Respekt für gute Arbeit: Tarif Jetzt!

Bericht aus Bezirk Baden-WürttembergMehr Geld, bessere Arbeitsbedingungen, mehr Freizeit: Diese Vorteile haben Beschäftigte in Betrieben mit Tarifbindung. Eine neue Kampagne soll für die Ungerechtigkeiten sensibilisieren – und Beschäftigte motivieren, sich für Tarifbindung einzusetzen.

1. März 20191. 3. 2019


Steffen Lange bringt so leicht nichts aus der Fassung. Seit über fünf Jahren kämpft der Betriebsrat beim Rastatter Autozulieferer HBPO für sich und seine 130 Kollegen am Standort um eine Tarifbindung – die meiste Zeit gegen massiven Widerstand seines Arbeitgebers. Auf Einschüchterungsversuche und Drohungen reagierte die Belegschaft mit Warnstreik und einer wachsenden Zahl an IG Metall-Eintritten. Letztlich mit Erfolg: Seit diesem Jahr verhandeln Geschäftsführung und Betriebsrat erstmals ernsthaft über eine Tarifbindung.
 

Zeit_bearbeitet

Keine Models, sondern „echte“ Metallerinnen und Metaller: Betriebsräte aus Baden-Württemberg setzen sich für die neue Kampagne ein. (Foto: Sven Cichowicz)


Lange: „Die Leute haben viel Herzblut für einen Tarifvertrag investiert ― das ziehen wir jetzt durch, bis die Geschäftsführung unterschreibt.“

Das Beispiel HBPO zeigt als eines unter vielen, dass sich der Einsatz für Tarifbindung lohnt. Tarifverträge garantieren den Beschäftigten eine angemessene Vergütung und schaffen gute und transparente Arbeitsbedingungen. Oder anders gesagt: Wer in einem Betrieb ohne Tarifbindung beschäftigt ist, verdient im Schnitt ein Viertel weniger, muss dafür pro Woche 2,6 Stunden länger arbeiten und hat sechs Tage weniger Urlaub im Jahr. Allein in Baden-Württemberg arbeiten rund 600 000 Beschäftigte in den Branchen der IG Metall in Betrieben ohne Tarifvertrag. Aber: Seit der Metall- und Elektrotarifrunde 2016 profitieren im Südwesten mehr als 33 300 Beschäftigte in 106 Betrieben erstmals oder wieder von einer Tarifbindung.


Mehr Pool, weniger Arbeit

Die IG Metall will diesen Erfolg ausbauen, zur Unterstützung hat sie die Kampagne „Tarif Jetzt! Respekt für gute Arbeit“ ins Leben gerufen. Die Idee: Beschäftigte sollen auf den ersten Blick erkennen, welche Vorteile eine Tarifbindung bringt. Und zwar auf möglichst witzige Art und Weise: Deshalb freuen sich Metallerinnen und Metaller auf Plakaten, Postkarten oder in den sozialen Medien zum Beispiel über „6107 Stunden mehr Dinner“ oder „270 Tage mehr Pool“. Dies Zahl ergibt sich
aus der zusätzlichen Freizeit, die ein Tarifbeschäftigter aufgrund seiner geringeren wöchentlichen Arbeitszeit und seines
höheren Urlaubsanspruchs nach 45 Arbeitsjahren gegenüber einem Beschäftigten ohne Tarifvertrag hat. In der gleichen
Zeit hat der Tarifbeschäftigte zudem über eine halbe Million Euro mehr verdient (bei 48 000 Euro Jahresgehalt).


Gerecht geht nur mit Tarif

„Tarifverträge sind die Voraussetzung für Sicherheit und Gerechtigkeit am Arbeitsplatz. Zudem festigen sie den sozialen Zusammenhalt und sorgen für eine gerechtere Gesellschaft“, betont Bezirksleiter Roman Zitzelsberger. Angesichts des Wandels der Arbeitswelt durch Digitalisierung und neue Technologien rund ums Auto würden Tarifverträge wichtiger denn je: „Damit noch mehr Menschen gute und sichere Arbeitsbedingungen bekommen und damit die Transformation der Arbeitswelt mit allen Beschäftigten gelingt.“

Mit den Motiven der Kampagne will die IG Metall neugierig machen, nachdenklich stimmen und Betroffene motivieren, sich im eigenen Betrieb für eine Tarifbindung einzusetzen. Einen ersten Eindruck, was das bedeutet, vermittelt die Kampagnenwebseite tarif-jetzt.de. Dort können sich Interessierte die Vorteile einer Tarifbindung ausrechnen lassen, sie erfahren, wie die Auseinandersetzungen bei Steffen Lange und weiteren Metallerinnen und Metallern in anderen Betrieben laufen und welche Schritte auf dem Weg zur Tarifbindung notwendig sind. Nicht zuletzt kann man über die Seite Fragen an die IG Metall zu stellen.

Für Steffen Lange lohnt sich das Engagement längst nicht mehr nur aus finanzieller Sicht: „Wir wollen mehr Geld, aber wir wollen auch eine andere Firmenkultur. Unser Arbeitgeber soll spüren, dass er nicht weiter so mit uns umgehen kann.“

| Das könnte Dich auch interessieren
Kontakt zur IG Metall

Newsletter bestellen