmals Tarifverträge durchgesetzt. Ab Juli 2024 gibt es 8,5 Prozent mehr Geld, ab Juli 2025 weitere 8,5 Prozent mehr. Zum 1. Juli 2026 erfolgt eine weitere Erhöhung, mit der die Gehälter weitgehend an den Flächentarif der Metall- und Elektroindustrie angeglichen werden.

Insgesamt steigen die Entgelte vieler Beschäftigter innerhalb von 27 Monaten um bis zu 19 Prozent.

Bislang lagen die Entgelte bei HCL großenteils deutlich unter dem Metall-Tarif.

Doch in den letzten Monaten trat mehr als die Hälfte der Beschäftigte in die IG Metall ein. Im September wählten sie eine Tarifkommission, beschlossen Forderungen, machten Druck mit Aktionen und forderten den Arbeitgeber Anfang Oktober zu Verhandlungen auf.

„Diese Vereinbarung ist ein starker Einstieg zur Angleichung an den Flächentarifvertrag“, erklärt Verhandlungsführer Türker Baloglu von der IG Metall Wolfsburg. „Nach dieser Einstiegsphase, bzw. ab Juli 2027, wollen wir weitere tarifliche Regelungen wie zum Beispiel bezüglich der Arbeitszeit oder Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld angehen.“


Eingruppierung nach ERA für faire Bezahlung

Noch gibt es bei HCL in Gifhorn deutliche Unterschiede beim Gehalt bei gleicher Arbeit. Künftig soll es jedoch eine faire, transparente Bezahlung geben. Ab April 2024 werden die HCL-Beschäftigten in das Entgeltsystem des Metall-Tarifs (Era) eingruppiert.

„Durch eine tarifvertragliche Eingruppierung ist eine faire Vergütung gewährleistet und jetzt auch für den Betriebsrat durchsetzbar“, erklärt der Betriebsratsvorsitzende Sascha Etzrodt, der auch in der Tarifkommission mitwirkte.

Für alle Kolleginnen und Kollegen, deren Entgelt sich schon jetzt über dem Niveau des Flächentarifvertrages bewegt, wird dieses jeweils im Juli 2024, 2025 und 2026 um jeweils 2 Prozent erhöht.


Bonus für IG Metall-Mitglieder

Für HCL-Beschäftigte, die bereits vor Übergabe der Aufforderung zu Tarifverhandlungen Anfang Oktober Mitglied in der IG Metall waren, gibt es bereits im nächsten Jahr eine Sonderzahlung: einen „Treuebonus“ in Höhe von 18 Prozent eines Monatsentgelts.


Jetzt Zukunft des Standorts sichern

Zudem verabredeten IG Metall und Unternehmen, dass sie auch die Zukunft des Standortes sichern wollen. Bis April soll eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden, welche die Qualifizierung der Belegschaft regelt.

„Durch den ausgehandelten Prozess zur Weiterqualifizierung unserer Kolleginnen und Kollegen haben wir gute Aussichten, Arbeitsplätze in Gifhorn zu erhalten und sogar weitere anzusiedeln“, meint Thomas Völker, Beschäftigter bei HCL und Mitglied der Tarifkommission. „Denn mit dem Tarifvertrag werden wir als attraktiver Arbeitgeber in der Region sichtbarer als in der Vergangenheit.“


Mit Tarif mehr Fachkräfte gewinnen

Das sieht auch das Unternehmen HCL so: „HCL setzt darauf, durch klare Regelungen und gezielte Investitionen in Schulungen und Weiterbildungen für Potentialträger eine agile und zukunftsorientierte Belegschaft zu formen“, erklärt die Geschäftsleitung. „Die klaren Richtlinien eines Tarifvertrages fördern zudem Vertrauen und Zusammenarbeit, schaffen ein positives Arbeitsumfeld und positionieren HCL als Arbeitgeber der Wahl in dieser Region.“


HCL-Beschäftigte machten Druck mit Aktionen

Das Verhandlungsergebnis wurde in nur wenigen Wochen erzielt. Das war nur möglich, weil sich die Beschäftigten bei HCL in der IG Metall organisiert und mit Aktionen Druck gemacht haben. Dabei wurden sie auch von Metallerinnen und Metallern aus anderen Betrieben der IG Metall-Geschäftsstelle Wolfsburg unterstützt. „Unsere Kundgebung zur Übergabe der Aufforderung zur Aufnahme von Tarifverhandlungen hat Eindruck gemacht und dem Unternehmen unsere eigene Mobilisierungskraft und die Solidarität der weiteren Betriebe deutlich gemacht“, meint Bettina Pinkle, stellvertretende Betriebsratsvorsitzende und Mitglied der Tarifkommission. „Danke dafür an alle Beteiligten. Das Engagement hat sich ausgezahlt.“

Das Tarifergebnis gilt zunächst für die rund 500 HCL-Beschäftigten der Standorte Gifhorn und Wolfsburg, soll aber auf alle weiteren Standorte der HCL Nord und damit weitere 150 Kolleginnen und Kollegen ausgeweitet werden. Insgesamt arbeiten beim indischen IT-Dienstleister HCL bundesweit rund 1300 Beschäftigte, weltweit mehr als 225.000 Beschäftigte in 60 Ländern.

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