Wenn Betriebsräte angegriffen werden

Bericht aus Bezirk Baden-Württemberg Direkte und gezielte Angriffe auf Betriebsräte nehmen zu, so der Tenor der Mannheimer Konferenz „Betriebsräte im Visier“. Gegenwehr erfordert ein energisches gemeinsames Handeln.

1. Dezember 20181. 12. 2018


Beim Schreibgeräte-Hersteller Lamy in Heidelberg hängt der Haussegen seit Mitte des Jahres gehörig schief. Nach einem Wechsel in der Geschäftsführung folgte binnen weniger Wochen ein Schlag nach dem anderen gegen den Betriebsrat. Zuerst wurde dessen Wahl rechtswidrig beeinflusst, wie das Arbeitsgericht auf Klage der IG Metall Heidelberg im Nachhinein festgestellt hat. Dann erhielt der frühere Betriebsratsvorsitzende einen blauen Brief. Das gesetzeswidrig gewählte Betriebsratsgremium stimmte der außerordentlichen Kündigung zu. Nur wenige Tage später wurden die Tarifverträge aufgekündigt. Die (jahrzehntelange) Zusammenarbeit mit der IG Metall wurde beendet, laut Geschäftsleitung wegen „zunehmender Verwerfungen zwischen Mitarbeitern und Gewerkschaft“, was zu Austritten geführt habe. Die Heidelberger IG Metall, die die Mitgliederstatistik führt, sieht keine Austrittswelle und verwahrt sich gegen Diffamierungen. Dennoch: Das Vorgehen von Lamy spaltete in kurzer Zeit die Belegschaft und erzeugte ein Klima der Angst.

 

Karikatur "Wenn Betriebsräte angegriffen werden"

(Karikatur: Reinhard Alff)

 


Gezielte Eskalation

Angriffe auf Betriebsräte beginnen oft auf niedriger Stufe und steigern sich bis zur Eskalation, zeigen die Erfahrungen des Mannheimer „Solidaritätskomitees gegen BR-Mobbing“. Am Anfang stehen etwa Verweigerung von Informationen, die Beschäftigung des Betriebsrats mit banalen Dingen oder Pro-forma-Verhandlungen. Später beginnen Einschüchterungen und Diffamierungen, juristische Verfolgung, soziale Isolierung, letztlich die Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz engagierter Beschäftigter und der Arbeitsfähigkeit des Gremiums. „Ziel ist die Installation willfähriger Betriebsräte“, sagt Wolfgang Alles, Sprecher des Soli-Komitees. „Die Unternehmensleitungen bedienen sich einschlägiger Anwälte, Beratungsfirmen und Detekteien“, so der frühere Alstom-Betriebsrat.


Den Spieß umdrehen

„Wer solche Muster erkennt, muss schnell, energisch und gezielt Gegenwehr organisieren“, sagt Alles. Wichtig sei, zusammen mit der Gewerkschaft in der Belegschaft offen über die Arbeitgebermaßnahmen gegen Betriebsrat oder einzelne Beschäftigte zu informieren. Je mehr Gewerkschaftsmitglieder in der Belegschaft organisiert sind, umso schwerer kann der Arbeitgeber sich durchsetzen. Nächster Schritt ist, sich Bündnispartner und Netzwerke außerhalb des Betriebs zu suchen und in die Öffentlichkeit zu gehen. Drittens müssen alle rechtlichen Möglichkeiten genutzt werden, von der Mitbestimmung bis zum Strafverfahren, mit Unterstützung von Fachanwälten. „Der Schlüssel dabei ist, aktiv zu agieren und den Spieß umzudrehen“, sagt Alles. „Der Betriebsrat verfolgt seine eigene Agenda im Sinne der Beschäftigten.“ Keiner hindere ihn daran, erzwingbare Mitbestimmungsrechte durchzusetzen, auch per Einigungsstelle. Oder seinerseits die Geschäftsleitung zu beschäftigten und bei Rechtsverletzungen abzumahnen. Von den Gewerkschaften wünschen sich die Betroffenen schnelle und unbürokratische Unterstützung, so steht es in der Entschließung der Mannheimer Konferenz. Etwa in Form von Einsatzgruppen, die gemeinsam mit der Gewerkschaft vor Ort fachlich beraten und kurzfristig Widerstand organisieren. Außerdem Notlagen-Unterstützung für Betroffene, die durch Verfolgung, Kündigung und Krankheit in existenzielle Nöte kommen. Schließlich, so Alles, richteten sich solche Angriffe gegen die Basis der Gewerkschaften.

 

 

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