Bilanz vom Boss: So läuft's mit Tarifvertrag

Bericht aus Bezirk BayernUnternehmer Dominik Biersack aus Beilngries erzählt, wie und warum er sich von einem Tarifvertrag überzeugen ließ.


Seit einem Jahr gilt bei Ihnen ein Haustarifvertrag ― nach sechs Jahren Verhandlungen. Hat sich’s gelohnt?

Dominik Biersack: Ja, weil jetzt Ruhe herrscht und wir zusammen etwas Zukunftsfähiges auf den Weg gebracht haben. Wir haben jetzt ein Gerüst, das künftig nur noch angepasst werden muss. Wir müssen nicht mehr alles mit jedem einzeln ausverhandeln. Gleichzeitig macht der Tarifvertrag erst noch Arbeit, wenn ich etwa an die Einführung von Gleitzeit, Langzeitkonten und die Absenkung der Arbeitszeit auf 38 Stunden denke.

Fotos: Timo Siersch

Mit der IG Metall war es hart, aber konstruktiv (Foto: Timo Siersch)


Was sind die wichtigsten Erfolge für Sie und die Beschäftigten?

Über Jahrzehnte hinweg wurde es ein bisschen unübersichtlich, wir hatten ein Sammelsurium vieler Einzelregelungen für die Beschäftigten: Wer bekommt wie viel Lohn und Zuschläge? Als Unternehmer hätte ich das weitermachen können. Aber aus der Belegschaft kam Druck dagegen, dem wir nachgegeben haben. Und es kostete viel Arbeit, die Einzelregelungen alle zu sortieren. Aber auch ich sehe da einen Vorteil des Tarifvertrags: Damit ist alles klar strukturiert, übersichtlich und einfach.


Wie sehen das andere Unternehmer?

Ich erlebe durchaus andere Geschäftsführer, die sich für unseren Tarifvertrag interessieren. Ein Tarifvertrag ist für alle eine klare Basis für die Zusammenarbeit und ein starkes Instrument beim Werben um neue Mitarbeiter: Wir heben uns mit unserem Haustarifvertrag ab ― auch wenn wir mit einem Flächen- oder Industrietarifvertrag nicht mithalten können.


Zum Beispiel?

Wir garantieren die Wiedereinstellung auf den gleichen Arbeitsplatz über die gesetzliche Elternzeit hinaus. Und wir sind flexibler in der Arbeitszeit. Das sind moderne Bausteine, die insbesondere für junge Menschen interessant sind. Die Gesellschaft entwickelt sich weiter. Das bedeutet: Entweder bewegen wir uns ― oder die Mitarbeiter bewegen sich weg.


Als Unternehmer könnten Sie aber auch einfach sagen: „Friss oder stirb!“

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist einfach wichtig, das weiß ich als Vater selbst. Und sie kommt allen zugute. Als Familienunternehmen denken wir stets langfristig und es wäre der falsche Weg, Fachkräfte nur wenigen zu überlassen. Wenn ich einen zufriedenen Mitarbeiter habe und binde, interessieren sich eines Tages vielleicht auch seine Kinder für uns.


Hand aufs Herz: Wie haben Sie die Verhandlungen mit der IG Metall erlebt? Als Spaziergang oder als Gipfelbesteigung?

Es war hart, aber konstruktiv. Wir sind ein Familienunternehmen ohne eigenes Produkt und als Zulieferer sehr abhängig. Da gab es Verständnis und uns wurde von der IG Metall nichts Utopisches abverlangt. Aber: Vieles jetzt ist natürlich ein Kompromiss.


Wo hat es besonders geknirscht?

Beim Geld und der ersten Eingruppierung der Beschäftigten. Woran orientieren wir die neuen Entgeltgruppen, wer wird wo eingruppiert? Das sorgte für gewaltige Unruhe. Aber mit einem externen Experten von der IG Metall konnten wir das in eine Systematik bringen und lösen.


Gegner von Tarifverträgen sehen diese allenfalls für große Buden wie Audi oder BMW gedacht und behaupten: Das mit der Gerechtigkeit lässt sich im Kleinen und im Gespräch regeln. Ihre Meinung?

Man mag das so sehen. Aber ein Tarifvertrag ist eine klare Entscheidungsgrundlage und sorgt damit für Gerechtigkeit. Und gleichzeitig lässt er noch genügend Spielraum, um jeden Mitarbeiter individuell zu sehen. Das machen wir bei uns mit einer individuellen Leistungsbeurteilung, der bestimmte Kriterien zugrunde liegen.


Familienunternehmer haben oft den Ruf von Patriarchen. Ein Tarifvertrag passt da ja nicht wirklich dazu?

Für mich war das Miteinander mit den Kollegen schon immer wichtig, und ich sehe uns als bodenständig. Wir kämpfen mit ihnen zusammen auf einer Wellenlänge. Nicht gegeneinander, sondern miteinander. Mit einem Tarifvertrag verteilen wir das Geld unserer Kunden gerecht. Und wir geben auch Verantwortung an die mittlere Führungsebene ab, auch wenn das für Unruhe gesorgt hat. Mit einem Patriarchat aber kommt man heute nicht weiter.

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