Warnstreik bei Schwing in Herne
„Wir wollen keine Anhängsel von Maschinen sein“

Mit rot-weißen Flatterband und der Aufschrift „miteinander für morgen“ haben Beschäftigte seit 4 Uhr die Tore beim Pumpenhersteller Schwing in Herne abgesperrt. Mit Fahnen, Schals und roten Westen stehen Metallerinnen und Metaller vor der Einfahrt.

2. Februar 20182. 2. 2018


Sie haben ein Transparent vor die Zufahrt gespannt: „Dieser Betrieb wird bestreikt.“

Aus zwei Boxen schallt Musik über die Einfahrt. Eva Kerkemeier, Geschäftsführerin der IG Metall in Herne, hat ein Mikro in der Hand und schaut nach einem erhöhten Platz. Sie findet keine Stelle, von der aus sie über die Menge schauen kann, und stellt sich schließlich vor das Transparent. Es dauert eine Weile, bis alle bemerkt haben, wo die Metallerin spricht.


Mehr Zeit für Pflege und Kindererziehung

Eva Kerkemeier schimpft über das Angebot der Arbeitgeber vom Wochenende und über ihre Rechenkünste. Applaus brandet auf, als sie davon spricht, wie respektlos die Arbeitgeber sich aufführen, wenn sie Pflege und Kindererziehung als Nichtstun abkanzeln. „Wir wollen keine Anhängsel von Maschinen sein. Wir wollen mit Respekt behandelt werden“, ruft sie den Streikenden zu. „Dazu gehören Arbeitszeiten, mit denen wir unser Leben gestalten können.“

Markus Battenfeld hört zu, nickt. Der 51-Jährige arbeitet im Einkauf. Seine Kinder sind 20 und 23 Jahre alt, fast aus dem Haus. Nun kümmert er sich um seine Mutter. „Sie wird langsam tüttelig“, sagt Markus Battenfeld. Seine Mutter ist versorgt. Markus Battenfeld drückt dennoch der Schuh: „Ich möchte jetzt möglichst viel Zeit mit ihr verbringen, mit ihr Spaß haben, solange es noch geht.“ Im Moment nimmt er sich dafür immer wieder ein paar Stunden frei, manchmal auch einen Tag Urlaub. Aber das heißt oft: Seine Arbeit bleibt liegen und er muss sie nacharbeiten.


„Denken von heute bis Mittag“

Wenn er seine Arbeitszeit nach seinen Wünschen gestalten könnte, würde er gerne etwas weniger arbeiten. „Ich wünsche mir mehr Zeit für meine Mutter, aber auch für mich“, sagt Battenfeld. „Einfach, um zwischendurch mal durchzuatmen und runterzukommen.“

Ein Auto versucht durch die Streikenden ins Werk zu fahren, bleibt stehen, hupt. Niemand reagiert. Zwei Metaller beugen sich zum Fahrer, wechseln ein paar Worte. Torben Zielony kann die Leute nicht verstehen, die trotz Streik arbeiten wollen. „Erst erzählen sie mir: Wofür streiken? Uns geht es doch gut“, sagt der Auszubildende. „Aber die Lohnerhöhung nehmen sie dann am Ende doch gerne. Das ist ein Denken von heute bis Mittag.“ Torben Zielony macht eine Ausbildung zum technischen Zeichner. Gemeinsam mit anderen Auszubildenden steht er um eine Feuertonne und wärmt seine Hände.


Dem Wetter trotzen

Der Morgen ist sonnig und kalt. Alle sind dick eingepackt. In zwei Tonnen brennen Holzfeuer und wärmen den kleinen Kreis, der sich um sie drängt. Kaffee, Gulaschsuppe und selbst die schwachen Strahlen der Januarsonne sind eine willkommene Wärmequelle. Nach ein paar Stunden hat sich die Kälte auch durch dicke Jacken und Schuhe gefressen. Aber für Markus, Torben und die anderen kein Problem: Metallerinnen streiken bei jedem Wetter.

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