Beschäftigte um ihre Zukunft betrogen!

Bericht aus Geschäftsstelle Magdeburg-SchönebeckDer Traditionsmaschinenbauer Schiess meldete am 24 . Januar 2019 völlig überraschend Insolvenz an.

1. Mai 20191. 5. 2019


Vorausgegangen war jahrelanges Missmanagement der chinesischen Eigentümer und der örtlichen Geschäftsleitung. Schon lange war für den Betriebsrat und die IG Metall erkennbar, dass sich im Betrieb etwas ändern muss, wenn der Werkzeugmaschinenbau eine Zukunft haben soll. An den Produkten und am Know-how der Beschäftigten lag es nicht. Es waren vielmehr das Unvermögen der Geschäftsleitung, die betrieblichen Abläufe wettbewerbsfähig zu gestalten, und die Schwäche des Gesellschafters, den notwendigen finanziellen Hintergrund für die Produktion zu organisieren.

Nachdem Monate ungenutzt verstrichen, meldete der Geschäftsführer für alle völlig überraschend Insolvenz an und beantragte die Eigenverwaltung. Zum Leidwesen der Beschäftigten wurden mit Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg die Eigenverwaltung angeordnet und die Mulanski + Kollegen Rechtsanwälte GmbH zum Verfahrensbevollmächtigten bestellt. In dem mit gleichem Beschluss eingesetzten Gläubigerausschuss wurde der Betriebsrat zunächst nicht berücksichtigt. Auf unsere Intervention hin wurde der Betriebsratsvorsitzende dann nachträglich in den Gläubigerausschuss bestellt, was den Herren „Eigenverwaltern“ offensichtlich missfiel.


Den Vorgaben nicht gerecht geworden

Die Einbeziehung, Information und Beteiligung des Betriebsrats wurden den gesetzlichen Vorgaben von Beginn an nicht gerecht. Immer wieder musste der Betriebsrat seine Rechte geltend machen und sich Gehör verschaffen. Am 2. April hat der Rechtsanwalt des Verfahrensbevollmächtigten dem Betriebsrat in der Sitzung, die eigentlich für die Verhandlung um einen Sozialplan angesetzt war, erklärt, dass es weder Geld für die Umsetzung des Sanierungskonzepts noch für einen Sozialplan noch für eine Transfergesellschaft gibt. Damit nahm das Insolvenzverfahren eine weitere unerwartete Wendung.

In der daraufhin für Mittag einberufenen Betriebsversammlung mussten Betriebsrat und IG Metall den Beschäftigten die traurige Wahrheit überbringen. Die „Eigenverwalter“ wollten sich, wie schon zuvor, nicht gegenüber der Belegschaft äußern. Es blieb, festzustellen, dass man auch die drei Monate des Insolvenzausfallgeldes sinnlos verstreichen ließ, anstatt sofort mit aller Anstrengung nach einem neuen Investor zu suchen. Nach Ansicht des Betriebsrats und der IG Metall wurde der Prozess der Investorensuche nur halbherzig geführt. Im Vordergrund stand die Absicht, die Beschäftigten durch das Insolvenzarbeitsrecht „billig“ loszuwerden, um das Eigentum für den chinesischen Alleingesellschafter zu sichern. Dieser Plan allerdings ging am Ende nicht auf.


Beschäftigte zahlen die Rechnung

Im Ergebnis zahlen wie so oft die Beschäftigten die Zeche für unternehmerisches Unvermögen. Am 1. April erhielten 205 Kolleginnen und Kollegen die Kündigung. Viele waren jahrzehntelang im Betrieb, für sie ging auch eine Ära zu Ende. Was bleibt, ist die Forderung an die Politik, die Insolvenzordnung in Sachen „Eigenverwaltung“ zu überdenken und diese nur zuzulassen, wenn äußere, vom Gesellschafter und von der Geschäftsführung nicht beeinflussbare Umstände zur Insolvenz geführt haben.


Nachruf

Bei der WEMA, der heute insolventen Schiess GmbH Aschersleben, standen Innovationen und Genauigkeit immer im Vordergrund. 1857 von den Magdeburger Maschinen- und Gießereimeistern Heinrich Billeter und Wilhelm Klunz als Maschinenbauanstalt gegründet, erlangte die Firma auf der Weltausstellung von 1889 in Paris Weltruf mit der „Einpilaster- Hobelmaschine“. 1931 konstruierte das Unternehmen die erste Führungsbahnenschleifmaschine. Als Werkzeugmaschinenfabrik Aschersleben produzierte sie vor allem diese und Portalfräsmaschinen.

Auch zuletzt hatte die Produktpalette immer noch Weltniveau. Es gibt heute kaum einen Maschinenbauer, der Maschinen baut, die mit derartiger Präzision Metallteile im Durchmesser von 16 Metern bearbeiten können. Mit der neusten Entwicklung in der Highspeed-Aluminiumbearbeitung hätte Schiess neue Maßstäbe setzen können, wenn in die Vollendung der sich in der Entwicklung befindlichen Technologie investiert worden wäre. Airbus und Boeing waren jedenfalls von den Entwicklungen beeindruckt.

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