„Das schafft niemand vollumfänglich“

Bericht aus Geschäftsstelle UlmDas Coronavirus beeinflusst die Arbeits- welt. Wie, das berichten eine Kollegin und drei Kollegen.


Durch die Corona-Pandemie wurde unser Leben auf den Kopf gestellt. Kitas und Schulen wurden geschlossen, das öffentliche und auch das private Leben sind stark eingeschränkt. Aber auch in den Betrieben müssen die Beschäftigten mit geänderten Rahmenbedingungen, Homeoffice und Kurzarbeit zurechtkommen.

Wir haben mit vier Beschäftigten über ihre Situation im Betrieb gesprochen: Welche Schwierigkeiten und Sorgen haben sie? Was läuft gut und wo gibt es Defizite?


Thomas Förster:

Bei uns im Betrieb haben wir die Schließung genutzt, um gute Maßnahmen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz umzusetzen und ich denke, dass diese recht gut sind. Leider haben wir auch bei uns Kurzarbeit, von der auch alle Beschäftigten betroffen sind. Aber durch den guten Tarifvertrag zur Aufzahlung sind die finanziellen Einschnitte überschaubar. Problematisch ist für mich und meine Partnerin die Kinderbetreuung. Wir sind beide werktätig und Homeoffice ist keine Option. Ich würde mir da von der Politik mehr Unterstützung erhoffen.

Thomas ist Vertrauensmann bei Magirus-Iveco in Ulm.


Manfred Fakler:

Plötzlich sind Dinge möglich, an die vorher nicht zu denken war. Mobile Arbeit ist nun für die Beschäftigten, deren Tätigkeit es zulässt, flächendeckend möglich und vorherige Konflikte sind wie vom Tisch gefegt. Natürlich haben wir als Betriebsrat auf unsere Mitbestimmungsrechte gepocht und die Einführung mit begleitet. Dennoch ist es kein Segen, von zu Hause arbeiten zu können. Die sozialen Kontakte im Betrieb fehlen schon sehr. Das merke ich an mir selbst. Die Annahme, dass man die Kinderbetreuung beim Arbeiten von zu Hause mal so eben nebenbei macht, ist ein Trugschluss. Das schafft niemand vollumfänglich.

Manfred ist stellvertretender Betriebsratsvorsitzender beim Liebherr-Werk Biberach.


Rudi Herzog:

Ich mache mir große Sorgen um die betriebliche Situation bei uns. Wo soll denn auf absehbare Zeit ein größerer Bedarf an Reisebussen herkommen? Da existieren bei mir auf jeden Fall viele Fragezeichen. Mir persönlich geht es grundlegend gut und durch die Aufzahlungsregelung nach Tarif habe ich auch keine großartigen finanziellen Sorgen. Allerdings hat mein Sohn, der in Biberach studiert, seine Nebentätigkeit verloren. Würde ich da nicht für Entlastung sorgen können, wüsste mein Sohn nicht, wie er die Miete für sein WG-Zimmer zahlen sollte. Bei mir geht das gerade noch, aber es gibt auch Familien, die finanziell nicht gut dastehen. Hier gibt es von der Politik dringenden Handlungsbedarf gegenüber den Studierenden.

Rudi ist Vertrauensmann bei Evobus in Neu-Ulm.


Karin Unruh:

Die Corona-Krise hat unseren Betrieb wie ein Blitz getroffen. Bei uns sind die Möbelhäuser mit die größten Auftraggeber und als diese schließen mussten, waren quasi von einem Tag auf den anderen keine neue Aufträge mehr da und somit auch keine Arbeit in vielen Bereichen, die nicht nur die Fertigung betreffen. Sehr schnell bedeutete dies für uns, dass Kurzarbeit eingeführt werden muss. Die finanziellen Einschnitte sind dabei schwerwiegend, da wir in unseren Tarifverträgen leider auch keine Regelung zur Aufzahlung haben. Ich bin zum Glück nicht Alleinverdienerin. Viele meiner Kolleginnen und Kollegen wissen gar nicht, wie sie das schaffen sollen. Wir haben einen Teil der Produktion auf die Fertigung von Masken aus Textil umstellen können. Das verschafft etwas Luft, aber lastet uns auch nicht komplett aus. Unsere Belegschaft ist sehr gut qualifiziert und somit vielseitig einsetzbar. Als Betriebsrat gelingt es uns dadurch, die Kurzarbeit gleichmäßig zu verteilen. Dazu herrscht auch in der Belegschaft viel Solidarität und Verständnis.

Karin ist stellvertretende Betriebsratsvorsitzende bei Gustav Gerster in Biberach.

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