Metall-Tarifrunde: Warum ein Tarifvertrag Altersteilzeit?
Altersteilzeit – auch Betriebe haben etwas davon

Die IG Metall will den Tarifvertrag zur Altersteilzeit verbessern und fortsetzen. Das lehnen die Arbeitgeber ab. Sie wollen nur diejenigen gehen lassen, die krank und kaputt sind. Altersteilzeit darf kein Gnadenbrot für ausgepowerte Beschäftigte sein.

13. Februar 201513. 2. 2015


Auf den ersten Blick war es ein kleiner Schritt, den die Arbeitgeber in den Verhandlungen auf die IG Metall zugingen: Großzügig boten sie an, eine Altersteilzeit zu gewähren – aber nur für Kranke und besonders Belastete. Wer das dann ist, entscheiden nur sie. Und statt der bisherigen vier sollen nur noch zwei Prozent der Belegschaften einen Anspruch darauf haben, früher auszusteigen.

Auf den zweiten (etwas genaueren) Blick war das Angebot „ein grobes Foul gegen die Gerechtigkeit“, kommentierte Jörg Hofmann das scheinbare Entgegenkommen der Arbeitgeber. Der Zweite IG Metall-Vorsitzende sagte dazu: „Wir wollen faire Ausstiegsoptionen für diejenigen, die sich oft 40 Jahre und mehr den Buckel krumm geschuftet haben.“ Außerdem darf Altersteilzeit kein „Gnadenbrot“ für ausgepowerte Mitarbeiter sein, sondern ein Ausstiegsmodell für alle Beschäftigten – auch solche, die zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung für eine Altersteilzeit gesund sind.

Auch die direkt Betroffenen aus den Betrieben, die zum Teil mit an den Verhandlungstischen sitzen, werten das Arbeitgeberangebot als eine Provokation:

 

Altersteilzeit ist kein Geschenk

Das sagt Dieter Brüggemann, der im Betriebsrat bei Wiederholt in Holzwickede bei Unna ist. „Wer nicht mehr kann, darf in Altersteilzeit gehen – und wer das genau ist, wollen die Arbeitgeber allein bestimmen. Das darf nicht sein. Wir alle finanzieren die Altersteilzeit mit 0,4 Prozent unseres Entgelts, das haben die Tarifvertragsparteien vor Jahren vereinbart. Die Altersteilzeit ist kein Geschenk der Arbeitgeber. Trotzdem wollen sie allein bestimmen, wer früher in Rente gehen darf oder nicht. Das ist Willkür!“

 

Fair sein zu Älteren

„Wenn Mitarbeiter 40 bis 45 Jahre gearbeitet haben und bereit sind, auf Geld zu verzichten, dann sollte man ihnen die Möglichkeit geben, früher zu gehen“, finden die Metaller Ulrich Kunz und Olaf Krage von Kirchhoff in Iserlohn. Denn, so die beiden: „Viele bleiben nur länger, weil sie sich Altersteilzeit nicht leisten können.“

 

Altersteilzeit – gut für die Jungen

„Der noch geltende Tarifvertrag zur Altersteilzeit läuft am 31. März aus“, sagt Klaus Niebusch, Vorsitzender des Betriebsrats von Miele in Gütersloh. „Soll es keinen neuen geben?“ Das würde bedeuten: „Ab 1. April gibt es keine Möglichkeit mehr, Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen. Davor warne ich! Wir brauchen die Altersteilzeit – wir alle, auch die Arbeitgeber. Altersteilzeit ist ein wichtiges Instrument der Personalpolitik. Sie verhindert Entlassungen. Und sie ist ein Grund dafür, dass die nächste Generation in Ausbildung kommt.“

 

Verbessert die Altersteilzeit

Das fordert der Metaller Helmut Rath von Busch-Jaeger in Bad Berleburg-Aue. „Dank Altersteilzeit konnte bei uns in den letzten Jahren jeder zehnte Beschäftigte früher in Rente gehen – sozialverträglich, weil das Unternehmen etwas mehr zahlt als der jetzige Tarifvertrag verlangt.“

Die Argumente für eine bessere Altersteilzeit lassen sich fortsetzen: In ein paar Jahren gehen die starken Jahrgänge der Babyboomer in Rente. Anstatt dann jährlich viele Beschäftigte auf einen Schlag zu verlieren, können die Unternehmen die Altersteilzeit als demographisches Instrument gezielt für geregelte Ein- und Ausstiege einsetzen. Fachkräfte, so argumentieren die Arbeitgeber selbst, wachsen nicht einfach so nach. Das ist nur die halbe Wahrheit, wie ein Zahlenvergleich zeigt: Vier Prozent der Belegschaften können bereits jetzt schon früher aus dem Berufsleben aussteigen. Die Ausbildungsquote in der Metall- und Elektrobranche liegt ebenfalls bei etwa vier Prozent. Das bedeutet: So viele, wie weggehen, kommen auch neu wieder hinzu.

Gleichzeitig können die „alten“ Erfahrenen den „neuen“ Unerfahrenen ihr Wissen nach dem Staffelprinzip von Generation zu Generation weitergeben. Deshalb sollten die Arbeitgeber nicht mauern, sondern die Chance ergreifen, die ihnen die Altersteilzeit für einen organisierten Wissenstransfer bietet.

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