Für Beschäftigte Perspektiven einfordern

Bericht aus Bezirk Niedersachen und Sachsen-AnhaltIG Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger fordert die Arbeitgeber und die Politik auf, gemeinsam mit den Beschäftigten Strategien zur Gestaltung des Wandels zu entwickeln.

1. März 20191. 3. 2019


2018-06-20_Automobilkonferenz

Die digitale Arbeitswelt human und nachhaltig gestalten: Bezirksleiter Thorsten Gröger fordert ein Gesamtkonzept. (Foto: Heiko Stumpe)


Die Autohersteller müssen den Ausstoß von CO2 (Kohlendioxid) der Fahrzeuge deutlich senken. Die neuen Regeln fordern etwa eine CO2-Reduktion von 2021bis 2030 um 37,5 Prozent, mit einem Zwischenziel von 15 Prozent bis 2025. Ist das zu schaffen?

Thorsten Gröger: Dass die Energiewende notwendig ist, steht außer Frage. Es ist aber unzureichend, nur Reduzierungsvorgaben festzulegen, ohne dass ein schlüssiges Gesamtkonzept dahinter steht, das beschreibt, wie das sozial und gerecht umgesetzt werden soll. Die IG Metall will gut bezahlte Arbeitsplätze sichern. Deshalb fordern wir eine nachhaltige Mobilität. Wir wollen nicht, dass die Beschäftigten Leidtragende kurzfristiger Konzerninteressen und unrealistischer Vorgaben werden.


Der Verbrennungsmotor wird jetzt Stück für Stück durch alternative Antriebe ersetzt werden müssen.

Mit weiteren Abgaseinsparungen bei Verbrennungsmotoren allein sind die Klimaziele nicht zu schaffen ― auch weil der Einbruch beim Diesel eine große Lücke gerissen hat. Die CO2-Ziele erzwingen eine massive Elektrifizierung der Antriebe: Bis 2030 müssen bis zu 50 Prozent der Neufahrzeuge über einen elektrischen Antrieb verfügen. Die deutschen Autohersteller schätzen, dass in wenigen Jahren ein Viertel ihrer Flotte elektrifiziert sein wird. Doch 40 Prozent der Wertschöpfung eines E-Autos entfällt auf die Batterie. Es wäre fahrlässig, Batteriezellen von außen einzukaufen. Und parallel müssen andere Antriebstechnologien weiterentwickelt werden.


Auf Initiative der IG Metall hat das Fraunhofer-Institut in der Studie „ELAB2.0“ die Auswirkungen der E-Mobilität auf die Beschäftigung untersucht. Wie viele Arbeitsplätze sind betroffen?

Beteiligt waren an der Studie Autohersteller und große Zulieferbetriebe. Danach wird bis 2030 jeder zweite Arbeitsplatz in der Produktion von Antrieben direkt oder indirekt betroffen sein. Weil die Umbrüche so gravierend sein werden, fordert die IG Metall ein abgestimmtes Handeln der Unternehmen, der Bundesregierung und der EU-Gremien. Vor allem die Beschäftigten brauchen Perspektiven, damit sie nicht zum Spielball der Entwicklung werden. Dabei nehmen wir die Unternehmen in die Pflicht: Sie müssen die Weichen stellen für Standortkonzepte und Qualifizierung.


Bis heute ist ein schlüssiges Gesamtkonzept der Unternehmen und der Politik nicht erkennbar.

Wir erwarten von der Politik die Ausarbeitung eines Masterplans Mobilität für die Bereiche Forschung, Entwicklung, Industriepolitik und Infrastruktur. Und sie muss den Umbau mit Arbeitsmarktinstrumenten unterstützen, etwa mit notwendigen Qualifizierungen der Beschäftigten und einem Transformations-Kurzarbeitergeld. Vor allem die Regionen und die dortigen Betriebe mit hohem Anteil an Produktionsarbeitsplätzen brauchen strukturpolitische Konzepte. Wir fordern unter anderem die Errichtung einer Batteriezellenproduktion. Salzgitter bietet dafür hervorragende Rahmenbedingungen. Die E-Mobilität wird nicht funktionieren, wenn es kein schlüssiges Gesamtkonzept gibt.


Die IG Metall wird mit den Betrieben einen Transformationsatlas erstellen.

Angesichts der bevorstehenden Umbrüche ist es wichtig, einen möglichst konkreten Überblick über den Wandel und die Auswirkungen in möglichst vielen Betrieben zu bekommen. Das soll mit unserem Transformationsatlas ermöglicht werden. Die Betriebsräte und Vertrauensleute sollen zusammen mit der IG Metall die Situation vor Ort analysieren, um den Handlungsbedarf sichtbar zu machen: Wie muss sich die Geschäftspolitik ausrichten? Welche neuen Produkte sind gefragt? Welche Qualifikationen brauchen die betroffenen Beschäftigten? So wird eine von allen Beteiligtenabgestimmte Strategie entwickelt, die vor allem gute Arbeitsplätze sichern soll.


Ist das alles überhaupt zu schaffen?

Die Auslastung und die Gewinne sind hoch. Gerade die deutsche Industrie hat am ehesten die Chance, Vorbild für eine ökologisch und sozial nachhaltige Transformation weltweit zu werden. Die beschäftigungspolitischen Risiken liegen auf der Hand. Das ist nur zu schaffen, wenn alle mit anpacken. Es bedarf eines gemeinsamen Kraftaktes unter konkreten politischen Rahmenbedingungen. Beschäftigte, Betriebsräte und die IG Metall müssen von Anfang an in die Konzepte eingebunden werden. Die Akzeptanz für große Veränderungen erfordert Transparenz, Beteiligung auf Augenhöhe und Sicherheit für die Beschäftigten.

Die IG Metall hat dabei klare Ziele: Sie will die Beschäftigung und die Standorte erhalten, die Mitbestimmung ausbauen und für die Herausforderungen nutzen. Die digitale Arbeitswelt muss human und nachhaltig gestaltet werden. Wir wollen, dass die Beschäftigten beteiligt werden, dass sie Veränderungsprozesse mitplanen und in ihrem Sinne umsetzen können.

| Das könnte Dich auch interessieren
Kontakt zur IG Metall

Newsletter bestellen