„Ich muss präsent sein in den Betrieben“

Bericht aus Geschäftsstelle Sued-Niedersachsen-HarzNach gefragt bei André Sander, worauf gute Erschließungsarbeit basiert


André Sander betreut als Erschließungssekretär zehn Betriebe in der Geschäftsstelle Süd-Niedersachsen- Harz. Das Projekt ist in das bezirkliche Erschließungsprojekt eingebettet, das neun Jahre läuft. Die Sekretärinnen und Sekretäre sind fest verankert in den Geschäftsstellen und tauschen sich regelmäßig untereinander aus.


Was unterscheidet die Erschließungsarbeit von der Betriebsbetreuung?

André Sander: Als Erschließungssekretär lege ich den Fokus nur auf die Ziele, die ich mit meiner Ansprache erreichen möchte – Menschen für die Mitbestimmung zu begeistern. Vier Leitbilder prägen gute Erschließungsarbeit: Freude am Experimentieren, Aufspüren von Bedürfnissen, Aktivierung und Beteiligung. Und dafür braucht es Zeit, die ich als Betreuer nicht hätte, weil ich mich mit tausend anderen Dingen beschäftigen müsste.


Wie sieht das in der Praxis aus?

Ich muss in den Betrieben präsent sein und darf mir auch nicht zu schade sein, wochenlang einfach am Eingang zu stehen und Informationen anzubieten. Viele gehen zunächst fast verschämt vorbei. Doch mit der Zeit wird André Sander die IG Metall im Betrieb und dann kommen die Ersten und stellen Fragen. In anderen Betrieben geht es darum, die IG Metall in ihrer Vielschichtigkeit vorzustellen, indem man Informationen verteilt, Veranstaltungen durchführt oder Aktionen mit bereits aktiven Mitgliedern macht.


Wie geht es dann weiter?

Wir wollen alle Beschäftigten erreichen und mitnehmen, deshalb fragen wir alle, welche Themen sie bewegen und was sich verändern soll. Dann legen wir Schritte fest, wie wir die Themen angehen wollen.


Und wie läuft das ab, wenn es noch keine Strukturen gibt?

Gibt es noch keinen Betriebsrat, dann besprechen wir mit den Mitgliedern im Betrieb, wie sie sich solidarisieren können, um einen Betriebsrat zu wählen. Als nächstes folgt dann der Schritt, den Betrieb in die Tarifbindung zu holen.


Warum fordern Beschäftigte Tarifverträge ein?

In der Regel wollen die Beschäftigten transparente Entgeltstrukturen, weil sie sich ungerecht behandelt fühlen. Und Tarifverträge sichern gute und planbare Arbeitsbedingungen. Wir haben genau mit diesem Thema in einem Betrieb bei den letzten Betriebsratswahlen erreicht, dass es dort zum ersten Mal eine Personenwahl gegeben hat und keine Listen. Alle Betriebsräte sind seitdem in der IG Metall und verfolgen das gemeinsame Ziel, eine transparente Entgeltstruktur zu vereinbaren. In einem anderen Betrieb konnten wir sogar einen Ingenieur überzeugen, der nun im Betriebsrat ist und seit seiner Studienzeit keine Berührung mit Gewerkschaften hatte. Inzwischen sind dort sieben von neun Betriebsräten organisiert. Durch meine Präsenz sind die Mitgliederzahlen im Betrieb angestiegen, so dass der Arbeitgeber im Juni mit uns einen Termin gemacht hat, um über mögliche Verhandlungen für eine Tarifbindung zu sprechen.


 

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Betriebliche Befragung: Dialogorientiert arbeiten heißt, die Beschäftigten fragen, welche Themen sie bewegen und was sie ändern möchten.



Wie sehen das die Angestellten und Ingenieurinnen und Ingenieure?

Genauso wie allen anderen Beschäftigten. Wenn ich Menschen gewinnen möchte, die Mitbestimmung zu leben, dann muss ich sie aktivieren, sich in demokratischen Prozessen für gute Arbeits- und Lebensbedingungen einzusetzen. Sie müssen erleben, dass sie als Einzelkämpfer weniger erreichen als in der Gemeinschaft. Und ich muss ihnen zeigen, dass wir ein kompetenter Partner sind, der einiges zu bieten hat. Das kann ich durch Informationsveranstaltungen, Workshops, Aktionen und Qualifizierungsangebote erreichen.

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