Datenjongleure für die Produktion

Die neuen IT-Ausbildungsberufe gehen ab August an den Start. Die Ausbildungsinhalte machen fit für die Transformation. Denn: Sachverständige der IG Metall aus den Betrieben haben die Inhalte mitgestaltet. Zwei von ihnen erzählen, wie die Bedürfnisse der Industrie nun besser bedient werden.

1. März 20201. 3. 2020
Jens Knüttel


Liegt der Fehler an einem Bauteil oder am Arbeitsprozess? Vor der Frage stehen Beschäftigte immer wieder. Leicht beantworten lässt sie sich meist nicht. Denn die digitalisierte Arbeitswelt ist hoch automatisiert, schnell, komplex, vernetzt: „In den Betrieben und Produkten werden immer mehr Daten erzeugt, doch die wenigsten können damit umgehen“, weiß Angela Kennecke, Betriebsrätin bei Airbus in Bremen und Sachverständige der IG Metall beim Neuordnungsverfahren der IT-Berufe. Fachinformatiker mit der neuen Fachrichtung „Daten- und Prozessanalyse“ sollen hier ansetzen; Kennecke hat die Inhalte dieses IT-Berufs mitgestaltet.

Diese Fachinformatiker entwerfen neue Konzepte, verknüpfen Daten und finden neue Lösungen – weit über die direkte Vernetzung in der Produktion hinaus. „Der Fachinformatiker mit dieser Fachrichtung ist ein Datenjongleur, der alles aufbereitet und auch Lösungen ausarbeitet“, sagt Kennecke. „Der Ausbildungsberuf ist auch eine gute politische Antwort auf den leichtfertigen Umgang mit Daten durch Amazon, Google, Facebook & Co.“

 

Angela Kennecke, Betriebsrätin bei Airbus in Bremen. (Foto: Michael Schinke)


Fit für die Transformation

Im Neuordnungsverfahren kommt ein weiteres Profil hinzu: der Fachinformatiker mit der Fachrichtung „Digitale Vernetzung“. „Das war dringend nötig“, betont Thomas Schütz, bei BMW in Landshut und Wackersdorf zuständig für IT und Steuerungstechnik. Er war ebenfalls als Sachverständiger der IG Metall am Neuordnungsverfahren beteiligt. Er bringt es auf den Punkt: „Wir brauchen Fachleute, die mit Daten umgehen können, sich um das Produktionssteuerungssystem kümmern und die Kommunikation zur Anlage – also die Informationen, welche Variante des Autos gebaut wird – überwachen.“ Die Fachinformatiker vernetzen und optimieren künftig Systeme und Anwendung auf IT-Ebene. Außerdem sichern sie Daten gegen unerlaubte Zugriffe und vermeiden oder beheben Systemausfälle.

Die beiden größten Ziele der IG Metall im Neuordnungsverfahren werden damit umgesetzt: Künftig vermittelt die Ausbildung Inhalte zu Datenschutz und sicherheit passgenau und situationsgerecht. Und der Fachinformatiker wird – für alle eindeutig und sichtbar – ein Beruf, der die Bedürfnisse der Industrie aufnimmt und bedient.

 

Thomas Schütz, IT-Experte bei BMW in Landshut. (Foto: Julia Kriegereit)


Arbeitgeber wollten Kosten sparen

Bis dahin war es jedoch ein konfliktreicher Weg: Die Arbeitgeber waren sich lange nicht einig, ob sie die Neuordnung überhaupt wollten. Sie wollten Kosten sparen. Doch der Durchbruch gelang auf Drängen der IG Metall. Ab August 2020 geht die erneuerte Version der IT-Berufe an den Start. Die IG Metall hat sich für die Stärkung der Soft Skills eingesetzt – also der sozialen und methodischen Kompetenzen. Denn diese sind für die veränderten Anforderungen der industriellen Produktion dringend erforderlich. „Die Kommunikation untereinander und gegenseitiges Verständnis werden immer wichtiger“, betont Airbus-Betriebsrätin Kennecke. „Mit diesem Ansatz haben wir gleichzeitig noch etwas für die Gesellschaft als Ganzes gewonnen: Menschliches Einfühlungsvermögen können uns Computer nun einmal nicht abnehmen.“


Gestreckte Abschlussprüfung

Auch Sparsamkeit, Effizienz und Ressourcenschonung spielen eine immer größere Rolle genauso wie passgenaue Lösungen für die Kunden. Darauf haben die Sachverständigen geachtet. Thomas Schütz betont: „Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten sind so technikoffen formuliert, dass auch künftige Neuerungen abgedeckt sind und die IT-Berufe in ihrer jetzigen Form somit lange Bestand haben können.“

Die neue Verordnung bringt auf den Punkt, welche Anforderungen IT-System-Elektronikerinnen und -Elektroniker erfüllen müssen. Ein neues Profil haben die Kaufleute für IT-Systemmanagement: Sie sind die Fachkräfte für die Vermarktung und das Anbieten von IT-Dienstleistungen. Darüber hinaus steuern und administrieren sie IT-Systeme und Umgebungen.

Aus der Neuordnung geht ein zweiter kaufmännischer Beruf hervor: Kaufmann oder -frau für Digitalisierungsmanagement. Das sind Profis im Umgang mit Daten und Prozessen aus einer ökonomisch-betriebswirtschaftlichen Perspektive.

Das Bewährte haben die Sachverständigen modifiziert: Künftig gibt es in den IT-Berufen eine gestreckte Abschlussprüfung. Die Projektprüfung bleibt erhalten.

 


Mehr Wissen

Sachverständige der IG Metall aus den Betrieben gestalten die Aus- und Weiterbildung von Berufen – gemeinsam mit anderen Fachleuten der Gewerkschaften und der Arbeitgeber. Sie diskutieren, wie die Arbeit von Beschäftigten aussieht und welche Inhalte Aus- und Weiterbildung mit Blick auf neue Anforderungen haben müssen.

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