Interview
Frauen werden oft ausgebremst

Ich möchte mehr Frauen für die IG Metall gewinnen.

8. März 20128. 3. 2012


Am 8. März ist Internationaler Frauentag. Seit 1911. Interessiert der Tag junge Frauen noch?


Christiane Benner: Ich denke, ja. Gleichberechtigung ist immer noch ein Thema. Wir bemühen uns, den Tag so zu gestalten, dass er alle Frauen anspricht. Selbstbewusst, möglichst konkret und optimistisch. Wir sind auf einem guten Weg. Im vergangenen Jahr gab es viel mehr Veranstaltungen als in den Jahren davor.
 

 


Das Motto des Frauentags ist „Heute für morgen Zeichen setzen“. Welches willst Du setzen?


Ich möchte wieder mehr Frauen für die IG Metall gewinnen. Und ich will erreichen, dass Frauen stärker wahrnehmen, dass sich die IG Metall für sie engagiert. Je mehr Frauen in der IG Metall organisiert sind, desto mehr kommen wir auch mit unseren Forderungen voran. Darum haben wir das Frauen-Motto ergänzt durch „Heute für morgen Mitglieder werben“.
 

 


Und wo engagiert sich die IG Metall besonders für Frauen?


Wir haben drei Schwerpunkte: Vereinbarkeit von Arbeit und Leben, Entgeltgerechtigkeit und Chancengleichheit. Im Mittelpunkt steht die betriebliche Ebene. In den Firmen geht es vor allem darum, dass Frauen bessere Zugänge zu qualifizierten Arbeitsplätzen bekommen und gleich bezahlt werden. Auf politischer Ebene setzen wir uns für ein Entgelt-Gleichheitsgesetz ein. Und wir engagieren uns weiter gegen typische Niedriglohnfallen, zum Beispiel Minijobs. Von der „Prekarisierung“ von Arbeit sind ja vor allem Frauen – und immer mehr Frauen ― betroffen, mit den bekannten Folgen, wie zunehmende Altersarmut. Ein weiteres politisches Thema ist die Frauenquote.
 
 


Ist die Quote für normale Arbeitnehmerinnen wirklich ein Thema?


Indirekt auf jeden Fall. Es geht dabei ja nicht nur um die Karrierefrauen in Top-Positionen. Aber wenn wir oben in der Hierarchie keine Verbesserungen durchsetzen, werden die Unternehmen auch nicht anfangen, Frauen auf anderen Ebenen zu fördern. Und mehr Frauen in Spitzenpositionen motivieren wieder andere Frauen dazu, sich beruflich weiterzuentwickeln.
 
 


Vereinbarkeit, gleiche Entgelte, Chancengleichheit ― sind das die Themen, die auch junge Frauen am meisten bewegen?


Ja. Junge Frauen kommen in die Betriebe und gehen davon aus, dass Chancengleichheit selbstverständlich ist. Und dann erleben sie den Betriebsalltag. Sie stellen fest, dass sie seltener Karriere machen und schlechter eingruppiert werden als Männer. Und wenn sie aus der Elternzeit zurückkommen, werden sie oft ausgebremst. Wir wollen als Gewerkschaft zeigen, dass es auch besser geht. Ein verbindlicher Anspruch auf den selben oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz nach der Rückkehr aus der Elternzeit ― solche Regelungen sollten selbstverständlich werden. Außerdemsetzt sich die IG Metall für mehr Kinderbetreuungsplätze und flexible Arbeitszeitmodelle ein, damit junge Eltern Arbeit und Privatleben besser unter einen Hut bringen können.
 
 


Ein uraltes Thema, das aber immer noch aktuell ist: Frauen werden schlechter bezahlt als Männer. Der Unterschied liegt seit Jahren bei 23 Prozent. Warum ist das so?


Die Unterschiede liegen zum Teil daran, dass Frauen in anderen Berufen und Branchen arbeiten als Männer, in typischen traditionellen Frauenberufen, wie sozialen, Pflege- und anderen Dienstleistungsberufen. Und dort wird generell weniger gezahlt. Aber auch in den Metallfirmen gibt es Differenzen. Nach einer aktuellen Untersuchung verdienen Absolventinnen technischer und wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge schon beim Start in den Beruf zehn Prozent weniger Geld als ihre männlichen Kollegen. Unsere Tarifverträge schließen eine Diskriminierung zwar grundsätzlich aus, doch die Unternehmen machen trotzdem weiterhin Unterschiede.
 
 


Und wie ist das zu erklären?


Die Gründe dafür sind vielfältig: Eine ungerechte Eingruppierung, eine unfaire Verteilung der Leistungszulage oder dass Frauen, die wegen der Kindererziehung Teilzeit arbeiten, keine Entwicklungsmöglichkeit mehr bekommen. Außerdem sind Entgeltfragen im Betriebsrat immer noch eine Männerdomäne. Deshalb müssen wir mehr Frauen dafür qualifizieren. Und wir müssen Beschäftigte rund um Einkommensfragen besser informieren. Dann können sie auch selbstbewusst und fundiert mehr fordern.
 
 


Für mehr Entgeltgleichheit könnte die IG Metall doch in den Betrieben was tun?


Machen wir auch. Wir nehmen uns Betrieb für Betrieb vor und machen Entgeltchecks, um Genaueres zu erfahren und das Problem konkret angehen zu können. In einigen Betrieben kamen dabei Unterschiede von acht bis neun Prozent heraus.Als nächstes analysieren wir, wie das konkret zustande kommt und danach müssen wir versuchen, die Entgeltlücke zu schließen.
 
 


Du bist jetzt fast 100 Tage im Amt. Haben es Frauen im Vorstand der IG Metall schwerer als Männer?


Ich finde nicht. Ich fühle mich sehr wohl als Frau an der IG Metall-Spitze.
Neu auf igmetall.de

Newsletter bestellen