Arbeits- und Gesundheitsschutz
Warum Suchtprävention wichtiger denn je ist

Die Zahl der Berufstätigen mit exzessivem Alkoholkonsum ist von 2011 bis 2021 um 32 Prozent gestiegen Suchtmittelmissbrauch hat nicht nur Folgen für die Gesundheit des Abhängigen. Einher geht auch eine Verschlechterung des Betriebsklimas. Betriebliche Prävention und Suchthilfe ist elementar.

20. April 202320. 4. 2023


Die Zahlen sprechen eine klare Sprache, sie weisen auf ein großes, auf ein wachsendes gesellschaftliches Problem: Die Zahl der Berufstätigen mit exzessivem Alkoholkonsum ist von 2011 bis 2021 um 32 Prozent gestiegen. Unter den 35- bis 39-Jährigen sogar um 88,5 Prozent. Fast ein Drittel trinkt an mehreren Tagen pro Woche Alkohol, 9 Prozent davon täglich.

Riskanter, exzessiver Alkoholkonsum, diese Unterscheidung ist wichtig, ist nicht gleichbedeutend mit einer Alkoholabhängigkeit. Eine Sucht, das zeigt wissenschaftliche Forschung, entsteht zumeist nicht von einem Tag auf den anderen. Sie entwickelt sich langsam, zu Beginn oft unmerklich für die Betroffenen. Später erst, wenn Leidensdruck und Handlungszwang den Alltag bestimmen, wird die Abhängigkeit spürbar, körperlich und physisch. Der Süchtige leidet, die Sucht ist für jedermann sichtbar. Spätestens dann muss gehandelt werden.
 

Möglichst früh Hilfe anbieten

Denn Suchtmittelmissbrauch hat nicht einzig und allein Folgen für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des betroffenen Kollegen, der betroffenen Kollegin. Das alleine ist schlimm genug. Suchtmittelmissbrauch führt auch zu einer Verschlechterung des Betriebsklimas und gefährdet die Sicherheit am Arbeitsplatz. Durch riskanten oder schädigenden Konsum oder aber durch suchtbedingte Verhaltensweisen entstehen gesellschaftliche und betriebliche Folgekosten. Betriebliche Suchtprävention und Suchthilfe ist deshalb elementar wichtig.

Wichtig ist vor allem, möglichst frühzeitig einzugreifen und Hilfe anzubieten. Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Arbeitgeber dazu, gesundheitlichen Gefährdungen am Arbeitsplatz, die durch Alkohol, Medikamente, illegale Drogen oder Tabak entstehen, vorzubeugen. Und tatsächlich hat Suchtprävention in den vergangenen Jahren einen immer größeren Stellenwert bekommen. Ziel der Suchtmittelprävention ist, riskantem Konsum vorbeugen. Menschen, die Suchtmittel konsumieren, sollen lernen, verantwortlich mit ihnen umzugehen, damit es gar nicht erst zur Abhängigkeit kommt.
 

Kontrolle und Verbote reichen nicht aus

Ob und wann eine solche entsteht, hängt von vielerlei Faktoren ab: der spezifischen Wirkung des Mittels, den körperlichen und psychischen Voraussetzungen, dem sozialen Umfeld. Wichtig ist: Suchtverhalten kommt auf allen betrieblichen Ebenen vor – und weist ein weites Spektrum auf. Neben exzessivem Alkoholmissbrauchs hat vor allem riskanter Medikamentenkonsum zugenommen. Viele Beschäftigte greifen auch deshalb zu Pillen, um wachsenden Stress im Beruf auszuhalten. Suchtmittelmissbrauch muss daher immer in Verbindung zur Arbeitssituation gesetzt werden. Kontrolle und Verbote reichen nicht aus.

Für Betriebsräte gibt es vielerlei Handlungsfelder. Sinnvoll ist, vom Initiativrecht Gebrauch zu machen und eine Betriebsvereinbarung auszuhandeln, in der eine Schweigepflicht für Suchtberater sowie Betriebsrat festgeschrieben wird und in der auch geregelt ist, wann und wie mit Betroffenen gesprochen wird und welche Hilfe es gibt.
 

Beschäftigte umfassend beteiligen

Wichtig sind dazu vorbeugende Maßnahmen: Die Beschäftigten sollten über die Wirkung von Suchtmitteln informiert und Angebote zur Reduzierung des Konsums ermöglicht werden. Sinnvoll kann es sein, wenn es im Betrieb einen eigenen Suchtbeauftragten gibt - eine Expertin, einen Experten, die oder der sich tief ins Thema einarbeitet und mit den Beschäftigten vertrauensvoll ins Gespräch kommt.

Erfolgreich jedoch werden all diese Maßnahmen erst dann sein, wenn die Beschäftigten frühzeitig und umfassend beteiligt werden: Betriebsvereinbarungen zur Suchtprävention und Suchthilfe setzen in der Regel eine intensive Auseinandersetzung im Betrieb mit Suchtfragen voraus: Bedenken hinsichtlich einer sozialen Kontrolle der Beschäftigten müssen in Gesprächen thematisiert, intensiv muss für das Thema „null Promille am Arbeitsplatz“ geworben werden. Wo dies getan wird, kann viel erreicht werden:

Gut eingeführte und systematisch angewandte betriebliche Suchtpräventionsprogramme, das zeigt die Praxis, treffen bei den Beschäftigten auf hohe Akzeptanz: Sie wirken sich positiv auf das Betriebsklima aus. Sie regen einen Lernprozess bei allen Beteiligten an. Sie setzen, im besten Fall, Impulse für eine gesundheitsförderliche Betriebskultur.

Mehr zu „Qualität der Arbeit“
eine junge Frau reibt sich im Büro aus Übermüdung die Augen

Arbeits- und GesundheitsschutzArbeiten bis zum Umfallen

Jeder Zehnte Beschäftigte arbeitet mit suchthafter Intensität, also von sich aus mehr und länger als es der Gesundheit guttut. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie. Elementar für die Betroffenen ist es, eine gesundheitsförderliche Betriebskultur aufzubauen und frühzeitig Hilfe anzubieten.

Eine Frau sitzt dick angezogen mit Steppjacke, Handschuhen und Pudelmütze am Schreibtisch

 Verordnung zur Sicherung der EnergieversorgungEnergie sparen im Betrieb – Hinweise zum Arbeitsschutz

Durch den russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat sich die Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft. Die Bundesregierung plant deshalb, eine Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung. Dies darf aber nicht auf Kosten der Gesundheit der Beschäftigten gehen. Hier unser Info dazu.

Reagenzgläser und Pipette tropft in Glas.

 NewsletterGefahrstoff Informationen

Der aktuelle Newsletter Gefahrstoff Informationen der IG Metall ist erschienen.

Erhöhten Blick in einem belebten Großraumbüro

 BroschüreModern Workspaces

Wie soll moderne Büroarbeit aussehen? Welche Folgen hat die Umgestaltung von Büros für die Beschäftigten? Welche Möglichkeiten haben Betriebsräte, um gute und gesunde Arbeitsbedingungen durchzusetzen?

Hitze am Arbeitsplatz

 Gute Arbeit kompaktAlle Jahre wieder - Die Sommerhitze am Arbeitsplatz

Alle Jahre wieder häufen sich im Sommer die Anfragen zum Thema „Hitze am Arbeitsplatz“. Dabei ist eigentlich klar, welche Schutzmaßnahmen zu treffen sind und was bei einer Überschreitung bestimmter Temperaturschwellen zu tun ist.

Arbeiter mit Atemschutz

 GesundheitsschutzVirtueller Asbest-Workshop

Asbest ist in Deutschland verboten. Trotzdem kann es auch heute noch zu einer Gefahr für Beschäftigte werden, denn es befindet sich noch immer in Gebäuden und technischen Anlagen. In dem Workshop wollen wir über Asbestgefahren informieren und über Initiativen beraten.

Kühlung und Schmierung einer Fräßmaschine

 Neue Stoffliste (21. Auflage)Kühlschmierstoffe in der Metallverarbeitung

Gut geschmiert, aber gesundheitsgerecht: Wenn es läuft wie geschmiert, ist dies in der Regel Kühlschmierstoffen zu verdanken. Die haben es allerdings in sich. Die Stoffliste für Kühlschmierstoffe für die Metallbearbeitung wurde zum 21. Mal aktualisiert.

Illustration zum Corona-Schutz im Betrieb

 Virtuelle FachtagungArbeitsschutz in und nach der Pandemie - Erfahrungen und Perspektiven

Die Corona-Pandemie hat nicht nur erhebliche Strukturprobleme unseres Arbeitsschutzsystems offengelegt. Die Corona-Krise wirkt auch als Treiber für neue Formen der Arbeit. Die Tagung bietet Gelegenheit über mögliche Schwerpunkte unserer zukünftigen Arbeit zu diskutieren.

Corona Probe im Labor

 RechtsinfoCOVID-19 als Berufskrankheit oder Arbeitsunfall

Eine Erkrankung durch das SARS-CoV2-Virus kann auch bei Beschäftigten unserer Organisationbereiche als Arbeits- oder Wegeunfall und gegebenenfalls als Berufskrankheit anzuerkennen sein.

Corona - medizinischer Impfstoff

 PositionspapierIG Metall empfiehlt Impfung und lehnt Auskunftspflicht gegenüber Arbeitgeber ab

Die IG Metall empfiehlt allen Beschäftigten, sich impfen zu lassen. Eine Impfpflicht für Beschäftigte lehnt sie dagegen ab. Einer Auskunftspflicht zum Impfstatus gegenüber dem Arbeitgeber erteilt unsere Gewerkschaft ebenfalls eine Absage.

Reagenzgläser und Pipette tropft in Glas.

 Newsletter 1/2021Gefahrstoff Informationen

Der Newsletter Gefahrstoff Informationen enthält Berichte über die aktuellen Beschlüsse des Ausschusses für Gefahrstoffe beim BMAS, das Arbeitsprogramm Krebserzeugende Gefahrstoffe der GDA und gibt wieder zahlreiche Tipps für Materialien und Handlungshilfen.

Frau arbeitet von zu Hause aus am Laptop

 BEMBeschäftigte richtig eingliedern

Das Betriebliche Eingliederungsmanagement soll krankheitsbedingte Kündigungen verhindern und erneuten Erkrankungen vorbeugen. Das ist gerade jetzt, in der Pandemie, wichtig.

Schwerpunktthemen

Metall-News für...