Damit die Zukunft nicht verbrennt

Bericht aus Bezirk BayernWie ein IG Metall-Betriebsrat bei Bosch Bamberg für die Arbeit von morgen kämpft.

1. März 20191. 3. 2019


Mit jedem Kollegen-Abschied sieht Mario Gutmann ein Stückchen Katastrophe einziehen. Ein Drittel weniger statt der heute 7 500 Beschäftigten und ein Altersdurchschnitt von 55 drohen bei Bosch Bamberg in zehn Jahren ― und damit das Ende des Verbrennungsmotorenwerks. Viel steht insbesondere für spezialisierte Zulieferer auf dem Spiel mit dem, was manche so abstrakt Transformation nennen: für die Beschäftigten und für den Wohlstand der gesamten Region.

 

Mario_Gutmann_bearbeitet

Mario Gutmann


Nichts von allein

„Wir hängen zu 100 Prozent am Verbrenner“, erklärt der Betriebsratsvorsitzende Mario Gutmann. Weniger verkaufte Dieselfahrzeuge gepaart mit einem teils staatlich verordneten Elektroautoboom wie in China machen die Zukunft des Zulieferers Bosch extrem ungewiss. Mit 2 500 ausscheidenden Beschäftigten, keiner Neueinstellung oder Nachbesetzung will Bosch den Standort jetzt einfach kleinschrumpfen. Doch Gutmann hält das für keine großartige Idee: „Wir können uns nicht über die Demografie retten.“ Statt nur den geringeren Absätzen zuzusehen, will der Betriebsrat ein Zukunftskonzept.


Wertschöpfung entscheidet

Kühle Kopfrechnungen zeichnen dem Betriebsrat mit Blick auf die Beschäftigung Sorgenfalten auf die Stirn: Wenn zehn Beschäftigte für die Wertschöpfung an einem Diesel arbeiten, sind es beim Benziner nur vier und mit neuen Produktionsmethoden nicht einmal drei ― und beim Elektromotor nur einer. Und gleichzeitig beobachtet der Zulieferer-Betriebsrat, wie die Autohersteller nach Jahren des Outsourcings Teile wieder in ihr Unternehmen eingliedern.


Suche nach der Nische

Wo bleibt da in Zukunft noch Platz für Zulieferer wie Bosch? Das ist eines der Themen, dass jetzt das „Zukunftsforum Automobil“ auf Initiative der IG Metall Bayern klären soll (siehe Kasten). So kämpft Mario Gutmann auch als Aufsichtsrat und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses an mehreren Fronten um die Zukunft seiner Kolleginnen und Kollegen sowie der Region Bamberg: mit anderen Standorten im Bosch-Konzern, die ebenfalls mit insgesamt 90 000 Beschäftigten vom Verbrenner abhängen ― und für mehr Ehrlichkeit in der öffentlichen Debatte. „So wie jetzt bringt die Elektrifizierung nur den Autoherstellern etwas: Subventionen und dass sie ihren Flottenverbrauch schönrechnen können, weil das anfallende CO2 in der Batterie- und Stromproduktion dabei nicht zählt.“

 

Beschaeftigte_bosch

Eine Beschäftigte in der Vormontage von Bosch in Bamberg: Jeder vierte Arbeitsplatz im Konzern hängt am Verbrenner. Neue Produkte müssen jetzt das Thema sein. (Foto: Bosch)


Mehr Zeit und neue Produkte

Das Wertvollste für Gutmann und seine Kollegen: „Wir brauchen Zeit. Und wir brauchen alternative Produkte mit einer hohen Beschäftigungsquote.“ Klar ist für Gutmann, dass auch ein sauberer Verbrennungsmotor allein kein Geschäftsmodell für die Ewigkeit bleiben wird. In neuen, ressourcensparenden Batterie-Festkörperzellen ohne ressourcenintensive seltene Erden wie Kobalt und Lithium hört Gutmann Zukunftsmusik für seine Kolleginnen und Kollegen. Oder in Wasserstoff- Brennstoffzellen. Oder synthetischen, CO2-neutralen Brennstoffen. Doch das muss auch das Unternehmen wollen ― und die Politik muss den richtigen Rahmen setzen.

| Das könnte Dich auch interessieren
Kontakt zur IG Metall

Newsletter bestellen