Bildung per Tarif – ein Beispiel aus Baden Württemberg
Auszeit für die Karriere

Viele junge Berufstätige haben großes Interesse an Weiterbildung – dafür aber weder die Zeit noch das nötige Geld. Einen Ausweg bietet der Tarifvertrag zur Qualifizierung in Baden-Württemberg. Beim Elektronikkonzern Bosch wird das Instrument rege genutzt.

21. November 201421. 11. 2014


Für Armin Kaltenbach gab die Jobgarantie den Ausschlag. Der heute 27-Jährige hat bei Bosch Mechatroniker gelernt, nach der Lehre fing er im Dreischichtbetrieb in der Produktion an. Schon damals stand für ihn fest: „Das mache ich nicht bis zur Rente.“ Weil er sich auch für Betriebsratsarbeit interessiert und damals als Jugendvertreter aktiv war, bewarb sich der Mechatroniker 2012 für ein Studium an der Europäischen Akademie für Arbeit in Frankfurt. Für die elf Monate Studium hat er mit seinem Arbeitgeber eine Ausscheidungsvereinbarung samt Wiedereinstellungsgarantie geschlossen. Basis dafür war der Tarifvertrag zur Qualifizierung in der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie. Kaltenbach: „Ohne die Garantie auf einen Arbeitsplatz hätte ich das wohl nicht gemacht.“

 

Weiterbildung mit Jobgarantie

Der Tarifvertrag gilt seit 2001, in der damaligen Tarifrunde stellte die IG Metall die Weiterbildungspraxis in fast 400 Betrieben auf den Prüfstand. Ergebnis: In zwei von drei Firmen gab es keine systematische Qualifizierungs- oder Personalplanung. In der großen Beschäftigtenbefragung von 2013 klagte mehr als jeder Zweite über unzureichende Weiterbildungsmöglichkeiten. Seit damals schreibt der Tarifvertrag immerhin ein regelmäßiges Qualifizierungsgespräch vor. Andere Tarifbezirke haben inzwischen mit vergleichbaren Regelungen nachgezogen. Doch bislang gibt es nur in Baden-Württemberg einen Anspruch auf eine bis zu fünfjährige Auszeit zur persönlichen Weiterbildung samt Wiedereinstellungsgarantie.

Voraussetzung dafür sind fünf Jahre Betriebszugehörigkeit. Azubis können direkt nach der Ausbildung eine Qualifizierung machen, sofern sie übernommen werden. In Frage kommen etwa Weiterbildungen zum Meister, Techniker und technischen Betriebswirt oder ein Studium im Maschinenbau, in Elektrotechnik oder Sozialpolitik und Arbeitsrecht wie an der Akademie für Arbeit. Nach der Auszeit besteht Anspruch auf einen Arbeitsplatz, der mindestens dem Niveau der früheren Tätigkeit entspricht.

 

Zusätzlich gilt eine Betriebsvereinbarung

Kaltenbach arbeitet heute in der gleichen Produktionsabteilung wie früher, zudem ist er Betriebsrat. Seinem Qualifizierungs-Beispiel folgen viele junge Boschler, „der Tarifvertrag wird bei uns rege genutzt“, sagt der 27-Jährige. Neben der Möglichkeit, bis zu fünf Jahre am Stück auszusteigen, bietet das Regelwerk zwei verschiedene Teilzeitmodelle an. Letztere erleichtern häufig die Finanzierung der Qualifizierungszeit, Bosch gewährt über eine Betriebsvereinbarung zusätzlich finanzielle Unterstützung bei freiwilliger Weiterbildung.

Apropos Finanzierung: Kaltenbach hat in seiner Studienzeit von einem DGB-Stipendium profitiert. Manch anderen hält Geldmangel indes von einer Qualifizierung ab, weiß der Facharbeiter. Deshalb begrüßt er, dass sich die IG Metall für die Tarifrunde 2015 neben der Fortführung der Altersteilzeit eine geförderte Bildungsteilzeit vorgenommen hat: „Facharbeiter sind Mangelware. Das Bildungsthema anzupacken, ist richtig und notwendig.“

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