Demo vor Thyssenkrupp-Zentrale
Thyssenkrupp Steel: Beschäftigte protestieren gegen Teilverkauf

„Jetzt sind wir im Konfliktmodus“, sagt Tekin Nasikkol, Konzernbetriebsratsvorsitzender von Thyssenkrupp. Zuvor hatte der Aufsichtsrat des Industriekonzerns der Beteiligung des Energieunternehmens EP Corporate Group zugestimmt – gegen die Arbeitnehmerseite.

23. Mai 202423. 5. 2024


Tausende Metallerinnen und Metaller sind vor die Konzernzentrale von Thyssenkrupp nach Essen gekommen. Gekommen, um rote Linien zu ziehen. Auf ihren mitgebrachen Stoppschildern steht: „So nicht, Herr López!“ Auf Transparente haben sie geschrieben: „Zukunft statt Kündigung“. Der Unmut der Stahl-Beschäftigten hat einen Grund: Der Vorstandsvorsitzende von Thyssenkrupp, Miguel Angel López, verhandelte in den vergangenen Wochen im Geheimen den Teilverkauf der Stahlsparte an den tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky und will sich heute in Essen die Zustimmung des Aufsichtsrates einholen.
 

Beschäftigte von Thyssenkrupp demonstrieren in Essen am 23. Mai 2024 gegen das Vorgehen der Geschäftsführung beim geplanten Teilverkauf des Unternehmens.

Beschäftigte von Thyssenkrupp Steel demontrieren in Essen gegen das Vorgehen des Vorstands.

Erst soll Kretinskys Holding 20 Prozent übernehmen, später eventuell sogar die Hälfte, wenn es nach dem Manager geht. Die Beschäftigten hat er dabei nicht einbezogen. Als kurz vor der Aufsichtsratssitzung die IG Metall López die Chance gibt sich zu erklären, zeigt sich der Konzernboss erneut konfrontativ. Den Metallerinnen und Metallern ruft er zu, es sei „ein wichtiger Schritt für die Wettbewerbsfähigkeit“ und „ohne Einschnitte wird es nicht gehen“. Ein Pfeifkonzert und laute Buh-Rufe sind die Antwort der Metallerinnen und Metaller.


IG Metall kündigt Widerstand an

Einige Stunden später überstimmt der Aufsichtsrat, durch die Doppelstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden Siegfried Russwurm, die Arbeitnehmerseite und stimmt so der Beteiligung der EP Corporate Group zu. Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der thyssenkrupp AG kündigt Widerstand an: „Bei thyssenkrupp wurde heute Geschichte geschrieben –  und zwar im denkbar schlechtesten Sinne. Mit dem Verkauf der 20 Prozent an EPCG kappen die Anteilseigner um Herrn Russwurm mit dem Vorstandsvorsitzenden Herrn López die Leinen zwischen der thyssenkrupp AG und der Stahl AG. Die dadurch entstehenden Risiken sind nach unserer Überzeugung völlig ungeklärt. Vielmehr wäre jetzt Besonnenheit und Klarheit gefragt. Stattdessen herrscht wilder Aktionismus, um den Stahlbereich in die Eigenständigkeit zu schicken. Das wird auf unseren erbitterten Widerstand stoßen.“

Auch Tekin Nasikkol will nun andere Saiten aufziehen. Der Gesamtbetriebsrats-Vorsitzende von Thyssenkrupp Steel Europe und Konzernbetriebsratsvorsitzender von Thyssenkrupp betont: „Mit der Doppelstimme von Russwurm sind die letzten Hoffnungen auf ein faires, demokratisches Miteinander begraben worden. Die Zukunft des größten Stahlproduzenten Deutschlands steht vor unsicheren Zeiten. Lopez handelt unverantwortlich und geht volles Risiko. So etwas hat es bei thyssenkrupp noch nie gegeben. Jetzt sind wir im Konfliktmodus.“


Politik steht auf der Seite der Beschäftigten

Breite Unterstützung bekommen die Metallerinnen und Metaller von der Politik. Zur Aktion vor der Konzernzentrale in Essen war zum Beispiel auch NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann gekommen. Der CDU-Politiker fordert die Konzernverantwortlichen bei Thyssenkrupp auf, betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen und betont: „Wir lassen nicht zu, dass in diesem Land die soziale Partnerschaft mit Füßen getreten wird.“

Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) steht den Metallerinnen und Metallern zur Seite. Als diese bereits vor vier Wochen in Duisburg gegen Lopez Verkaufspläne vors Werkstor zogen, betonte Heil: „Ihr kämpft für ganz Deutschland. Die Politik steht an Eurer Seite.“ Der Bundesarbeitsminister forderte die Konzernleitung auf, endlich ein Konzept für die Zukunft von Thyssenkrupp Steel vorzulegen: „Es geht um Sicherheit im Wandel. Das ist euch euer Chef schuldig.“ Und dann versprach Heil: „Wenn Ihr mich braucht, bin ich da.“ Im Konflikt hat die IG Metall also starke Verbündete an ihrer Seite.  

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