Ist unsere Bildungsministerin ein Auszubildendenschreck?

Bericht aus Geschäftsstelle HannoverOffensichtlich ist die Arbeitswelt in Deutschland im Umbruch: Digitale Technologien haben bereits viel verändert und werden noch mehr ändern.

1. April 20191. 4. 2019


Zudem stehen ganze Branchen, wie etwa die Automobilindustrie, mitten in tiefgreifenden Veränderungsprozessen.

Transformation der Arbeit lautet das Stichwort. Das alles verändert auch die Qualifikationsanforderungen am Arbeitsmarkt. Die wichtigsten Personen im System der beruflichen Bildung, Auszubildende und Ausbildungspersonal, werden dabei nicht ausreichend vom Gesetzgeber unterstützt.

Die anstehende Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) unter der Federführung der Bundesbildungsministerin Anja Karliczek ist dabei das beste Beispiel. Im Januar 2020 soll laut Koalitionsvertrag das neue BBiG in Kraft treten. 1969 hat das BBiG einen gesetzlichen Rahmen für die berufliche Bildung in Deutschland und damit verbriefte Mitbestimmungsrechte für die Beschäftigten geschaffen.

 

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(Foto: IG Metall)

 

Seitdem hat sich die Arbeitswelt enorm verändert. Die Anzahl der dual Studierenden in den Betrieben steigt seit einigen Jahren rasant an. Im BBiG tauchen sie jedoch nicht auf und sollen es auch in Zukunft nicht. Die Chance, einen immer wichtigeren Ausbildungszweig gesetzlich zu regeln, wird von der Regierung verschlafen.

Noch schlimmer sehen die Pläne zur Einführung einer Mindestausbildungsvergütung aus. Diese Mindestvergütung soll sich am Schüler-BAföG orientieren. Ein völlig aus der Luft gegriffener Wert, der 504 Euro im ersten Ausbildungsjahr bedeuten würde.

Dieser Plan würde sogar geltende Rechtsprechung aushebeln, die eine Unterschreitung von 80 Prozent der branchenüblichen Ausbildungsvergütung verbietet.

Ideenlosigkeit herrscht in der Bundesregierung beim Thema Übernahme von Auszubildenden. Zu diesem Punkt gibt es bisher keine gesetzliche Regelung, und es soll nach den Plänen der Regierung auch in Zukunft keine geben. Dabei bietet die Übernahme die einzige Planungssicherheit bei jungen Beschäftigten.

Die größte Frechheit stellen jedoch die Pläne für ein „Entbürokratisierungs- und Modernisierungspaket“ dar. Knackpunkt hier liegt in der Stufenausbildung. Auszubildende haben nach diesem Modell die „freiwillige“ Möglichkeit, ihre Ausbildung nach zwei Jahren mit dem bis dorthin erlernten Wissen beenden zu können.

Dadurch werden Auszubildende erpressbar. Mit dem Argument einer möglichen Übernahme werden die Ausbildungsbetriebe nach der Zwischenprüfung Druck auf die Auszubildenden ausüben, ihre Ausbildung vorzeitig zu beenden.

Im Bereich der Lehr- und Lernmittelfreiheit gibt es keinen Vorschlag, wie dieser überarbeitet werden könnte. So wäre es auch in Zukunft nicht vorgesehen, Fachliteratur, die zum Bestehen der Prüfung notwendig ist, vom Arbeitgeber bezahlen zu lassen.

Deshalb appelliert die IG Metall Jugend: „Frau Karliczek, seien Sie doch kein Azubischreck! Übernehmen sie einfach unsere Forderungen:

  • dual Studierende in den Geltungsbereich des BBiG aufnehmen,
  • eine Mindestvergütung von 80% der branchenüblichen tariflichen Ausbildungsvergütung,
  • Übernahme der Auszubildenden,
  • die Ausbildungsdauer muss mindestens drei Jahre betragen,
  • echte Lehr- und Lernmittelfreiheit durch die Übernahme der Kosten von Fachliteratur und Fahrten zu allen Lernorten.

 

Die IG Metall Jugend wird nicht eher Ruhe geben, bis sie ihre Ziele erreicht hat: eine gute und zukunftsträchtige Grundlage für die Ausbildung junger Menschen.

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