„Abstand ist das Gebot der Stunde“

Bericht aus GeschäftsstellenIn Zeiten von Corona steht der Gesundheitsschutz verstärkt im Vordergrund der Betriebsratsarbeit.

1. Juni 20201. 6. 2020


Gleich zur Begrüßung wird am Tor Fieber gemessen. Dann bekommt jeder eine einfache weiße Maske. Um genügend Platz zu haben, arbeitet in den Schichten nur die halbe Belegschaft. „Abstand ist das Gebot der Stunde“, sagt Betriebsratsvorsitzender Jürgen Bittner.

Faurecia hat eine 18-seitige Präsentation mit weltweit einheitlichen Standards für den Gesundheitsschutz in der Corona-Krise herausgegeben. Doch für die 970 Beschäftigten in Stadthagen wird immer wieder neu geprüft, welche Maßnahmen sinnvoll sind oder nicht.

Das erfordert eine enorme Prozessplanung. Täglich von 9.30 bis 10 Uhr sitzen deshalb Betriebsräte, eine Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie die Personal- und Werkleitung zusammen, um die richtigen Schritte zu beraten.

Jeder trägt zudem eine Schutzbrille. Die Sozialräume und Umkleiden sind geschlossen. Die Beschäftigten kommen und gehen mit ihrer Arbeitskleidung. Früher standen sie Spind an Spind mit nur 60 Zentimetern Abstand nah beieinander.

Auch die Kantine ist geschlossen. Es gibt zwar mehr Pausenräume, aber auch dort muss jeder allein an einem Tisch sein Pausenbrot essen. „Das drückt schon auf die Stimmung“, meint Bittner. Viele gehen deshalb bei schönem Wetter vor die Tür, um mit Abstand gemeinsam die Pause zu verbringen. Um Kontakte zu vermeiden, sind deshalb die Pausen versetzt. „Alle machen das anstandslos mit“, sagt Bittner. „Doch manche Maßnahmen gehen auch zu weit.“

So hat der Betriebsrat Taschenkontrollen am Ausgang genauso verhindert wie ein Desinfektionsbad für die Schuhe am Eingang. Der Betriebsratsvorsitzende: „Die Firma muss ihren Beschäftigten schon vertrauen, dass sie Masken oder Desinfektionsmittel nicht mit nach Hause nehmen. Und niemand will sich die Schuhe im Desinfektionsbad ruinieren.“

Im Laufe des Tages bekommen alle Beschäftigten eine zweite Maske zum Wechseln. Und es wird ein zweites Mal Fieber gemessen. Das gilt auch im Büro und in den produktionsnahen Bereichen.

Von den betroffenen rund 600 Angestellten ist die Hälfte im Homeoffice. Für das Homeoffice hatte der Betriebsrat bereits vor Corona eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen. Wer im Homeoffice arbeitet, unterliegt den gleichen Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen wie in der Firma.

Die extreme Ausweitung stellt jetzt trotzdem eine große Herausforderung dar. „Wir haben sehr sensible Bereiche wie zum Beispiel den Datenaustausch mit unseren Kunden. Das geht nicht von zu Hause aus, weil wir dort nicht unsere hohen Sicherheitsstandards gewährleisten können. Hierfür ist eine Präsenz notwendig.“

Der Datenschutz hat in der Krise weiterhin einen hohen Stellenwert. Bittner: „Es wäre schlimm, wenn wir jetzt noch einen Virus in unser Datensystem bekommen würden. Dann stünden viele Arbeitsplätze auf dem Spiel.“ Deshalb werden bei Faurecia Teamkonferenzen in einem betriebseigenen System durchgeführt.

Trotz vieler Vorteile durch die Telefon- und Webkonferenzen bleibt doch das Bedürfnis der Menschen, nach der Pandemie wieder mehr direkt und nicht nur virtuell zusammenzuarbeiten. Doch bis auf weiteres bleiben die Kontaktbeschränkungen. Bittner: „Ich freue mich schon auf meinen ersten Cappuccino in der Kantine.“


Informationen zum Gesundheitsschutz

Die IG Metall bietet umfassendes Material zum Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz für ihre Mitglieder. Und auch in Corona-Zeiten werden Webinare angeboten. Wer mehr dazu erfahren möchte, kann einfach bei der IG Metall anrufen unter der Nummer 05021 9600-0. Weitere Informationen zu den Webinaren gibt es auch auf der Homepage des IG Metall-Bezirks: igmetall-nieder-sachsen-anhalt.de.

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Fotos: Jürgen Bittner, Jelca Kollatsch
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