Interessen von Leihbeschäftigten kommen zu kurz
Letzte Woche Montag war nun auch Marko Fleischmanns letzter Einsatztag bei Multivac. Noch weiß er nicht, wo er hinkommt. Aber eins ist schon mal klar: Er fängt dort wieder bei Null an. Seinen tariflichen Branchenzuschlag von 65 Prozent auf den Leiharbeitstarif, die es nach 15 Monaten Einsatz gibt, verliert er dann wieder. „Das ist genau das, was mich unbändig wurmt“, ärgert sich Fleischmann.
Leihbeschäftigte brauchen einen Betriebsrat, in dem Leihbeschäftigte wie er arbeiten, findet Fleischmann. „Kann eine Interessenvertretung denn so funktionieren? Disponenten und Niederlassungsleiter sind gegenüber uns Mitarbeitern im Kundeneinsatz (den Leihbeschäftigten) weisungsberechtigt und vertreten den Arbeitgeber. Dadurch liegt es auf der Hand, dass bei dieser Zusammensetzung des Betriebsrats unsere Interessen zu kurz kommen.“
Das Missverhältnis macht sich auch im Wahlkampf bemerkbar: „Interne Mitarbeiter sind untereinander besser vernetzt, haben Zugang zum Firmennetz, zu Informationen und können den Wahlkampf besser organisieren“, erklärt Fleischmann. „Wir Mitarbeiter im Kundeneinsatz sind dagegen weit verstreut, haben wenig Kontakt zueinander und wesentlich weniger Möglichkeiten uns zu vernetzen und zu organisieren.“
Dazu kommt: Da Leihbeschäftigte weit verstreut sind, müssen sie per Briefwahl wählen. Zur ihrem „Betrieb“ haben sie physisch kaum Bezug. Entsprechend niedriger ist auch ihre Wahlbeteiligung.
Gewerkschaftliche Betriebsräte sind für Leiharbeiter da
Die Liste 6 bei Randstad Süd wirbt mit ihrem aktiven Beitrag in den Tarifkommissionen und damit auch zu den Erfolgen der DGB-Gewerkschaften: Tariferhöhungen, mehr Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Extra-Zahlungen für Mitglieder. Aber auch damit, was sie selbst im Betriebsrat erreicht haben: dass Randstad endlich Urlaub und Krankheit richtig bezahlt, Kurzarbeitergeld nachzahlt, dass Urlaub nicht mehr verfällt oder dass Leihbeschäftigte Garantiestunden bezahlt bekommen – und nicht in einsatzfreien Zeiten sogar unbezahlten Urlaub nehmen müssen.
Die Gewerkschafter fordern zudem höhere Eingruppierungen (mindestens EG 2), mehr Übernahmen, Fahrgeld bei jedem Einsatz – und dass auch Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter Einmalzahlungen und eine Gewinnbeteiligung bekommen.
„Bei der Coronaprämie sind die überbetrieblichen Kollegen , also die Zeitarbeiter, wieder mal leer ausgegangen“, ärgert sich Randstad-Betriebsrat Werner Schäble, IG Metall. „Das können wir nur ändern, wenn endlich Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter im Betriebsrat vertreten sind. Wir sind die Liste für die 11 000 Kolleginnen und Kollegen im Einsatz. Dafür ist unsere Liste da.“
Extra-Zahlung für Gewerkschaftsmitglieder wirkt
Immer mehr Leihbeschäftigte treten in die IG Metall und andere DGB-Gewerkschaften ein. Im Jahr 2021 stieg die Anzahl der IG Metall-Mitglieder bei den Leihbeschäftigten um 7,5 Prozent. Ein wesentlicher Grund sind gute Tarifabschlüsse – insbesondere zum neuen Mitgliedervorteil: Seit letztem Jahr können Gewerkschaftsmitglieder eine Extra-Zahlung zum Urlaubs- und Weihnachtsgeld beantragen, in diesem Jahr bis zu 400 Euro obendrauf.
„Damit werben wir auch“, erklärt Kirstin Schärl, freigestellte Betriebsrätin bei Randstad Süd und Mitglied der IG Metall, Liste 6 „im Einsatz STARK“. „Zudem haben wir durch die Kontaktaufnahmen der Kollegen wegen des Mitgliedervorteils jetzt einen besseren Überblick.“
Dadurch konnten sie jetzt auch viel gezielter für die Betriebsratswahl werben. Das Rennen läuft. Letzte Woche Freitag gingen die Briefwahlunterlagen an rund 13000 Beschäftigte raus. Am 5. April wird ausgezählt.