Arbeitsmarkt
Bürgergeld: Was es bringt - und was nicht

Ab Januar 2023 kommt das Bürgergeld. Die Reform des Hartz IV-Systems fällt kleiner aus, als ursprünglich geplant. Einige Dinge verbessern sich grundlegend. Andere bleiben eine Baustelle. Ein Überblick.

21. Juli 202221. 7. 2022 |
Aktualisiert am 25. November 202225. 11. 2022


Arbeitssuchende, Geringverdiener und viele Alleinerziehende: Sie erhalten ab Januar 2023 statt Hartz IV das neue Bürgergeld.

Die Ampel-Koalition hat das Bürgergeld als große Reform der Grundsicherung geplant. Nach zähem Ringen mit den Unionsparteien musste sie allerdings einige wichtige Regelungen verschärfen – bei den möglichen Sanktionen und beim sogenannten Schonvermögen.

Die Abkehr von Hartz IV fällt deshalb weniger deutlich aus, als ursprünglich geplant.

Wir zeigen die positiven Punkte der Reform – und die, bei denen das Bürgergeld nicht weit genug geht.


Ersparnisse geschützt:

Bürgergeld-Bezieher müssen künftig nicht gleich sämtliche Ersparnisse aufbrauchen. In den ersten 12 Monaten gilt eine Karenzzeit fürs private Vermögen: 40.000 Euro sind geschützt. Für jede weitere Person in einer Bedarfsgemeinschaft kommen 15.000 Euro hinzu. Bei einer vierköpfigen Familie sind also 85.000 Euro Erspartes ein Jahr lang geschützt.


Schonvermögen:

Auch nach den ersten zwölf Monaten des Bürgergeld-Bezugs bleibt ein Schonvermögen, das nicht angetastet wird. Es liegt bei 15 000 Euro.


Altersvorsorge bleibt unangetastet:

Altersvorsorge wird bei der Vermögensprüfung ausgeklammert und bleibt geschützt. Wer Geld fürs Alter angelegt hat muss dieses Geld also nicht aufbrauchen, während er oder sie Bürgergeld bezieht.


Kein Zwangsumzug:

Die Angemessenheit der Wohnung prüft das Amt erst nach 12 Monaten. Zwangsumzüge gibt es in dieser Zeit dann nicht mehr.


Vermittlung in Arbeit:

Die Bundesregierung will, dass Weiterbildung und der Erwerb eines Berufsabschlusses künftig im Vordergrund stehen. Dazu schafft sie mit dem Bürgergeld neue Angebote und stellt mehr Geld bereit. Der sogenannte Vermittlungsvorrang fällt weg. Heißt: Lieber später einen qualifizierten Job als sofort einen Aushilfsjob.

Mit dem Weiterbildungsgeld wird ein zusätzlicher finanzieller Anreiz für Qualifizierung geschaffen. Wer etwa einen Berufsabschluss nachholt, kann künftig statt bisher zwei dann für bis zu drei Jahre Förderung erhalten.

Der Soziale Arbeitsmarkt wird entfristet und dauerhaft verankert. Das erleichtert Langzeitarbeitslosen den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben.


Sanktionen:

Kürzungen des Bürgergelds werden auch künftig von Beginn an möglich sein – obwohl das Arbeitslosengeld II (bisher: „Hartz IV“, künftig: „Bürgergeld) als Existenzminimum definiert ist. Im Extremfall sind Kürzungen des Bürgergelds um bis zu 30 Prozent möglich.

Auch in den ersten sechs Monaten des Bürgergeldbezugs soll es künftig Sanktionen – also Leistungskürzungen – geben. Ursprünglich hatte die Ampel-Koalition eine sechsmonatige Schutzzeit („Vertrauenszeit“) vorgesehen.


Regelsätze:

Zum 1. Januar 2023 wird der Regelsatz von 449 auf 502 Euro erhöht. Außerdem wird künftig bei der jährlichen Anpassung des Regelsatzes die Inflation schneller berücksichtigt. Damit werden Preissteigerungen besser ausgeglichen.

Die grundsätzliche Berechnung des Existenzminimums bleibt aber unverändert. Das ist problematisch, weil die Regelsätze dadurch „kleingerechnet“ werden. Hier fehlt eine Reform. Die nächste Neuberechnung der Regelsätze steht in 2023 an. Grundlage ist die sogenannte Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS).


Hinzuverdienst:

Azubis, Schülerinnern und Schüler, Studierende – sie können künftig mehr Geld dazuverdienen, ohne das es mit dem Bürgergeld verrechnet wird.


Zumutbarkeitsregeln:

Die Kriterien für die Zumutbarkeit von Arbeit bleiben unverändert. Auch weiterhin gilt jede Arbeit als zumutbar – es sei denn, sie ist sittenwidrig. Bürgergeldbeziehende müssen damit  praktisch jeden Job annehmen, auch wenn er weit unter ihrer Qualifikation liegt oder sie dafür umziehen müssen. Die IG Metall hält das für unsinnig.


Ratgeber Arbeitslosengeld

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