Europa: neues IG Metall-Büro im Trade Union House in Brüssel
IG Metall eröffnet Büro in Brüssel

Die IG Metall eröffnete gestern ihr Verbindungsbüro in Brüssel. Der Erste Vorsitzende der IG Metall, Detlef Wetzel, gab das Motto vor: „Wir sind jetzt in Brüssel und starten durch für Arbeitsnehmerrechte, Gerechtigkeit und Solidarität.“


Europa wird immer wichtiger. Immer stärker wird nationale Politik durch europäische Rahmenbedingungen gestaltet. Grund genug für die IG Metall, ein eigenes Büro in Brüssel zu eröffnen, um den Europapolitikern auf die Finger zu schauen.
 

Projekt Europa

„Die IG Metall will sich stärker als europapolitischer Akteur einbringen und die Interessen der Beschäftigten noch besser gegenüber den europäischen Institutionen vertreten“, sagte Detlef Wetzel, Erster Vorsitzender der IG Metall, bei der Eröffnung des Verbindungsbüros in Brüssel.

Die IG Metall ist in Brüssel auch vertreten über IndustriAll European Trade Union, den Verband der europäischen Industriegewerkschaften sowie den Europäischen Gewerkschaftsbund. Nun wolle die IG Metall mit ihrem eigenen Verbindungsbüro noch eine Schippe drauflegen, betonte Wetzel.

Ein Beispiel dafür, wie die IG Metall den Europäischen Politikern künftig auf die Finger schauen will, sind die Verhandlungen zum europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommen TTIP. Wetzel: „Die IG Metall will globalen Handel. Aber wir setzen uns ein für sinnvolle, gute ökonomische und ökologische Standards und für Arbeitnehmerrechte, die mindestens den Normen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO entsprechen.“

Die europäische Umwelt-, Energie- und Klimapolitik hätte direkte Auswirkungen auf die deutsche Politik. Hier wolle die IG Metall – stärker als bisher – Akzente setzten, sagte Wetzel.
 

Vertrauen schaffen

Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall und zuständig für Europa, wies auf die Ergebnisse der Europawahlen hin. Die geringe Beteiligung habe gezeigt, dass das Vertrauen vieler Europäerinnen und Europäer in die politischen Entscheidungsträger erschüttert ist. Die Europäische Union habe sich in den vergangenen Jahren immer weiter zu einer reinen Wettbewerbsunion entwickelt. Dabei sei das soziale Europa unter die Räder geraten und die soziale Spaltung nehme zu.

Mit dem europäischen Investitionsplan hätten die Gewerkschaften ein Konzept vorgelegt, um die europäischen Volkswirtschaften umzubauen und zu modernisieren. Das Konzept beinhaltet energiearmes und ressourcenschonendes Wirtschaften sowie Investitionen in öffentliche und private Infrastruktur.
 

Tarifverträge schützen

Besonders kritisch bewertet die IG Metall die massiven Eingriffe in die Tarifvertragssysteme in einigen sogenannten Krisenländern und die Forderungen der Generaldirektion „Wirtschaft und Finanzen“ nach einer allgemeinen Reduzierung der Lohnsetzungsmacht der Gewerkschaften. „Wer die Tarifautonomie der Tarifpartner in dieser Weise missachtet und zerstört, bringt Europa in große Gefahr“, sagte Lemb.

 
Eröffnung des IG Metall-Büros in Brüssel – von links nach rechts: Jörg Hofmann (Zweiter IG Metall-Vorsitzender), Günther Oettinger (EU-Kommissar), Detlef Wetzel (Erster IG Metall-Vorsitzender), Martin Schulz (Präsident des Europäischen Parlaments). Foto: Felix Kindermann

Martin Schulz, der Präsident des Europäischen Parlaments, erklärte anlässlich der Büroeröffnung: „Ich freue mich, dass die IG Metall hier ist. Wir brauchen mehr Einzelgewerkschaften, die Europa annehmen.“ Schulz verwies auf den langen Kampf für Arbeitnehmerrechte in Brüssel wie beispielsweise die Leiharbeit: „Wir brauchen eine Entsenderichtlinie, die gleichen Lohn und gleiche Arbeit für alle an jedem Ort garantiert.“

EU-Kommissar für Energie, Günther Oettinger, machte sich für den Industriestandort Deutschland stark. Nur wenn die gesamte Wertschöpfungskette in Deutschland erhalten werden könnte, bliebe der Industriestandort für die Beschäftigten sicher. Er warnte davor, dass die Energiekosten in Deutschland eine Gefahr für die industrielle Wertschöpfungskette sind.
 

Was für die Beschäftigten wichtig ist

Auch Betriebsräte der IG Metall gaben während der Eröffnung den Akteuren des Brüsseler Büros und Abgeordneten des Europäischen Parlaments ihre Wünsche und Hoffnungen mit auf den Weg.

Carmen Bahlo, Betriebsratsvorsitzende bei ZF Brandenburg, erwartet von Europa, dass die strukturschwachen Gebiete in Brandenburg besser gefördert werden. Thomas Busch, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Premium Aerotec, reicht es nicht, nur Forschung und Entwicklung zu machen. „Wir brauchen auch eine europäische Industriepolitik und eine europäische Verkehrsstrategie“, betonte er. Er forderte mehr und besseren Zugang zu europäischen Politikern.

Martin Breul, Betriebsratsmitglied SMA Solar Technology AG, kritisierte die Energiepolitik: „Wir könnten in Deutschland die Energiewende durchführen aber derzeit wissen wir nicht, wohin es geht?“ Er wünscht sich eine Energiepolitik in Europa, die nicht jeden Tag geändert wird, die Arbeitsplätze sichert und Europa zuverlässig mit Strom versorgt. Und auch Peter Camin, Konzernbetriebsratsvorsitzender der Hydro Aluminium Deutschland, kritisierte die Energie- und Industriepolitik: „Wir brauchen gleiche Wettbewerbsbedingungen und Verlässlichkeit was die Energie- und Industriepolitik angeht.“
 

Europa für die Menschen

Ein weiteres Thema, das den Betriebsräten auf den Nägeln brennt und in Brüssel entschieden wird: die CO2-Regulierung für Neuwagen. Ergun Lümali, Betriebsratsvorsitzender bei Daimler Sindelfingen: „Wir wissen, unsere Autos müssen bis 2020 grüner werden. Unsere Forscher und Entwickler sind dabei, innovative Lösungen zu finden. Aber Europa muss Voraussetzungen schaffen, dass die Kosten solcher Innovationen tragbar für alle werden.“ Er forderte die Politiker auf: „Bitte immer im Auge behalten, Innovation hat auch etwas mit Kosten zu tun.“

Kai Blasius, Betriebsratsvorsitzender bei John Deere Zweibrücken hatte einen sehr einfachen Wunsch und sprach dabei vielen Menschen und auch – wie er sagte – seiner kleinen Tochter aus dem Herzen: „Macht in Brüssel Politik für die Menschen!“ Seine Erwartung an das neue Verbindungsbüro der IG Metall in Brüssel: Werdet Ansprechpartner für Metallerinnen und Metaller.
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