„Immenser Tausch von Arbeitsplätzen steht bevor“

„Qualifizierung und Tarifverträge sind der Schlüssel dazu, dass die in der Transformation neu entstehenden Arbeitsplätze auch gute Arbeitsplätze sind“, erklärt Björn Böhning, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium.

1. Juni 20211. 6. 2021
Interview: Christoph Böckmann


Herr Böhning, wie sehen die Jobs der Zukunft aus?

Björn Böhning: Neue Jobs entstehen da, wo Menschen besser sind als Maschinen. Menschliche Fähigkeiten wie Kreativität, Teamarbeit und Innovationskraft werden weiter gefragt sein. Zudem werden dort, wo Digitalisierung, Dekarbonisierung und Mobilität zusammentreffen, neue Jobs entstehen. Denn wir brauchen neue Produkte für eine klimaneutrale Gesellschaft. Im Gegenzug werden monotone Tätigkeiten wegfallen.


Von welcher Größenordnung sprechen wir?

Wir gehen davon aus, dass 5,3 Millionen Jobs bis 2040 wegfallen, dafür 3,6 Millionen neue entstehen. Die Differenz von 1,7 Millionen liegt an den Babyboomern, die in den kommenden Jahren in Rente gehen. Die Vorstellung, dass Transformation und Digitalisierung massenhaft Arbeitsplätze vernichtet, stimmt also nicht. Der immense Tausch von Arbeitsplätzen wird dennoch eine große Aufgabe.


Wie sieht diese Aufgabe genau aus?

Es besteht die Gefahr einer Polarisierung: Dass es sehr gut bezahlte Jobs für Hochqualifizierte geben wird, für Geringqualifizierte aber nur prekäre Jobs. Dem müssen wir entgegenwirken. Gewerkschaften können mit Tarifverträgen für gute Arbeitsbedingungen sorgen. Die Politik muss alle von der Transformation Betroffenen durch Qualifizierung unterstützen und ihnen durch Weiterbildung mehr Aufstiegschancen verschaffen.


„Qualifizierung ist der Schlüssel“, sagen Sie. Betriebsräte berichten uns jedoch, dass Qualifizierung in vielen Betrieben zu kurz kommt. Woran hakt es?

In Deutschland tun die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) noch immer zu wenig für Weiterbildung. Wir müssen die KMU ermahnen, hier aktiver zu werden. Im Bundesarbeitsministerium haben wir deshalb im letzten Jahr das Programm „Aufbau von Weiterbildungsverbünden“ auf den Weg gebracht. Wir helfen, Kooperationen zwischen Unternehmen und Bildungs- sowie Beratungseinrichtungen aufzubauen, den Weiterbildungsbedarf der Beschäftigten zu identifizieren, und wir beraten die KMU. Auch unsere gemeinsame Initiative mit der IG Metall, Kurzarbeit mit Weiterbildung zu verknüpfen, wird helfen, Qualifizierung in den Betrieben voranzubringen.   


Sie sprechen es an: Arbeitsministerium und IG Metall wollen beide, dass es trotz aller Veränderungen auch morgen gute Arbeit gibt. Wie kriegen wir das gemeinsam hin?

Wir brauchen eine nationale Kraftanstrengung, die deutlich macht, dass wir mehr Finanzierung und Aktivitäten für Weiterbildung benötigen. Tarifverträge und Qualifizierungstarifverträge der IG Metall helfen dabei. Im Arbeitsministerium arbeiten wir daran, die Bundesagentur für Arbeit zu einer Bundesagentur für Arbeit und Qualifizierung auszubauen. Und mit unserem Konzept für staatlich geförderte Bildungszeiten und Bildungsteilzeiten haben wir einen Vorschlag eingebracht, der die weiterbildungspolitischen Vorschläge dieser Legislaturperiode fortführt.


Björn Böhning (SPD) ist Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium

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