Der ökologisch saubere Verbrennungsmotor wird noch gebraucht

Bericht aus Geschäftsstelle BambergMatthias Gebhardt, Erster Bevollmächtigter IG Metall, und Mario Gutmann, Betriebsratsvorsitzender Bosch Bamberg, nehmen Stellung.

1. April 20191. 4. 2019


Die „Diesel-Krise“ erleben die Menschen bei Bosch in Bamberg hautnah. Bereits im Verlauf des Jahres 2018 sanken die Abrufzahlen für die am Standort gefertigten Produkte für Verbrennungsmotoren immer weiter ab, inzwischen ist die Situation besorgniserregend, wie der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Bamberg, Matthias Gebhardt feststellt: „Der Rückgang bei den Diesel Verkaufszahlen, befeuert durch die Diskussionen um das Thema Fahrverbote in Deutschland und Europa, durch den staatlich verordneten Boom der Elektromobilität in China sowie durch Unsicherheiten im amerikanischen Markt durch die völlig unkalkulierbare Politik von US Präsident Trump ― das alles hat massive Auswirkungen auf das Thema Auslastung und Beschäftigung in Bamberg.“

Gutmann_Gebhardt

Matthias Gebhardt und Mario Gutmann

 

Dem pflichtet Betriebsratsvorsitzender und Aufsichtsratsmitglied Mario Gutmann bei: „Wir hängen zu 100 Prozent am Verbrenner. Die aktuellen Entwicklungen stellen uns vor eine extrem ungewisse Zukunft.“ Gutmann kritisiert insbesondere die Konzern- und Geschäftsführung von Bosch, die bislang kein tragfähiges Zukunftskonzept für den Standort Bamberg vorgelegt hat. „Es ist offensichtlich, dass man sich entschieden hat den Standort still und leise klein zu schrumpfen. In den nächsten Jahren werden 2500 Kolleginnen und Kollegen altersbedingt ausscheiden. Diese Stellen sollen nicht nachbesetzt werden. Es gibt auch so gut wie keine Neueinstellungen. Wenn diese Entwicklung so weiterläuft, werden wir in zehn Jahren gut ein Drittel weniger Beschäftigte und einen Altersdurchschnitt von 55 Jahren am Standort haben. Wo dies am Ende hinführt, kann sich jeder ausrechnen.“

 

Umgang mit Elektrifizierung

 

Gutmann und Gebhardt kritisieren beide, dass die Elektrifizierung der Antriebe derzeit von der Politik als alternativlos dargestellt wird. Gutmann, der als Vorsitzender des Gesamtwirtschaftsausschusses der Robert Bosch GmbH dazu Einblick hat, sagt: „Ich würde mir mehr Ehrlichkeit in der Debatte wünschen. So wie die Elektrifizierung gerade angegangen wird, bringt sie nur den Autoherstellern Subventionen und sie können damit ihre Flottenverbräuche schönrechnen, weil das bei der Produktion von Batterien und bei der Erzeugung des zum Fahren benötigten Stroms anfallende CO2 in der Rechnung nicht mitberücksichtigt wird.“

 

Offene Umsetzungsfragen

 

Weiterhin seien beim Thema Elektromobilität viele konkrete Umsetzungsfragen offen, so Matthias Gebhardt. So sind die Themen Ladeinfrastruktur, Belastung der Stromnetze durch Millionen ladender Elektrofahrzeuge ebenso ungeklärt wie die Frage, aus welcher Energiequelle der benötigte Strom kommen soll. Hinzu komme, dass für die aktuelle Batteriegeneration ressourcenintensive seltene Erden wie Kobalt aus Afrika und Lithium aus Chile gefördert werden müssen ― unter teils fragwürdigen sozialen und ökologischen Bedingungen. Auch die Entsorgung der irgendwann alten und funktionsuntüchtigen Batterien werfe Fragen auf, so Gutmann: „Darüber will heute noch keiner nachdenken, aber in wenigen Jahren werden wir auf einem Berg alter Batterien sitzen, hochgiftiger Sondermüll, dessen Entsorgung und ― vor allem ― wer dafür die Kosten trägt, bislang völlig unklar ist.“ Für Gutmann und Gebhardt ist klar, dass der moderne, ökologisch saubere Verbrennungsmotor noch für eine längere Übergangszeit gebraucht wird. „Wir bauen mit den modernen Euro 6d Dieselmotoren ein ökologisches Hightech-Produkt. Die aktuell hysterisch geführte Debatte über den Diesel führt dazu, dass wir uns in Deutschland von einer Spitzentechnologie verabschieden ― ohne eine gute Alternative zu haben. Das kostet Arbeitsplätze und ist obendrein schlecht für die Umwelt“, so Gutmann.

 

Zukunftsfähige Bereiche

 

Klar ist für Gebhardt, dass ein sauberer Verbrennungsmotor allein kein Geschäftsmodell für die Zukunft bleiben wird: „Wir brauchen Zeit, um uns auf die Herausforderungen nach dem Verbrenner ausreichend vorzubereiten. Und wir brauchen alternative Produkte mit einer hohen Beschäftigungsquote. Zukunftsfähige Bereiche gibt es genug, sei es im Bereich der nächsten Batteriegeneration, die ohne seltene Erden auskommt, im Bereich Wasserstoffantrieb oder bei synthetischen CO2-neutralen-Kraftstoffen. Dazu müssen sowohl die Betriebe als auch die Geschäftsführung von Bosch endlich klare Konzepte vorlegen. Und die Politik muss dafür den richtigen Rahmen setzen.“

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