Es geht los. Warnstreik vor dem Verwaltungsgebäude von Musashi Europe in Bad Sobernheim (Rheinland-Pfalz), bei strahlendem Sonnenschein. Die Geschäftsleitung soll sehen, dass sie bereit sind zu kämpfen. Eine Dixieland-Blasband spielt „On the Sunny Side of the Street“. Sie haben alles dabei: Nebelmaschine, Bengalos, T-Shirts für alle: „Zukunft oder Widerstand“.
Geschäftsführung will Sonderzahlungen und Tariferhöhungen kassieren
Musashi braucht Geld – und hat den Beschäftigten eine 10-Punkte-Giftliste vorgelegt: Urlaubs- und Weihnachtsgeld, T-ZUG, T-Geld weg. Verzicht auf künftige Tariferhöhungen.
Zusagen für Arbeitsplätze oder die Zukunft will die Geschäftsleitung ihnen nicht geben. Das machte sie in den Tarifverhandlungen am Montag noch mal klar. Die IG Metall hat daher alle Beschäftigten von Musashi an allen deutschen Standorten zum Warnstreik aufgerufen.
Aus dem Musashi-Werk im benachbarten Bockenau kommen warnstreikende Beschäftigte in einem Autokorso dazu. Auch im 30 Kilometer entfernten Werk Grolsheim steht die Produktion, ebenso wie in Hannoversch Münden und in Luechow (Niedersachsen). Das Musashi-Werk in Leinefelde (Thüringen) ist morgen dran.
„Uns wäre lieber, wenn wir nicht warnstreiken müssten“, erklärt Simone Krämer, die Betriebsratsvorsitzende von Musashi in Bad Sobernheim in ihrer Rede. Sie rechnet vor, was die Geschäftsführung einem Facharbeiter in Entgeltgruppe 5 (Metall-Tarif Rheinland-Rheinhessen) wegnehmen will: über 20.000 Euro in den nächsten drei Jahren. Wie soll das gehen? Die Kosten steigen, alles wird teurer. Und sie haben die Nase voll, dass es immer nur auf ihre Kosten geht, meint Krämer. „Wenn’s der Firma schlecht geht, greifen sie uns in die Taschen. Doch als es der Firma gut ging, haben wir auch nichts abbekommen.“
Zwei Stunden Warnstreik
Schon die Nachtschicht ist heute Morgen in Bad Sobernheim eine Stunde früher raus. Von 13 bis 15 Uhr machen jetzt rund 600 Beschäftigte der Frühschicht, Normalschicht und Spätschicht Ernst. „Es geht hier um unsere Arbeitsplätze und um unser Geld“, macht eine Beschäftigte aus der Verwaltung klar. Sie ist erst vor einigen Tagen IG Metall-Mitglied geworden. „Damit ich mitbestimmen darf“, erklärt sie.
Mitbestimmen wollen sie. Immer wieder weisen sie ihre Vorgesetzten auf Mängel im Betrieb hin - und machen Verbesserungsvorschläge. Seit Jahren. „Die Produktion läuft nicht, da bleibt viel Geld liegen“, kritisiert Ingo Petzold, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Bad Kreuznach in seiner Rede. „Und ist auf Euch gehört worden? Nein. Und jetzt greift Euch die Geschäftsführung in die Taschen. Das lassen wir uns nicht gefallen. Die sollen investieren. Wir wollen Zukunft für alle Standorte von Musashi.“
Giftliste soll vom Tisch – Zukunft für alle Musashi-Standorte
„Wir müssen dem Management zeigen, dass wir zusammenhalten, dass wir das, was wir gemeinsam auf unseren Mitgliederversammlungen beschlossen haben, auch durchziehen“, fordert ein älterer Bürobeschäftigter. „Die sollen ihre 10-Punkte-Liste vom Tisch nehmen.“
In ihren Mitgliederversammlungen und in ihrer selbstgewählten bundesweiten Tarifkommission haben sie Forderungen nach einem Sozialtarifvertrag beschlossen. Außerdem wollen sie über einen Zukunftstarifvertrag sprechen.
„Wir sind vor allem mit rausgekommen, um für unsere Zukunft zu kämpfen“, erklärt ein Azubi, der eine Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker bei Musashi macht. „Als wir hier angefangen haben, dachten wir, wir hätten einen sicheren Arbeitsplatz.“
Das Problem: Musashi stellt vor allem Teile für Verbrenner-Autos her. Um die Elektromobilität hat sich das Management nicht gekümmert.