Politik für Arbeitnehmer – jetzt erst recht!

Bericht aus Geschäftsstelle ZwickauDer Erste Bevollmächtigte Thomas Knabel kritisiert die Politik für die einseitigen Rettungspakete.

1. Mai 20201. 5. 2020


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Auswirkungen der Corona-Krise sind in den letzten Wochen massiv über uns hereingebrochen. Viele vorübergehende Betriebsschließungen und reduzierte Produktion haben die Unternehmen quasi über Nacht in ein Krisenszenario versetzt. Wie in der Finanzkrise 2008/ 2009 hilft Kurzarbeit glücklicherweise dabei, Kündigungen zu vermeiden.

Bei vielen Beschäftigten nimmt allerdings die Sorge zu, ob das Kurzarbeitergeld ausreicht, um Miete und Lebenshaltungskosten zu bestreiten. Gemeinsam ist es uns in vielen Betrieben gelungen, Aufstockungen auf das Kurzarbeitergeld zu vereinbaren. Doch auch in Zwickau, dem Vogtland und dem Erzgebirge verweigern zahlreiche Arbeitgeber jede Aufstockung.

Die Bundesregierung hat in kürzester Zeit Milliardenpakete zur Entlastung der Arbeitgeber geschnürt und erstattet ihnen zum Beispiel bei Kurzarbeit die kompletten Sozialabgaben, auch den Arbeitnehmeranteil. Diese zusätzliche Entlastung ist allerdings nicht an eine Aufstockung auf das Kurzarbeitergeld gekoppelt, wie von uns gefordert.


Beschäftigte entlasten

Aus unserer Sicht passt hier etwas grundsätzlich nicht zusammen und muss schnellstens nachgebessert werden! Eine Entlastung der Unternehmen muss auch bei den Beschäftigten ankommen. Das forderten in den vergangenen Tagen in der IG Metall organisierte Betriebsräte in 2500 Briefen an Bundestagsabgeordnete. Auch unsere Betriebsräte haben Ende März Bundestagsabgeordnete unserer Region zum Thema Aufstockung des Kurzarbeitergeldes angeschrieben.

Zustimmung erhielten wir von Sabine Zimmermann (LINKE) und Daniela Kolbe (SPD). Beide sprachen sich in ihrer Antwort für gesetzliche Verbesserungen beim Kurzarbeitergeld aus, sogar bis auf 90 Prozent des ausgefallenen Nettoentgelts. Zimmermann verwies zudem auf die Problematik, dass der Bezug von Kurzarbeitergeld nicht zu niedrigeren Renten und einem späteren Renteneintritt führen dürfe und aus Sicht der Linksfraktion betriebsbedingte Kündigungen gesetzlich für die Dauer von einem Jahr nach Ende der Kurzarbeit ausgeschlossen werden müssen.


Bewusstsein fehlt

Zugleich ist es ernüchternd, dass andere Abgeordnete zu einem Thema, dass viele tausend Beschäftigte und Familien in Sachsen aktuell bewegt, bisher nicht geantwortet haben. Die Bundestagsabgeordneten Carsten Körber (CDU), Alexander Kraus (CDU), Jürgen Martens (FDP) und Detlef Müller (SPD) hielten es bisher nicht für notwendig, zu reagieren. Hier scheint es an Problembewusstsein und Empathie für die Betroffenen zu fehlen. Wer mit einem bis zu 40 Prozent reduzierten Nettoentgelt über die Runden kommen muss, steht vor existenziellen Problemen, die von allen Politikerinnen und Politikern ernst genommen werden müssen! Da hilft es auch wenig, wenn die CDU-Bundestagsabgeordnete Yvonne Magwas einem Betriebsrat in der Region schriftlich antwortet, dass der Gesetzgeber das Problem nicht lösen könne, und es an Gewerkschaften und Arbeitgeber zurückverweist. Noch merkwürdiger, gar verhöhnend, mutet es an, wenn sie gleichzeitig auf die gelockerten Hinzuverdienstmöglichkeiten, zum Beispiel in der Landwirtschaft, aufmerksam macht.

In den letzten Jahren haben die Beschäftigten mit viel Flexibilität und Sonderschichten zum Erfolg der Unternehmen beigetragen. In den Betrieben ohne Tarifvertrag haben sie schon in dieser Zeit zu wenig von den unternehmerischen Erfolgen profitiert. Fehlende Tarifbindung und im bundesweiten Vergleich zu wenige Betriebsräte sind die Ursache. Das war lange Zeit Wille der herrschenden Politik in Sachsen. Jetzt, in Krisenzeiten, trifft es gerade diese Beschäftigten besonders hart.


Nur mit Solidarität

Natürlich kann und muss der Gesetzgeber beim Kurzarbeitergeld aktiv werden. Alles andere kommt einer politischen Bankrotterklärung gleich! Zugleich zeigt sich aber auch: Ohne, dass sich Menschen organisieren und für ihre Rechte eintreten, ist eine solidarische Gesellschaft nicht vorstellbar – nicht zu Konjunkturzeiten und schon gar nicht, wenn es den Schutz in der Krise braucht.


Thomas Knabel
Erster Bevollmächtigter
alt
Foto: IGM Zwickau
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