„Schwarz-Weiß- Denken ist zu wenig“

Bericht aus Geschäftsstelle PaderbornCarmelo Zanghi geht im September in den Ruhestand.

1. September 20201. 9. 2020


Auf der letzten Delegiertenversammlung im Juni 2020 wurde Konrad Jablonski als sein Nachfolger zum Ersten Bevollmächtigten gewählt. Wir haben Melo zum Abschluss seiner Tätigkeit ein paar Fragen gestellt:

Du bist am 1. August 1972 in die IG Metall eingetreten, also seit 48 Jahren dabei. Konntest Du die Ideale, die Du als junger Mensch verfolgt hast, verwirklichen?

Größtenteils! Was mich in der Rückbetrachtung getrieben hat, war der Interessengegensatz zwischen Arbeit und Kapital. Es ging mir von Anfang an um mehr Mitspracherechte von uns Beschäftigten. Wir haben immer für Verbesserungen gekämpft, mit vielen Erfolgen – wie bei der Verkürzung der Arbeitszeit, der Einführung eines neuen Entgeltsystems und der Reformierung der Berufsausbildung. Vor allem aber hat sich die Welt immer weiter gedreht: beispielsweise mit der Wiedervereinigung, der anschließenden Verschärfung eines globalisierten Kapitalismus und neuen Wellen von Rationalisierung und Digitalisierung – bis zur heutigen Globalherausforderung des Klimawandels. Ich glaube, dass ich mir meine Ideale aus Jugendzeiten größtenteils erhalten habe. Aber gemeinsam mussten wir immer wieder neue Antworten finden.

Verglichen mit dem Beginn Deiner Amtszeit: Was hat sich in den Betrieben und auch in der Gewerkschaft in den letzten Jahren verändert?

Die gewerkschaftlichen Aufgaben – für unsere Betriebsräte, Vertrauensleute wie für Hauptamtliche – sind komplexer geworden. Schwarz-Weiß-Denken ist zu wenig. Wir haben die Lernprozesse angenommen und uns in viele Gestaltungsprozesse hineinbegeben, zum Beispiel für gute Arbeit 4.0. Früher haben wir uns als Gewerkschaft schwerer getan mit Veränderungsprozessen, beispielsweise bei der Computerisierung der 1980er und der ersten Flexibilisierung von Arbeitszeiten. Viel zu lange hatten wir gar keine eigene Position zur Gestaltung der Gleitzeit. Heute wissen wir, dass wir solche Impulse aufnehmen müssen, um sie im Sinne der abhängig Beschäftigten zu gestalten. Nein sagen alleine reicht heute nicht mehr!

Was war Dein schönstes Erlebnis während Deiner Amtszeit?

Es gab viele sehr schöne Erlebnisse. Hervorheben lässt sich die Umsetzung der 24-Stunden-Streiks mit vier Betrieben in Paderborn. Weitere Höhepunkte waren die Nachtschicht-Streiks bei Benteler – unmittelbar nach der Beendigung der Friedenspflicht. Darüber hinaus hat es mich sehr erfüllt, viele junge Menschen in der ersten Phase ihrer hauptamtlichen Tätigkeit zu begleiten und Jugendarbeit insgesamt zu unterstützen.

Was möchtest Du uns abschließend noch mitgeben?

Insgesamt war die Rolle als Bevollmächtigter nur dank einer starken ehrenamtlichen und hauptamtlichen Unterstützung möglich. Für die Treue von circa 11 000 Mitgliedern und besonders die Unterstützung durch alle Betriebsrätinnen und -räte, Vertrauensleute, den Ortsvorstand, das Geschäftsstellenteam und auch Kooperationspartnerinnen und -partnern möchte ich mich herzlich bedanken! Ich bin mir sicher, dass diese Geschäftsstelle auch zukünftig ihren positiven Beitrag zur Entwicklung der gesamten IG Metall leistet. Ciao a tutti!

Das vollständige Interview findet Ihr auf unserer Webseite: paderborn.igmetall.de=> aktuelles

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Foto: IG Metall
Carmelo Zanghi (mit Megafon) in Aktion, hier während der Tarifrunde 2015
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