Sensibles Wissen muss man schützen

Bericht aus Geschäftsstelle Berlin400 Beschäftigte von Infinera kämpfen um ihre Arbeitsplätze. Die Politik ist nun gefordert. Was in Berlin passiert, ist für die deutsche Datensicherheit relevant.

1. März 20191. 3. 2019


400 Millionen Euro waren den neuen Eigentümern von Coriant die knapp 1600 Patente und die lange Kundenliste wert. Die knapp 400 Beschäftigten mit ihrem Know-how sind ihnen vollkommen egal.

So nicht! Beschäftigte organisieren sich in der IG Metall und kämpfen für ihr Werk und ihre Arbeitsplätze (Foto: Christian von Polentz).

Sie wollen Infinera zum 30. September 2019 entsorgen, um dann in Fernost zu produzieren. Dabei ist Coriant bzw. der Berliner Infinera-Standort hochprofitabel und eine Perle in einem besonders wichtigen Zukunftsfeld. Denn in Berlin produzieren sie optische Übertragungssysteme und Systemlösungen für 5G-Datenautobahnen, die Voraussetzung für die Industrie 4.0 und Digitalisierung sind. Das ist für die Datensicherheit in Deutschland relevant. Denn Coriant, einst Siemens, hat weltweit den Ruf, besonders vertrauenswürdig zu sein.

(Foto: Christian von Polentz)

Das ist wichtig, denn zu den Kunden gehören nicht nur Konzerne oder Energieunternehmen, sondern nach Angaben des RBB zum Beispiel die Bundeswehr und andere für die Sicherheit relevante Behörden. Mit vielen von ihnen arbeitet Coriant seit vielen Jahrzehnten zusammen. Schließt der Eigentümer den Fertigungsstandort, ist der Verlust an Wissen und Vertrauen deshalb immens. „Selbst US-amerikanische Telefonunternehmen haben bei uns gekauft, weil sie "Made in Germany“ mehr vertraut haben als anderen Anbietern“, sagt Thomas Bujotzek, Mitglied im Gesamtbetriebsrat von Infinera. Hardware und Software für Datenautobahnen werden immer wichtiger, umso sicherer und vertrauenswürdiger sollten die Quellen von Hardware und Software sein. Ob Infinera noch als vertrauenswürdig gilt, wenn das Unternehmen seine Hardware in Thailand produziert, müssen deutsche Behörden entscheiden. Wer nicht vertrauenswürdig ist, den lädt weder Bundesregierung noch NATO zu sensiblen Ausschreibungen ein. „Die Bundesregierung kann und muss sensibles Know-how in technologischen Zukunftsfeldern wie zum Beispiel bei Datenautobahnen besser schützen“, fordert Birgit Dietze, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Berlin. Darin weiß sie sich einig mit Politikerinnen und Politikern von CDU, SPD und Linke.

(Foto: Christian von Polentz)

Die Bundestagsabgeordneten Pascal Meister (Linke), Swen Schulz (SPD) und Kai Wegner (CDU) setzen sich parteiübergreifend für die Beschäftigten ein und sind im Bundeskanzleramt sowie in den Bundesministerien Arbeit, Wirtschaft und Verteidigung vorstellig geworden. Patente aufkaufen, die Beschäftigten rausschmeißen gehe gar nicht. Gleichzeitig müssten sensible Schlüsseltechnologien in Deutschland bleiben. Im Ausland haben deutsche Behörden keinen Zugriff. Die Beschäftigten haben sich vom ersten Schock erholt und organisieren sich. Viele Kolleginnen und Kollegen sind in die IG Metall eingetreten. „Gemeinsam mit der IG Metall werden wir richtig was auf die Beine stellen“, sagte Jörg Wichert, Betriebsratsvorsitzender bei Infinera in Berlin. Beschäftigte, Betriebsrat und IG Metall arbeiten auf ein Ziel hin: »Die Geschäftsführung von Infinera wirft den Beschäftigten Brosamen hin. Damit geben wir uns nicht zufrieden. Der Infinera-Standort und die Arbeitsplätze müssen in Berlin bleiben«, sagt Regina Katerndahl, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Berlin.

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