„Es darf keine Generation Corona geben“

Bericht aus Geschäftsstelle Heidenheimmit Korbinian Hitthaler, Junggewerkschafter, Jugend- und Auszubildendenvertreter bei Voith und dual Studierender

1. Oktober 20201. 10. 2020


Korbinian, warum bist Du in der IG Metall Jugend aktiv?

Korbinian: Ganz einfach, weil Gewerkschaft wichtig ist. Nur in dieser Gemeinschaft können wir unsere Interessen verfolgen, die unsere Lebensgrundlage bilden. Das vergessen viele. Ohne gute Arbeit, kein gutes Leben, kein Wohlstand. Außerdem ist die IG Metall eine coole Truppe, ich habe gute Freunde kennengelernt, viele Eindrücke erhalten und bekomme ständig neue Anregungen. Es macht Spaß, gewerkschaftlich aktiv zu sein.

Du bist seit vier Jahren Jugend- und Auszubildendenvertreter (JAVi) bei Voith. Mit welchen Themen sehen sich Studierende und Auszubildende derzeit konfrontiert?

Am schwierigsten ist die Situation am Beginn und am Ende einer Ausbildung. Die Betriebe haben die Ausbildungsplätze massiv zurückgefahren, auch bei Voith. Frisch Ausgebildete haben gute Leistungen gezeigt, aber der Betrieb übernimmt nicht. Auch bei Voith gibt es keine Übernahmegarantie mehr. Es ist nicht nur traurig, dass junge Leute keine verbindliche Perspektive bekommen, ich halte diese Strategie zudem für sehr kurzsichtig. Vor einem Jahr noch haben viele Betriebe über den Fachkräftemangel geklagt, der ist durch Corona ja nicht verschwunden. Wer nun am Nachwuchs spart, der wird dafür die Quittung bekommen. Es darf keine Generation Corona geben.

Und was ist mit den Auszubildenden und Studierenden, die mitten in der Berufsbildung stecken?

Im Orts- und im Bezirksjugendkreis berichteten JAVis, dass Auszubildende in Kurzarbeit geschickt wurden, Ausbildungsvergütungen nicht fortgezahlt und vereinzelt sogar Ausbildungsverhältnisse vorzeitig beendet wurden. In vielen Betrieben war das Ausbildungsper- sonal komplett im Homeoffice, wodurch Inhalte kaum vermittelt werden konnten. Fast überall war technisches Equipment nicht ausreichend vorhanden.

Welche coronabedingten Änderungen gab es denn bei Euch? Was ist gut gelaufen, was weniger gut?

Unsere Ausbildungsleitung hat schnell reagiert und ein Ausbildungskonzept unter Coronabedingungen erstellt. Wir wurden als JAV von Beginn an ins Boot geholt und haben mitgewirkt. Die Praxisphasen sind überwiegend gut gelaufen. Die (Hoch-) Schulen haben hingegen auf mich einen planlosen Eindruck gemacht. Sie haben zu wenig oder äußerst kurzfristig reagiert. Alles war abhängig vom persönlichen Engagement des Dozenten. Einige haben auf digitalen Unterricht umgestellt, manche haben wenigstens Lektüre zusammengestellt, aber viele haben sich nicht auf die neue Situation eingestellt. Die Azubis und Studierenden spüren, dass wichtiger Stoff fehlt und das setzt uns unter Druck. Ich stelle mich auf ein sehr anstrengendes Semester ein.

Welche Megatrends siehst Du auf die Gewerkschaftsjugend zukommen?

Wir müssen unsere Wirtschaft nicht nur sozial, sondern auch ökologisch umgestalten. Das wird für alle Beteiligten sehr herausfordernd. Ich bin aber hoffnungsvoll, denn ich gehöre einer sehr aktiven Jugend an, die politisiert ist und den Willen zeigt, etwas zu verändern, die Eigenverantwortung übernimmt und die der Arbeiterbewegung sehr positiv geneigt ist.

Dein Wort zum Schluss ...

Wir haben durch Corona gesehen, dass viele Dinge, die vorher unmöglich erschienen, wie mobiles Arbeiten, funktionieren können. Wir haben jetzt die Chance, unsere Gesellschaft solidarisch, nachhaltig und digital auszurichten. Die Chance müssen wir nutzen. Das gilt insbesondere auch für die Perspektive der Jugend, denn gute Zukunft sollte kein Glücksspiel sein.

alt
Foto: IG Metall
Korbinian Hitthaler (23), studiert über das Ulmer Modell Elektro- und Informationstechnik bei Voith.
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