Zurzeit läuft so gut wie nichts mehr

Bericht aus Geschäftsstellen Planbarkeit ist für den Betriebsrat in diesen turbulenten Corona-Zeiten ein Fremdwort.

1. Juni 20201. 6. 2020


Bei Mahle Filtersysteme in Wustermark läuft infolge der Corona-Krise so gut wie gar nichts mehr. Das Zulieferunternehmen ist von der Automobilindustrie abhängig – und die hat fast überall in Deutschland über Wochen stillgestanden. Fast alle der rund 150 Kolleginnen und Kollegen sind seit Anfang April in Kurzarbeit.

Für den langjährigen Betriebsratsvorsitzenden David Schmidt ist die aktuelle Corona-Krise eine turbulente Zeit, wie er sie bisher „noch nie“ erlebt hat. „Bei uns steht die Produktion seit Wochen still. Seit Anfang April sind nahezu alle Beschäftigten auf Kurzarbeit Null. Der Produktionsstopp fand bereits Mitte März statt, bevor eine Betriebsvereinbarung ausgehandelt war. In der Zeit dieser zweiwöchigen Betriebsschließung haben wir versucht, die Verdienstausfälle für die Kolleginnen und Kollegen über den T-ZUG A und Arbeitszeitkonten abzufangen“, berichtet David Schmidt.

Der Betriebsrat hat es in zähen Verhandlungen mit der Geschäftsleitung geschafft, in dieser Krise eine für die Beschäftigten halbwegs verträgliche Betriebsvereinbarung abzuschließen. Bei Kurzarbeit Null gibt es 350 Euro monatlich zusätzlich zum Kurzarbeitergeld von 60 beziehungsweise 67 Prozent (mit Kindern) des Nettoeinkommens.

Mahle hat neben den Werken in Baden-Württemberg acht weitere Standorte in Deutschland, in denen die Betriebsräte unterschiedlich erfahren und aufgestellt sind. Die Kolleginnen und Kollegen bei Mahle in Baden-Württemberg sind über ihren Tarifvertrag in dieser Situation besser abgesichert. Für die Standorte außerhalb Baden-Württembergs sollte der Gesamtbetriebsrat eine einheitliche Lösung für alle Beschäftigten finden. Eine Lösung zu finden, mit der alle leben können, war wirklich nicht einfach.

Der Betriebsratsvorsitzende berichtet: „Die Verhandlungen des geschäftsführenden Ausschusses des Gesamtbetriebsrats liefen über Videokonferenzen mit bisweilen rund 20 Teilnehmenden ab. Das war teilweise sehr anstrengend und nervig. Man hat keinen direkten Kontakt zu den Gesprächspartnern und -partnerinnen, kann ihnen nicht in die Augen schauen und ihre Reaktionen nicht richtig sehen. Und wenn die Technik stottert, versteht man manches noch nicht einmal richtig.“


Turbulenter Urlaub

Der Betriebsrat von Mahle Wustermark trifft sich noch immer physisch. Nicht alle Kollegen sind zuhause auf dem technischen Stand, um an Videokonferenzen teilnehmen zu können. Um den gebotenen Mindestabstand einhalten zu können, sind die Sitzungen in den großen Konferenzraum des Betriebs verlegt worden.

Seinen Urlaub in den Wochen vor und nach Ostern hatte David Schmidt sich anders vorgestellt: „Trotzdem war ich jeden Tag stundenlang am Telefon, um Fragen von besorgten und ratlosen Kolleginnen und Kollegen zu beantworten. Als Betriebsrat kann ich mein Telefon in einer solchen Situation ja nicht abschalten. Ich wurde häufig angerufen, weil die Personalstelle und die Vorgesetzten die Fragen der Kolleginnen und Kollegen oft nicht zu deren Zufriedenheit beantworten konnten. Richtiger Urlaub war das rückblickend für mich nicht.“

So dynamische Prozesse und eine so turbulente Zeit hat der Betriebsratsvorsitzende in seiner Amtszeit noch nie erlebt – und er macht diesen Job bereits seit 17 Jahren. Absprachen, die vormittags mit Kunden getroffen wurden, waren am Nachmittag schon wieder über den Haufen geworfen, wie im Fall BMW: „Morgens sprechen wir noch über anstehende Lieferungen – abends sehe ich in der Tagesschau, dass BMW seine Produktion noch am gleichen Tag eingestellt hat. Planbarkeit ist in diesen Zeiten ein Fremdwort.“

alt
David Schmidt, Betriebsratsvorsitzender
| Das könnte Dich auch interessieren
Kontakt zur IG Metall

Newsletter bestellen