Ambau Cuxhaven: Ali Can plant Betriebsratsgründung und wird g...
Die Kollegen entdecken, dass sie Kraft haben

Ali Can wollte in der Firma Ambau Cuxhaven GmbH einen Betriebsrat mitinitiieren und ist deshalb gekündigt worden. Obwohl er das Recht hat, einen Betriebsrat zu gründen und zu wählen. Im Interview schildert er, was genau passiert ist.

28. Juni 201028. 6. 2010


Du hast dich dafür eingesetzt, dass die Beschäftigten bei Ambau einen Betriebsrat gründen können und deshalb wurde dir von der Geschäftsleitung gekündigt. Was hast du empfunden, als du von der Kündigung erfahren hast?
Es war der Abend des 30. April 2010. Ich hätte um 21.50 Uhr Nachtschicht gehabt und sollte eigentlich bis 6.00 Uhr morgens arbeiten. Anschließend wollte ich die Aktionen für den 1. Mai mit vorbereiten.
Statt dessen wurde mir „unbegründet und fristgerecht“ schriftlich gekündigt und verbal ein Hausverbot ausgesprochen. Ich habe direkt nach der Begründung gefragt, die sie vergessen hatten. Der Werksleiter hat nur gesagt „Herr Can, Sie wissen warum.“ Sie wollten nicht weiter mit mir sprechen, wollten dass ich alle Sachen die der Firma gehören, abgebe. Ich habe es getan und bin mit tausenden von Fragen in meinen Gedanken nach Hause gefahren.

Viele Arbeitnehmer, die auch einen Betriebsrat gründen möchten, haben genau davor Angst: gekündigt zu werden, weil sie sich engagieren. Was rätst du den Kollegen in dieser Situation?
Leider mussten wir eineinhalb Monate mitten in Deutschland im 21. Jahrhundert für ein uns gesetzlich zustehendes Recht der Mitbestimmung sozusagen „verdeckt“ arbeiten. Also sehr vorsichtig und mit Bedacht. Ich habe gemerkt, dass man sich dafür wirklich Leute suchen sollte, denen man vertraut. Und mit denen muss man alles langsam und mit Geduld vorbereiten. Lieber einen Monat später an den Start gehen mit dem Betriebsrat, als eine Kündigung zu risikieren.
Außerdem sollte man unbedingt von Anfang an seine Gewerkschat miteinbeziehen, denn ohne deren rechtliche Beratung und Betreung hätten wir es nicht geschafft. Trotz allem kann es passieren – wie das bei mir der Fall war – dass eine Kündigung ausgeprochen wird. In diesem Fall nichts unterschreiben, Ruhe bewahren und unverzüglich an die Gewerkschaft wenden! Ich habe mich die letzten zwei Tage offenbart damit habe ich etwas riskiert, aber das war nötig. Zwar war die Kündigung ein herber Rückschlag, aber sicher ist: Am 4. August wird unser Betriebsrat gewählt. Und vier von den fünf Betriebsräten, die gewählt werden, könnten dann Metaller sein. Noch wichtiger ist aber, dass die Kollegen auf einmal ihre eigene Kraft endecken.



Bei Ambau gibt es nun bald einen Betriebsrat und du bist zum Vorsitzenden des Wahlvorstands gewählt worden. Wofür setzt ihr euch bei Ambau ein?
Am 3. Mai wurde der Wahlvorstand gewählt. Ich durfte nicht in den Betrieb rein und habe mich daher nur schrifftlich bewerben können. Trozdem wurde ich in den Wahlvorstand und sogar zum Vorsitzenden gewählt. Und das mit großer Mehrheit. Alle drei Vorstandsmitglieder sind Kollegen aus der Gewerkschaft und der erste Stellvertreter ebenfalls. Bis zum 30. Mai – meiner Kündigungfrist – habe ich mein Amt geführt. Ich habe die nötigen Schritte eingeleitet, einen Wahlkalender erstellt und musste danach mein Mandat ruhen lassen. Am 4. August 2010 findet nun die Betriebsratswahl statt.

Ende diesen Monats wird deine Kündigung beim Arbeitsgericht Stade verhandelt. Was erhoffst du dir von der Verhandlung?
Leider wurde der Gerichtstermin mehrfach verschoben. Jetzt ist der 13. August 2010 der erste Verhandlungstermin. Ich erwarte zunächst nicht so viel, weil Arbeitgeber spielt nur mit Tricks und Taktiken. Sie werden vermutlich nochmals versuchen, den Termin zu verschieben. Ich weiss auch, dass die Gerichte nicht unbedingt nur Gerechtigkeit verteilen. Die enscheiden unter den gegebenen Umständen und vorliegenden Beweisen und auf den gesetzlichen Grundlagen. Natürlich ist mir dier Ausgang wichtig. Aber wichtiger ist für mich jetzt die öffentliche und politische Auseinendersetzungen mit dem Arbeitgeber. Am 20. Juni 2010 habe ich nun noch „zweite“, fristlose und ausserordentliche Kündigungen erhalten. Mehr als arbeitslos kann ich zwar nicht werden, aber die Geschäftsführung versucht nun durch eine Kettenkündigung (falls ich zum Beispiel das erste Verfahren gewinne) zu verhindern, dass ich zur Firma zurückkehre.

Warum ist es deiner Ansicht nach wichtig für Arbeitnehmer, sich gewerkschaftlich zu engagieren?
Wenn wir alleine dastehen, bewirkt das nichst. Die Arbeitgeber sind stark organisiert und haben das Sagen. Aber wenn wir gemeinsam auftreten, dann sind wir stärker. Das haben wir aus unseren Erfahrungen gelernt. Die Gewerkschaft organisiert unseren gemeinsam Auftritt und vertritt unsere Interessen. Und wenn wir dann auch noch so ein tolles Team wie die Organizer haben, die politisch motiviert sind und mit vollem Elan an die Sache herangehen – dann passiert ein Wunder. In einem Betrieb wie AMBAU, in dem vor acht Monaten schon das Aussprechen des Wortes „Betriebsrat“ verboten war, wird nun am 4. August 2010 ein Betriebsrat gewählt. Und es kommt noch besser: Mittlerweile sind 20 Prozent der Festangestellten in der IG Metall, und jeden Tag schliessen sich und mehr Kollegen an.

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