Schrott und Recycling
160 Tage Rekordstreik der „Schrotter“ bei SRW

160 Tage: Es ist der längste Streik in der Geschichte der IG Metall. Der Arbeitgeber – hinter dem der chinesische Chiho-Konzern steckt – muss die Blockade aufgeben, fordern die Beschäftigten der Recyclingfirma SRW in Espenhain/Sachsen. Sie haben ihrem Arbeitgeber nun einen Tarifvertrag zugestellt.

19. Januar 202419. 1. 2024 |
Aktualisiert am 15. April 202415. 4. 2024


Für weniger als 2000 Euro brutto im Monat sortieren sie Metallschrott, im Dreischichtbetrieb. In ihren Blechcontainern ist es im Sommer über 40 Grad heiß und im Winter so kalt wie draußen. Überall ist Metallstaub in der Luft, der sich in die Lunge setzt.

Lohnerhöhungen gab es in den vergangenen Jahren kaum. Zwar hat ihr Arbeitgeber – das zur Scholz-Recycling Gruppe gehörende Schrott- und Recyclingunternehmen SRW metalfloat in Espenhain bei Leipzig – immer wieder viel versprochen. Doch dann kam nichts.

Deshalb streiken sie seit nunmehr 160 Tagen für einen Tarifvertrag: Sie fordern 8 Prozent mehr Geld, jeweils 1500 Euro Urlaubs- und Weihnachtsgeld und eine Verkürzung der Arbeitszeit von 40 auf 38 Stunden.
 

Beschäftigte stellen Tarifvertrag an die Bosse zu

Am Samstag haben sie nun ihrem Arbeitgeber einen Tarifvertrag zugestellt. Sie fordern: Der Arbeitgeber muss seine Blockade endlich aufgeben und an den Verhandlungstisch kommen.

„Wir laden den Arbeitgeber ein, den zugestellten Tarifvertrag zu unterschreiben, den Arbeitskampf damit zu beenden und einen Neustart unserer gemeinsamen Arbeitsbeziehung einzuleiten“, sagte Michael Hecker, Verhandlungsführer und Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig.

Seit Monaten weigert sich SRW zu verhandeln. Dabei steht im Code of Conduct der Scholz-Recycling Gruppe, dass das Recht auf Tarifverhandlungen respektiert, die Bildung von Gewerkschaften anerkannt und ein offener, lösungsorientierter Umgang mit der Arbeitnehmervertretung verfolgt werde. Das Problem: Die Entscheider sitzen weit weg, in Hongkong. Dort ist die Zentrale des chinesischen Chiho-Konzerns, zu dem SRW gehört. Registriert ist Chiho auf den Cayman-Inseln.
 

Geschäftsführung für „Sozialpartnerschaft“ – antwortet aber nicht

Gegenüber Medien hatten SRW und der Mutterkonzern Scholz Recycling Medien behauptet, der Tarifkommission der IG Metall bei SRW sei ein Angebot übermittelt worden, das der Forderung entspräche. Doch Nachfragen der IG Metall danach blieben unbeantwortet – oder die Geschäftsführung teilte mir, dass Thomas Müller als Geschäftsführer der SRW metalfloat keine Angebote abgeben dürfe und keine Legitimation zu verhandeln besäße.

„Wir nehmen den Geschäftsführer beim Wort. Gegenüber einer regionalen Tageszeitung hatte er in einem Interview von funktionierender Sozialpartnerschaft gesprochen“, so Steffen Reißig, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig. „Sozialpartnerschaft besteht in Deutschland aus Arbeitgebern und Gewerkschaften, die rechtsverbindlich Arbeitsbedingungen in Tarifverträgen regeln. Betriebsräte und Arbeitgeber können solche Vereinbarungen gemäß Betriebsverfassungsgesetz nicht ohne Gewerkschaft treffen. Wir stehen jederzeit für einen offenen, lösungsorientierten Umgang zur Verfügung.“

Seit 8. November 2023 streiken die Kolleginnen und Kollegen beim Schrott- und Recyclingunternehmen SRW metalfloat, einer 100-prozentigen Tochter von Scholz Recycling, für ihren Tarifvertrag. Inzwischen hat der Arbeitskampf einen bitteren Rekord gebrochen und ist mit nunmehr 160 Tagen der längste Arbeitskampf, den die IG Metall jemals geführt hat.
 

Bundesweite Welle der Solidarität

Sie halten durch. Und die IG Metall steht hinter ihnen: Täglich treffen Solidaritätsbotschaften, Delegationen und Spenden aus anderen Betrieben und IG Metall-Geschäftsstellen ein.

Der Vorstand der IG Metall hat sich mit einer Resolution hinter die Streikenden bei SRW gestellt. Christiane Benner, die Erste Vorsitzende der IG Metall, hat sie besucht und mit ihnen gemeinsam demonstriert. Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi war bei ihnen – und viele Politiker von SPD, Grünen, CDU und Linken.

Zuletzt waren die Streikenden sogar mit einer kleinen Delegation bei der chinesischen Botschaft in Berlin. 

 

Streikende Beschäftigte von SRW metalfloat stehen an einer Tonne, in der Feuer brennt.

Die Beschäftigten von SRW befinden sich seit dem 8. November im Streik.


Aktuelle Nachrichten und Hintergründe gibt es bei der IG Metall Leipzig.

Mehr erfahren in unserer Reportage: Streikende berichten über ihre Arbeit bei SRW.

Wenn ihr Solibotschaften schicken wollt, sendet diese bitte an: soli-srw(at)igmetall.de

Spenden für die Streikenden bitte überweisen an:

IG Metall
IBAN: DE 23 5005 0000 0000 0010 40
Verwendungszweck: Soli SRW
 

Seit August verweigert der Arbeitgeber Verhandlungen

Die IG Metall fordert gemeinsam mit den Beschäftigten bei SRW 8 Prozent mehr Entgelt, eine Erhöhung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes auf je 1500 Euro und eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 38 Stunden. Der Arbeitgeber verweigert seit August 2023 die Fortführung der Tarifverhandlungen. Nach fünf Warnstreiks stimmten 90 Prozent der IG Metall-Mitglieder bei SRW für einen unbefristeten Streik. Der Streik startete am 8. November und dauert – mit einer Unterbrechung über die Weihnachtsfeiertage – bis heute an.

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